Pläne von Karl Lauterbach: Einigung bei Krankenhausreform

Nach zähem Ringen haben fast alle Bundesländer den Eckpunkten für die Klinikreform zugestimmt. Offen bleibt, wer die nötigen Investitionen finanziert.

Karl Lauterbach steht zwischen GesundheitsministerInnen der Länder und schaut auf Karl-Josef Laumann aus NRW

Für Karl Lauterbach eine „Revolution“: die Krankenhausreform Foto: Jörg Carstensen/dpa

BERLIN taz | Sie haben sich tatsächlich geeinigt: Am Montagnachmittag präsentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Einvernehmen mit fast allen Bundesländern und den Regierungsfraktionen die Eckpunkte zur Krankenhausreform. Dem vorausgegangen war ein zähes und monatelanges Ringen zwischen Bund und Ländern um Inhalte und Kompetenzen.

Im Dezember hatte eine vom Bundesgesundheitsministerium beauftragte Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on einen Entwurf für eine Krankenhausreform vorgelegt. Dass diese dringend notwendig ist, darüber sind sich alle Beteiligten in Politik und Medizin einig. Schon jetzt müssen immer wieder Abteilungen oder ganze Kliniken schließen – auch weil Fachkräfte fehlen. Mindestens ein Fünftel der Krankenhäuser gilt als insolvenzgefährdet. Ex­per­t*in­nen warnen vor einem „kalten Kliniksterben“.

Außerdem gibt Deutschland zwar besonders viel Geld für besonders viele Krankenhausbehandlungen aus, die Qualität ist im europäischen Vergleich aber nur Mittelmaß. Karl Lauterbach versprach eine Revolution – vor allem in Sachen Qualität. Nun haben sich Länder und Bund auf folgende Inhalte geeinigt:

Die Finanzierung soll künftig an Qualitätskriterien geknüpft werden. Dafür werden einheitliche Leistungsgruppen mit Mindestvoraussetzungen – wie Anzahl der jährlichen Behandlungen, technische und personelle Ausstattung – definiert. Das soll dafür sorgen, dass komplexe Behandlungen – etwa bei Krebs, Schlaganfällen oder künstlichem Gelenkersatz – anders als bisher nur in entsprechend ausgestatteten und erfahrenen Krankenhäusern erbracht werden.

Dies wird auch zur Zusammenlegung oder Schließung von Abteilungen oder ganzen Krankenhäusern führen, wie vor allem die Deutsche Krankenhausgesellschaft und einzelne Bundesländer zuvor kritisierten. Die Länder hatten Ausnahmeregelungen gefordert – diese sollen laut Lauterbach allerdings nur befristet gelten. Außerdem soll es möglich sein, dass nahegelegene Kliniken im Verbund die für eine Leistungsgruppe erforderlichen Kriterien erfüllen.

Wer die Leistungsgruppen und Qualitätskriterien genau definiert, scheint noch nicht ganz abgemacht. „Sie sollten auf der Bundesebene vorgegeben werden – ohne faule Kompromisse auf Kosten von Qualität und Patientensicherheit“, forderte etwa die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, angesichts des Eckpunktepapiers.

Vorhaltepauschalen fürs Überleben

Damit trotz der angestrebten Zentralisierung und Spezialisierung auch die für die Versorgung auf dem Land notwendigen Grundversorger überleben können, sollen laut Eckpunktepapier Vorhaltepauschalen eingeführt werden. Bisher werden Kliniken nur für behandelte Fälle bezahlt, künftig sollen durchschnittlich 60 Prozent der Kosten über die Vorhaltepauschalen abgedeckt werden. Das entlaste vom wirtschaftlichen Druck und sei gerade für Kliniken in Ostdeutschland relevant, um deren Existenz trotz geringerer Fallzahlen zu sichern, so Lauterbach.

Im Rahmen der Krankenhausreform soll außerdem ein neuer Typ Krankenhaus entstehen: die sektorenübergreifenden Versorger. Sie sollen sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen wohnortnah anbieten und weitgehend leistungsunabhängig über Tagessätze vergütet werden.

Die ebenfalls im Reformvorschlag enthaltene Einteilung der Krankenhäuser in Versorgungsstufen, sogenannte Level, wird zwar nicht gesetzlich verankert – die Länder hatten hier deutlich interveniert. Die Level sollen aber dennoch veröffentlicht werden und damit Pa­ti­en­t*in­nen und Angehörigen eine Orientierung in Sachen Qualität geben. „Das macht der Bund alleine“, erklärte Lauterbach am Montag. Schon zum 1. Januar 2024 soll ein „Transparenzgesetz“ in Kraft treten und damit die entsprechenden Informationen allgemein verfügbar gemacht werden.

Dem nun präsentierten Eckpunktepapier hatten 14 der 16 Bundesländer zugestimmt. Bayern hatte dagegen gestimmt, Schleswig-Holstein sich enthalten. Die Regierungsfraktionen waren sich in Sachen Krankenhausreform – anders als bei anderen Regierungsvorhaben – offenbar sehr einig. „Mit der heutigen Einigung von Bund und Ländern ist ein wichtiger Meilenstein der Krankenhausreform geschafft“, kommentierte etwa der Berichterstatter der grünen Regierungsfraktion für Krankenhauspolitik, Armin Grau, das Eckpunktepapier. Weil die Krankenhausreform so dringlich sei, müsse die genaue gesetzliche Gestaltung in der parlamentarischen Sommerpause ausgearbeitet werden.

Dafür will Lauterbach eine Arbeitsgruppe unter Länderbeteiligung einsetzen. Im Herbst soll dann der Gesetzentwurf Bundestag und Bundesrat passieren. In Kraft treten soll die Reform zum 1. Januar 2024. Weil dann auch noch Ländergesetze geändert werden müssen, ist mit einer Wirksamkeit des neuen Finanzierungssystems frühestens 2025 zu rechnen.

Bis dahin dürften noch einige Kliniken in die Insolvenz gehen müssen, so der Bundesgesundheitsminister. Einer Finanzspritze für aktuell strauchelnde Kliniken hatte er immer wieder eine Absage erteilt.

In welcher Höhe der Bund Mittel für die im Sinne der Reform nötige Transformation der Kliniklandschaft zur Verfügung stellt, könne man „nicht zusagen, nur prüfen“, so Lauterbach. Es sollen aber die Kliniken belohnt werden, die frühzeitig den Weg der Transformation mitgehen. Die Bundesländer hatten ihre Investitionsverpflichtungen in der Vergangenheit regelmäßig nicht vollumfänglich erfüllt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.