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Photovoltaikpflicht in Baden-WürttembergNeue Hallen nur noch mit Solardach

Ab 2022 ist Photovoltaik für Neubauten in Baden-Württemberg verpflichtend. Zunächst nur für Gewerbe-Immobilien, Wohnhäuser sollen folgen.

Sonnenenergie für ein saniertes Kinder- und Jugendzentrum in Konstanz Foto: Stadt Konstanz/dpa

Freiburg taz | Als erstes Flächenland in Deutschland will Baden-Württemberg Photovoltaikanlagen auf Neubauten verpflichtend vorschreiben. Das hat die grün-schwarze Landesregierung in Stuttgart beschlossen. Im ersten Schritt soll die Regelung, die Teil des neuen Klimaschutzgesetzes ist, für Nichtwohngebäude ab 2022 gelten.

Das vom grünen Minister Franz Untersteller geführte Umweltressort will eine solche Pflicht später auch für Wohngebäude etablieren und nennt die Entscheidung daher einen „Einstieg in die allgemeine PV-Pflicht“. Die einstweilige Beschränkung auf Nichtwohngebäude war lediglich ein politischer Kompromiss zwischen den Grünen, die gerne sofort alle Gebäude aufgenommen hätten, und der CDU, die eine Baupflicht grundsätzlich kritisch sieht. Aus sachlichen Gründen gebe es keinen Grund, die Regelung nicht auch auf Wohngebäude zu übertragen, heißt es im Umweltministerium.

Auf kommunaler Ebene war Tübingen im Juli 2018 mit der Einführung einer Solarpflicht für alle Neubauten bundesweiter Vorreiter. In den Nachbarländern ist Wien führend, wo jetzt im Rahmen einer Novelle der Bauordnung eine PV-Pflicht für alle neuen Gebäude geschaffen werden soll, nachdem es eine solche für Industriebauten schon gibt.

In Baden-Württemberg soll das Gesetz noch vor der Sommerpause vom Landtag beschlossen werden. Das Umweltministerium nennt die entsprechende Kabinettsentscheidung „bahnbrechend“, sie sei „innovativ und mutig“. Im Nichtwohnbereich, also zum Beispiel auf Lager- und Produktionshallen oder Parkhäusern, gebe es „ein enormes Flächenpotenzial“, sagt Minister Untersteller. So werde „Bauen modern und Klimaschutz zur Selbstverständlichkeit“.

Novelliertes Klimaschutzgesetz

Bislang hat unter den Bundesländern allein Hamburg eine solche PV-Pflicht beschlossen. Allerdings wird diese in der Hansestadt erst ab 2023 gelten, weshalb Baden-Württemberg davon ausgeht, das erste Bundesland zu sein, das tatsächlich loslegt.

Nach dem Hamburger Gesetz, das bereits in Kraft ist, haben Eigentümer von Gebäuden, deren Baubeginn nach dem 1. Januar 2023 liegt, „sicherzustellen, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf der Dachfläche errichtet und betrieben werden“. Ab 2025 gilt die Pflicht dann zudem „bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes“. Wer nicht selbst in eine Solaranlage investieren möchte, kann das Dach auch einem Dritten überlassen.

In Hamburg wie in Baden-Württemberg ist die PV-Pflicht Teil eines novellierten Klimaschutzgesetzes. In Baden-Württemberg soll auch das Thema Wärmeversorgung darin verstärkt berücksichtigt werden. Die rund 100 großen Städte und Kommunen, in denen etwa die Hälfte der Baden-Württemberger leben, sollen daher verpflichtet werden, eine umfassende Wärmeplanung vorzulegen.

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12 Kommentare

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  • Ist es ein Zufall, dass PV-Anlagen-Besitzer ab Januar 2021 ihren Strom zu 100% einspeisen müssen, um ihn dann wieder von den großen Energie-"Versorgern" zurückkaufen zu dürfen. Die Nutzung für den Eigenbedarf wird damit de facto verboten.



    www.pv-magazine.de...photovoltaik-jobs/



    Oder "PV-Anlage" und "Enteignung" googeln.



    Kohlestrom fights back.

  • Naja, nichts dagegen, aber so kommt man sicher zu keinem günstigen m²-Preis für neue Wohnungen.

    Aber da wird sich sicher eine Industrie finden, der man das eigene Dach langfristig für lau verpfänden kann (bzw. muss, wenn man selbst die Solaranlage nicht stemmen kann beim Neubau), und die langfristig die Gewinne aus dem Solarstrom von den Bauherren an Investorengruppen ableiten...

  • Interessant wird die Vergütung des erzeugten PV-Stroms. Nach jetzigem Stand fällt die EEG-Vergütung weg (PV-Deckel). Altmaiers Bundesnetzagentur schlägt zudem vor, auch den Eigenverbrauch von PV-Strom wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Da möchte man kein Bauherr sein.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @REW2003:

      Irgendwann kommt die Sonnensteuer. Das ist ja Mal klar. Die Mineralölsteuer muss ja ersetzt werden.

  • Na endlich! Ungefähr 15 Jahre zu spät, aber besser als nie. Jetzt nur noch schauen das die man sinnvoll integrieren darf. Dann kann man sich die Ziegel und ein bisschen Dachlast sparen...

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Gilt der Unsinn noch, dass die Solaranlage separat von der Bedachung sein muss, damit sie steuerlich abschreibbar ist?



    Solardachziegel u. ä. fallen also raus?

  • Gefällig sind die aufgeständerten Module auf dem Dach meist nicht, wenn das Raster sich nicht mit der Dachform in Übereinstimmung bringen lässt. Kühlung von unten muss sein und unterschiedliche Paneelgrößem machen zu großen Aufwand.



    Es wäre trotzdem zu überlegen, ob es nicht doch preiswerte Lösungen für ein Vermeiden oder Kaschieren von hässlichen Lücken und Rasterstörungen gibt.



    Teuer genug ist der Strom geworden, dass sich eine Fotovoltaikanlage lohnt. Aber zu welchem Preis?



    Fremdkosten ,Steuern und Umlagen, bedeuteten bereits das Aus für energiesparende Wärmepumpen.



    Wenn wenigstens eine dezentralere Versorgung möglich wäre. Mein Elektroauto darf ich noch immer nicht am Solardach meines Nachbarn auftanken. Wäre ein irrsinniger bürokratischer Aufwand.



    Aber er gibt eine Lösung, die hat einen Namen. Peter Altmaier.

  • Wer heute noch zu seinem solaren Glück auf dem eigenen privat-oder industrie- Dach gezwungen werden muss kann einen nur Leid tun. Ich halte das Gesetz bei der mittlerweile erreichten Rentabilität von PV für unnötig.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Richtig so.

  • Sehr sinnvoll.



    Auch wenn man die Ausrichtung des Daches berücksichtigten muss.

  • Intereswsant- wenn die Pflicht fürs Hausdach kommt- wie bezahlen? Darf man aussuchen welche Paneele