piwik no script img

Pläne der Regierung für die QuoteHer mit den Chefinnen!

Mit einem Dreisäulenmodell will Familienministerin Schwesig eine Quote für Führungspositionen einführen. Das stößt auf Kritik – nicht nur in der Wirtschaft.

Weit oben ist's immer noch männlich dominiert. Bild: imago/Stefan Zeitz

BERLIN taz | Manuela Schwesig macht Ernst: Die Frauenquote soll kommen. Am Dienstag stellte die Frauen- und Familienministerin gemeinsam mit Justizminister Heiko Maas (beide SPD) die etwas sperrig klingenden „Leitlinien für ein Gesetzgebungsverfahren für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ vor.

Dahinter verbirgt sich ein Dreisäulenmodell. Die erste Säule: Ab 2016 sollen in den rund hundert größten börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen mit über 2.000 Beschäftigten mindestens 30 Prozent der Aufsichtsräte Frauen sein. Das sind Unternehmen wie der Autobauer Daimler, bei dem momentan von 20 Aufsichtsräten immerhin 5 weiblich sind. Oder der Energiekonzern E.on, wo es unter den 12 Aufsichtsräten nur 2 Frauen gibt. Dem Verein Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar) zufolge sind im Durchschnitt 17 Prozent aller Aufsichtsratsposten in solchen Unternehmen weiblich.

Schon ab 2015 soll die Quote für kleinere Betriebe – die zweite Säule – kommen: Etwa 3.500 Firmen mit 500 bis 2.000 Beschäftigten sollen selbst bestimmen können, wie groß ihr Frauenanteil in Aufsichtsräten, Vorständen und der obersten Managementebene sein soll. Er darf aber nicht hinter den bestehenden Anteil zurückfallen. Diese „Zielvorgaben“ sollen die Unternehmen veröffentlichen.

Außerdem soll es, als dritte Säule, Regelungen für Unternehmen geben, an denen der Bund zur Hälfte beteiligt ist. Das ist neu und betrifft etwa die Telekom und die Deutsche Bahn.

Werden die Vorgaben nicht eingehalten, müssen die Unternehmen mit Sanktionen rechnen. So soll beispielsweise jener Platz leer bleiben, der mit einer Frau besetzt werden müsste, aber nicht besetzt worden ist. Leere Plätze führen zu Machtverschiebungen – in der Regel zugunsten der ArbeitnehmerInnenseite. Hier ist der Frauenanteil meist höher als bei der Anteilseignerseite. Bei den DAX-Unternehmen liegt er laut Fidar bei 9,1 Prozent, die Anteilseigner kommen auf 8,1 Prozent. „Ich wage die Prognose, dass kein Stuhl leer bleiben wird“, sagte Maas. Niemand werde eine Machtverschiebung zulassen. Ebenso wenig werde sich „niemand die Blöße geben“, keine passende Frau gefunden zu haben. Schwesig rechnete vor, dass es „an qualifizierten Frauen sicher nicht mangeln wird“: Um die Quote bei jenen Unternehmen zu erfüllen, bei denen der Bund beteiligt ist, brauche es lediglich 174 Frauen.

„Es geht nur noch um das Wie“

Mit ihrem Papier reagieren die beiden SPD-Minister einerseits auf den Koalitionsvertrag, der von einer 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte in großen Firmen sowie von „Maßnahmen für die Privatwirtschaft“ spricht. Andererseits greifen sie Teile der „Flexiquote“ auf, die eine Idee von Schwesigs Vorgängerin Kristina Schröder war.

„Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie“, sagte Manuela Schwesig. Das Papier sei mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und deren Vize Sigmar Gabriel (SPD) abgestimmt. Noch vor einer Woche hatte Gabriel, der auch Wirtschaftsminister ist, Schwesig und Maas in Sachen Quote mit den Worten zurückgepfiffen „Das geht so nicht.“

Möglicherweise ist das der Grund dafür, dass Schwesig und Maas nur „Leitlinien“ und keinen Gesetzentwurf vorgelegt haben. „Das ist ein Gesprächsangebot an die Wirtschaft, die Gewerkschaften und an die Verbände“, entgegnete indes Schwesig.

Lieber mit Ursachen beschäftigen

Bei der Wirtschaft stößt das Vorhaben dennoch auf Widerstand. Kurt Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, lehnt die Quote mit dem Argument ab, Geschlecht könne „kein Ersatz für Qualifikation sein, das gilt für Männer und Frauen“. Für Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), greift die Politik in die „Personalentscheidungen der Aktionäre großer Unternehmen ein“.

Sinnvoller sei, sich mit „den Ursachen zu beschäftigen, warum es weniger Frauen als Männer in Spitzenpositionen“ gibt. „Ausreichende Kinderbetreuung, beispielsweise in Form von Ganztagsschulen, ist Grundvoraussetzung dafür, dass mehr Frauen Führungsjobs übernehmen können. Hier sollte der Staat ansetzen.“

Doch auch die Gewerkschaften sehen den Entwurf teilweise skeptisch. „Eine feste Quote ist immer dann problematisch, wenn der Frauenanteil in der jeweiligen Belegschaft deutlich niedriger ist“, sagt Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dass der Weg von den Leitlinien hin zu einer gesetzlichen Regelung noch lang ist, weiß Schwesig: „Die Leitlinien sind der Beginn einer längeren Diskussion.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Hier mal ein zugegeben sperriger Link zu einem ältlichen Artikel über eine women-only Firma in GB. Sehr erhellend, da platzt der Lack ganz schön heftig:

     

    http://www.dailymail.co.uk/femail/article-1168182/Catfights-handbags-tears-toilets-When-producer-launched-women-TV-company-thought-shed-kissed-goodbye-conflict-.html

     

    So kann sie wohl auch aussehen, die hochgelobte "emotionale und soziale Kompetenz" unserer karriereorientierten Powergirls... Viel Glück, deutsche Wirtschaft.

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    Na, da bin ich aber mal gespannt, wo die Damen herkommen (vgl. Bascha Mika).

  • Alle Befürworter der Frauenquote reden von leicht unterschiedlichen Prozentsätzen und minimal divergierenden Modalitäten und Anwendungsbereichen, aber es gibt doch den Quoteneinheitsbrei, der im Prinzip die 50 plus X-Quote für die Frau als schlussendliches Ziel im Auge hat und zwar überall dort, wo Menschen über Menschen etwas zu sagen haben.[..]

     

    Es ist eben nicht so, dass der Quotenmakel der wesentliche Nachteil für Frauen ist. Es ist eben nicht so, dass die Frauenquote nur die Frauen stört, die via ihrer Leistung Karriere machen wollen und deshalb keine Quote wollen.

     

    Die entscheidende Frage ist eher: Welche Frau wird vom Quotensystem gefördert? Und von wem? Die Quotenregel hat einen im öffentlichen Diskurs bisher wenig belichteten spezifischen, aber gravierenden Nachteil für Frauen. Denn in Zukunft wird nicht mehr die Leistung einer Frau über ihre Karriere entscheiden, sondern ein Quotensystem. Das entscheidet darüber, ob eine Frau in das System passt und sich systemkonform verhält. Andere Quotenfrauen wachen darüber, ob eine Frau sich genügend frauensolidarisch sprich quotenfrauensolidarisch verhält, ob eine Frau sich im Kampf gegen männliche Kollegen gebührend engagiert (oder sich gar im ärgsten Fall für einen Kollegen einsetzt), kurz ob sich eine frau im Beruf und dann auch im Privatleben gegenüber ihrem eigenen Mann und selbst gegenüber ihren Kindern hinreichend feministisch, egoistisch und karrierebezogen verhält.

     

    http://www.wiwo.de/politik/deutschland/bettina-roehl-direkt-die-quote-spaltet-die-frauen/9596960.html

  • A
    ama.dablam

    Abgesehen von der verfassungsrechtlichen Geisterfahrt, sich optisch wirksam ein paar DAX-Unternehmen rauszupicken (da werden dann in den Grenzen der "lex Abs" eh immer wieder die gleichen Figuren auftauchen) wird hier die Öffentlichkeit für dumm verkauft.

     

    Klein Fritzchen, Klein Heiko und Klein Manuela sind also der Ansicht, ein Aufsichtsrat sei so etwas wie ein "Industriekapitän", quatsch! Der Aufsichtsrat tagt regelmäßig zwei- oder viermal pro Jahr, die entscheidende, operative Arbeit macht der Vorstand. Da wird dann in der Regel ganz gut verdient, aber da muss auch geackert werden und wenn man Pech hat ist man ganz schnell weg, ohne Kündigungsschutz, die Anstellungsverträge sind von Gesetzes wegen auf maximal fünf Jahre befristet.

     

    Und die meisten Unternehmen, auch und gerade die zwischen 500 und 2000 Arbeitnehmern, sind überhaupt nicht in der Rechtsform der AG verfasst, sondern vielfach Personengesellschaften, die überhaupt keinen Aufsichtsrat haben, ebensowenig wie GmbHs, und da kann ich die mitbestimmungsgetriebene Verpflichtung zur Schaffung eines solchen mit etwas Kreativität umgehen.

     

    Die Anteilseigner werden jedenfalls nur solche Frauen in den Aufsichtsrat wählen, die sich operativ bereits bewährt haben und Ahnung haben, Ergebnis siehe oben. Also reiner Populismus!

     

    Mir ist schleierhaft, wieso die Frauen nicht von selbst darauf kommen, dass es sich im Grunde um einen würdelosen Offenbarungseid handelt: "Papa, bitte hilf mir, ich kann es alleine nicht!!"

  • "Frauenquote" ist ein verlogener Begriff. Es ist eine Bossinenquote.