Pestizide in Deutschland: Weniger Glyphosat verkauft
Der Absatz des Unkrautvernichters ist auf den tiefsten Wert seit 2003 gesunken. In Brasilien bleibt das Ackergift jedoch weiter zugelassen.
Glyphosat ist aber nach wie vor der meistverkaufte Wirkstoff. 2015 stufte ihn die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ ein und widersprach damit mehreren Zulassungsbehörden. Zudem zerstört Glyphosat so gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel und Insekten.
In Deutschland ist der Absatz von 2014 bis 2016 gesunken, besonders der an private Anwender: um 52 Prozent auf 46 Tonnen.
„Ich vermute, dass auch die intensive Glyphosat-Debatte der letzten Jahre zum gesunkenen Verbrauch beigetragen hat“, sagte Harald Ebner, Gentechnikexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, der taz. „Aber rund 4.000 Tonnen Glyphosat-Absatz pro Jahr sind immer noch bei weitem zu viel.“ Die Bauern könnten das Pestizid zum Beispiel durch mechanische Verfahren, Fruchtwechsel und Mischanbau ersetzen.
Bayer rechnet mit weiteren Klagen
In Brasilien hat ein Bundesgericht den weiteren Einsatz von Glyphosat am Montag für rechtens erklärt. Vor knapp einem Monat hatte ein Gericht ein teilweises Verbot der Chemikalie verfügt. Agrarminister Blairo Maggi feierte die Entscheidung, die einem Antrag seiner Regierung entspricht. Der Großgrundbesitzer ist nicht nur einer der weltweit größten Produzenten von Gentech-Soja, das mit Hilfe von Glyphosat angebaut wird. Eine seiner Firmen vertreibt selbst Pestizide und wird von dem Beschluss profitieren.
Aufgrund von ökologischen Bedenken hatte ein Gericht in erster Instanz entschieden, die Registrierung neuer Glyphosat-Produkte zu stoppen und bestehende Zulassungen ab September aufzuheben. Zudem wurde der Umweltbehörde Anvisa eine Frist gesetzt, sich über die Auswirkungen des flächendeckenden Einsatzes der Chemikalie für Menschen und Umwelt zu äußern.
Auch der Leverkusener Chemiekonzern Bayer, der den Glyphosat-Hersteller Monsanto kürzlich übernahm, begrüßte die Wende als wegweisendes Urteil für eine sichere und ertragreiche Ernte der brasilianischen Bauern: „Glyphosat hilft den Landwirten, Kulturpflanzen mit geringen Beeinträchtigungen für den Boden und einem niedrigeren CO2-Ausstoß anzubauen“.
Der Konzern erklärte am Mittwoch, er rechne mit weiteren Klagen wegen Erkrankungen mutmaßlich durch Glyphosat-haltige Mittel. Bisher gebe es bereits rund 8.700 Fälle. Bayer-Aktien verbilligten sich daraufhin um bis zu 3,6 Prozent auf 76,92 Euro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus