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Personalpoker um EU-TopjobsUnion will Weber durchdrücken

CDU und CSU attackieren Frankreich scharf. Damit versuchen die Parteien, dem CSU-Politiker Manfred Weber den EU-Topjob zu verschaffen.

Will noch nicht Servus sagen: EVP-Spitzenkandidat Weber (CSU) Foto: dpa

Brüssel taz | Die deutschen Christdemokraten versuchen mit aller Macht, ihren glücklosen Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) doch noch auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu hieven. „Die CDU steht weiter hinter Manfred Weber“, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nach dem gescheiterten EU-Gipfel der vergangenen Woche. Sie appellierte an Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, seinen Widerstand aufzugeben.

Auf Frontalangriff schaltete derweil der Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary. Macron scheine im Moment „leider auch antideutsch unterwegs zu sein“, sagte er nach Angaben des Spiegels vor einem CDU-Treffen am Montag in Berlin. „Ich sehe keine deutsch-französische Achse“, wird Caspary zitiert. „Sondern ich sehe einen revisionistischen Herrn Macron, der alles tut, die europäische Demokratie zu zerstören“.

Im Poker um den nächsten EU-Kommissionschef und andere Brüsseler Topjobs haben sich die Mitspieler verzockt. Am vergangenen Freitag war der EU-Gipfel mit dem Versuch gescheitert, sich auf einen Namen zu einigen. Es gebe keine Mehrheit für Weber oder einen der beiden anderen Spitzenkandidaten, erkläre Ratspräsident Donald Tusk.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigte das und ging auf Distanz zu Weber. „Ich möchte keine Entscheidung gegen Frankreich treffen“, sagte sie. Macron erklärte, nun seien alle Spitzenkandidaten aus dem Rennen. Beim nächsten EU-Gipfel am 30. Juni müsse man sich nach neuen Namen umsehen. Zuvor will das Europaparlament allerdings versuchen, sich wenigstens auf eine Art Koalitionsvertrag zu einigen. Weber wird dabei auch von deutschen Grünen unterstützt; am Dienstag ziehen die Fraktionen Bilanz.

In Brüssel dringt die Union bisher kaum durch

Während der Streit über Weber in Berlin hohe Wellen schlägt, findet er in Brüssel und Paris kaum Beachtung. Macron habe sich durchgesetzt, Merkel und Weber hätten verloren, kommentierte die französische Tageszeitung Libération. Auch in Brüssel dringen Weber und seine Anhänger aus CDU und CSU kaum noch durch. Nur der scheidende deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) zeigte sich solidarisch. Weber bringe „alles mit, was man braucht, um Europa politisch zu führen“, sagte er.

Doch genau das streiten seine Kritiker ab. Weber habe keine Regierungserfahrung und schaffe es nicht einmal, eine Mehrheit im Europaparlament zustande zu bringen, heißt es bei spanischen Sozialisten und französischen Liberalen.

Mit ihren gezielten Attacken auf Macron vergiften CDU und CSU das Klima zwischen Deutschland und Frankreich. Dabei ist der französische Staatschef mit seiner Meinung nicht allein. Auch Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez und neun weitere Staats- und Regierungschefs lehnen Weber strikt ab. Die lautstarken Appelle aus Berlin dürften sie kaum umstimmen. Auch im Europaparlament machen sie wenig Eindruck.

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8 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Ich habe es in einem Kommentar schon einmal geschrieben: vor der Europawahl wußte ich gar nicht, wer Herr Weber ist. Heute weiß ich, dass Herr Weber ein CSU-Parteisoldat ist und besonders gut im „Hintergrund“ arbeitet - ein politischer Strippenzieher. Der soll dann in Augenhöhe mit den „Mächtigen der Welt“ für Europa und alle zusammengeschlossenen Nationen handeln? Dazu werden doch politische Verantwortungserfahrungen (als gewählter Repräsentant) und die entsprechenden Softskills benötigt. Offenbar merken jetzt alle: hat der nicht. Was ebenfalls alle bemerken: Herr Weber wäre ein willfähriger Diener einer konservativen deutschen Regierung. Und das will wohl niemand!

  • Günther Oettinger : Weber bringe „alles mit, was man braucht, um Europa politisch zu führen“,

    na, wenn diese leuchte das sagt.

  • "Union will Weber durchdrücken"

    Und wir Wähler werden euch dafür bestrafen!

  • Es war von Anfang an eine dumme Idee, mit einem deutschen Kandidaten anzutreten.

    Das deutsche Übergewicht befeuert in vielen Ländern die anti EU Stimmung. Da muss man Salvini, Le Pen & Co. nicht auch noch Brennstoff geben.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      da stimme ich zu, aber liegt das nicht vielmehr an der dt (wirtschafts)politik, als an der nationalen identität von personen?

      ein spanier der dt interesen vertritt wäre auch nicht besser.

      • @nutzer:

        Da haben Sie natürlich recht. Aber direkt einen Deutschen zu nehmen, ist schon ein rotes Tuch.

  • Merkel hat sich von Weber distanziert, damit ist Weber nicht mehr zu halten. Und während der alte Politfuchs Seehofer, der im Kern doch nur immer ein kleinlicher Egomane war, einzig den Wunsch hat, Merkel, egal wie und wie lange, politisch zu überdauern, sticht diese ihm posthum noch den Dolch der Revanche in den Rücken und vernichtet den einzigen relevanten Bayern in Brüssel. Vorbei der Traum der Bajuvaren, via Schwesterpartei nicht nur die Rest-Republik, sondern auch noch die EU in Geiselhaft für den ausschließlichen Vorteil ihres Bundeslandes zu nehmen. Das könnte nicht nur die GroKo sprengen, sondern CDU/CSU gleich mit. Dafür kann man schon Mal etwas Risiko in die deutsch-französische Freundschaft zu bringen versuchen.

  • Och bittebittebitte kein Weber!

    Die EU macht auch schon so genug durch.

    Unc Caspary? Macron antideutsch? Gehts noch? Macron will lediglich jamanden kompetentes da. Weber ist es nicht.