Piketty plant „europäische Versammlung“: Der Versuch, Europa zu retten
Der Ökonom Thomas Piketty will eine neue europäische Versammlung gründen. Diese soll Steuern erheben können und den sozialen Ausgleich fördern.
Thomas Piketty will einen Prozess für die politische Neubegründung Europas anstoßen. Dafür hat der französische Ökonom mit Mitstreitern ein „Manifest für die Demokratisierung Europas“ verfasst, das am Montag unter anderem in der Zeitung Die Welt, der französischen Le Monde und dem britischen Guardian veröffentlicht wird.
Piketty hofft darauf, dass ihn viele Bürger*innen mit Unterschriften unterstützen und die Regierungen seine Vorschläge umsetzen. Ein zentraler Punkt ist die Einberufung einer „europäischen Versammlung“, die dem Vorschlag zufolge vor allem aus Abgeordneten nationaler Parlamente, zu einem kleineren Teil des Europäischen Parlaments bestehen soll. Diese Versammlung würde das Recht haben, einen gesamteuropäischen Haushalt zu beschließen, der dem sozialen Ausgleich zwischen reichen und armen Staaten auf dem Kontinent dient.
Thomas Piktetty wurde unter anderem bekannt durch sein Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, in dem er die zunehmende soziale Polarisierung analysiert. „Wir können nicht einfach warten, bis weitere Länder die Europäische Union verlassen oder ihren Rückbau vorantreiben“, heißt es in dem Appell.
Europa stehe unter dem Druck einer zunehmend erstarkenden Rechten, die zurück zum Nationalstaat wolle. Andererseits setzten die regierenden europäischen Eliten zu sehr auf eine Politik der Liberalisierung und Marktöffnung, die den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft schwäche. „Sie erkennen in keiner Weise, dass genau dieses Fehlen sozialer Zielvorstellungen der Grund ist, warum sich viele Menschen abgehängt fühlen.“
Abgaben auf die Gewinne großer Unternehmen
Die neue europäische Versammlung soll laut Piketty das Recht haben, Steuern zu beschließen. „Dies bedeutet, dass große Unternehmen einen höheren Beitrag leisten als kleine und mittlere Unternehmen und dass Menschen mit extrem hohem Einkommen mehr bezahlen als Menschen mit geringem Einkommen.“
Bestimmte Steuern aus den Nationalstaaten sollen an die EU fließen: Abgaben auf die Gewinne großer Unternehmen, hohe private Verdienste und Vermögen sowie Kohlendioxid-Ausstoß. Die Versammlung würde einen Haushalt beschließen, der Ausgaben unter anderem für Forschung, Bildung, Universitäten, Investitionen und die Aufnahme von Migrant*innen enthält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!