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Petersberger Klimadialog in BerlinTrotzige Klima-Verhandlungen

In Berlin reden Mi­nis­te­r*in­nen aus aller Welt über Geld und Klima-Ambitionen, immer mit Blick Richtung USA. Die EU zaudert bei ihrem CO₂-Ziel.

André Corrêa do Lago hat als Präsident der nächsten Weltklimakonferenz den Job, verschiedene Positionen zusammenzubringen Foto: Andressa Anholete/Reuters

Berlin taz | „Wir müssen lokal einen Unterschied machen, indem wir global handeln“, sagte André Corrêa do Lago am Dienstag in Berlin. Der designierte Präsident der nächsten Weltklimakonferenz im brasilianischen Belem sprach zu den Kli­ma­schutz­mi­nis­te­r*in­nen der Länder, die noch bis Mittwoch zum Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt zusammenkommen.

Die Erderhitzung verlange „nie dagewesene internationale Kooperation, Solidarität und Tatkraft“. Das Pariser Klimaabkommen müsse mit dem Leben und Alltag der Menschen verbunden werden.

Beim Petersberger Klimadialog bereiten die Mi­nis­te­r*in­nen traditionell die Weltklimakonferenz im Herbst vor. Dort wird es in diesem Jahr neben verstärkten Klimaschutzversprechen vor allem darum gehen, wie bis 2035 1,3 Billionen US-Dollar Klimafinanzierung zusammenkommen können, die im November bei der letzten Weltklimakonferenz in Baku versprochen wurden.

Damals hoben die Beteiligten die Rolle privater Investitionen in Klimaschutz und -anpassung hervor, das tat Corrêa do Lago in Berlin wieder: „Die nächste Weltklimakonferenz will die Partnerschaft zwischen Regierungen, Unternehmen und multilateralen Institutionen stärken.“

Gleichzeitig müsse sichergestellt werden, dass die Investitionen jene erreichten, die sie brauchen. Aktuell fließt ein Großteil der privaten Klimaschutzgelder in Industrie- statt Entwicklungsländer.

Fossile Brennstoffe erwähnt Corrêa do Lago nicht

Ein Teil der 1,3 Billionen US-Dollar für Klimafinanzierung könnte auch aus Abgaben für die besonders klimaschädliche Schiff- und Luftfahrtbranche sowie Steuern auf Öl- und Gas-Förderung oder -Importe kommen.

Im offiziellen Teil der Veranstaltung gab es keinen Vorstoß in diese Richtung, „fossile Brennstoffe“ erwähnte Corrêa do Lago in seiner Rede mit keinem Wort.

Die Mi­nis­te­r*in­nen treffen sich vor dem Hintergrund des ersten Kalenderjahres über der 1,5-Grad-Grenze und dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen.

„Herausfordernde Zeiten“, nannte es die deutsche Top-Klimadiplomatin Jennifer Morgan in ihrer Eröffnungsrede, „aber das Pariser Abkommen ist gesund und munter, vertreten von Ihnen allen, die hier anwesend sind.“ Auch Corrêa do Lago betonte, dass die Anwesenden in Berlin und Belem den Multilateralismus stärken müssten.

EU-Kommission kämpft um ambitioniertes Klimaziel

Die nachfolgenden Diskussionen der Mi­nis­te­r*in­nen fanden unter Ausschluss der Presse statt. Mit im Raum war die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer. Die Stimmung sei „überraschend wehrhaft“ gegenüber dem US-Austritt aus dem Pariser Abkommen, sagte sie der taz. Viele Länder verteidigten außerdem das Versprechen, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, anstatt auf ein weniger ambitioniertes Ziel umzuschwenken.

Am Rande der Konferenz bestätigte der EU-Kommissar für Klimaschutz Wopke Hoekstra, dass die EU ihr Klimaziel für 2040 nicht mehr im März beschließen werde, sondern „in der nahen Zukunft“.

Derzeit verhandle die Kommission mit den Regierungen der Mitgliedsstaaten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will, dass die EU bis 2040 90 Prozent weniger CO2 ausstößt als noch 1990. Widerstand kommt Medienberichten zufolge aus Polen und Italien.

Auch die CDU-nahe Denkfabrik Centrum für europäische Politik schlug kürzlich vor, eher zwischen 78 und 88 Prozent Emissionsreduktion anzupeilen. „Dies wäre ebenfalls ambitioniert, aber umsetzbar, und würde wirtschaftliche Stabilität sowie gesellschaftliche Akzeptanz der EU-Klimapolitik stärken“, sagte Martin Menner, einer der Studienautoren. Der klimawissenschaftliche Beirat der EU-Kommission empfiehlt dagegen 90 bis 95 Prozent.

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