Pfandsystem an Dänisch-Deutscher Grenze: Dosenbier vor Gericht
Dänen kommen zum Biershoppen nach Schleswig-Holstein, weil sie sich so das Pfand sparen. Ob das legal ist, entscheidet der Europäische Gerichtshof.
Er ist bis unters Dach beladen. Der Fahrer versucht, die Klappe zu schließen. Er war einkaufen. Jetzt geht es zurück nach Dänemark, er hat alles bekommen, was er braucht: Das ganze Auto ist bis oben hin voll mit Dosenbier.
Rund 650 Millionen Dosen Bier und Limo kaufen dänische Kunden jährlich in den etwa 60 Grenz-Shops zwischen Flensburg, der Westküste und Ostholstein, und sie sparen eine ganze Menge Geld dabei: Sie bezahlen dafür kein Pfand. Dafür müssen die Dänen nur im Shop eine Erklärung unterschreiben, dass sie das Bier erst in Dänemark trinken und nicht schon in Deutschland. In Deutschland wird Alkohol außerdem noch geringer besteuert als in Dänemark: Doppel-Schnäppchen!
Am kommenden Mittwoch wird ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg erwartet, was das Pfand-Schlupfloch im Norden schließen könnte. 2018 billigte die EU-Kommission zwar, dass norddeutsche Getränkehändler an der dänischen Grenze das Pfand auf Einwegflaschen und Getränkedosen streichen, die dänische Handelskammer sieht in dieser Befreiung aber Wettbewerbsverzerrung und hat geklagt.
Das ist aber nur eines der Probleme, die mit dem Shopping-Spaß im Grenzgebiet einhergehen. Die Dosen, einmal leer getrunken, landen also im besten Fall im Müll. Im schlechtesten Fall in Straßengräben, am Strand oder im Meer.
Um das Wettbewerbs- und Müllproblem zu lösen, gab es ein paar Vorschläge. Die dänische Branchenorganisation Dansk Erhverv hatte die Idee, die Dänen könnten ihre leeren Dosen bei der nächsten Tour über die Grenze einfach wieder mitnehmen und die Dosen in Deutschland recyceln. Das ist eine Überlegung wert: Man stelle sich nur den prickelnden Geruch von einem Jahr alten Bierdosen vor, die seit dem Tag ihrer Leerung im Familienauto darauf warten, wieder an den Ort ihrer Bestimmung gekarrt zu werden, wo sie dann, im Tausch gegen 25 Cent, dem deutschen Recyclingsystem zugeführt werden. Herrlich!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Grundsatzpapier des FInanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Anschläge auf „Programm-Schänke“
Unter Druck