Pelzfarmen in Polen werden verboten: Die Käfigtüren öffnen sich
In acht Jahren sollen alle polnischen Pelzfarmen schließen. Das ist noch lang hin, aber das Ende der Pelztierzucht in Polen ist damit absehbar.
Polen stoppt die Pelztierzucht. Millionen von Nerzen, Füchsen, Marderhunden und Chinchillas müssen in Zukunft nicht mehr in Pelztierfarmen leiden, bevor ihnen das Fell über den Kopf gezogen wird.
Zwar räumt das Gesetz, das Präsident Karol Nawrocki vor einigen Tagen unterzeichnet hat, den Züchtern eine achtjährige Übergangsfrist bis Ende 2033 ein, doch das Aus für die gesamte Branche steht nun fest.
Für Tierschützer ist dies ein großer Erfolg, auch wenn es einen Wermutstropfen gibt: Kaninchen sind ausdrücklich von dieser Regelung ausgenommen. Spürbar geht auch durch Polens Zivilgesellschaft ein großes Aufatmen. Zwei Drittel aller Polen und Polinnen sprechen sich seit Jahren für ein Ende dieser Massentierquälerei in engen Metallkäfigen aus. Anders als noch in den 1990er Jahren sieht man auf den Straßen Polens kaum noch elegante Damen mit einem echten Pelzmantel.
Im Sejm, dem polnischen Abgeordnetenhaus, hatten schon im Oktober dieses Jahres 339 von insgesamt 460 Parlamentariern für das Gesetz gestimmt. Parteigrenzen spielten keine Rolle. Angesichts dieser Einigkeit stellt sich die Frage, warum es 14 lange Jahre gedauert hat, dieses Gesetz zu verabschieden.
Insgesamt, so fand das Nachrichtenmagazin Polityka heraus, scheiterte der Sejm seit 2011 sechsmal mit einer Gesetzesinitiative. Jedes Mal setzte sich die mächtige Pelztierzüchterlobby durch. Sie hatte die Zahlen auf ihrer Seite: Seit vielen Jahren gehört Polen neben China, den skandinavischen Ländern, Russland und den USA zu den weltgrößten Pelzexporteuren.
Pelzfarmen machen immer weniger Geld
Noch 2015 gab es in Polen über 800 Pelztierfarmen, während es heute nach Angaben von Tierschutzverbänden und des polnischen Hauptveterinärsamtes gerade mal noch 200 bis 300 Farmen sind. Der Pelztierzüchterverband gibt die Zahl mit 1.190 Farmen an.
Aber die Umsätze und Gewinne der Branche gehen stark zurück und damit auch die Steuereinnahmen des Staates. So gibt die Tierschutzorganisation „Offene Käfige“ an, dass der Wert des Exports von Nerzpelzen von umgerechnet 400 Millionen Euro in den Jahren 2014 bis 2015 auf knapp 70 Millionen Euro heute gesunken ist.
Zudem hat sich Szczepan Wójcik, der wichtigste polnische Pelzzüchter und Lobbyist, aus dem Markt zurückgezogen, nachdem im letzten Jahr ruchbar wurde, dass er vom Pelzgeschäft seines Bruders in der Russischen Föderation stark profitierte. Außerdem, so berichten Polens Medien, scheint er vom polnischen Staat Fördergelder in Millionenhöhe für seine Stiftung und seine Medien erhalten zu haben, über die er disponieren wollte, ohne sich an die Förderrichtlichtlinien zu halten.
Nawrocki legte am selben Tag Veto gegen Hundeschutz ein
Dass der nationalpopulistische Präsident Nawrocki das Gesetz unterschrieb, erstaunte viele in Polen, hatte der Historiker, Ex-Fußballhooligan und Amateurboxer doch während seines Wahlkampfes mehrfach versichert, keine Tierschutzgesetze unterschreiben zu wollen. Das war eine der Bedingungen der nationalistischen Partei Konfederacja für ihre Unterstützung Nawrockis bei der Präsidentschaftswahl.
Tatsächlich legte der Präsident noch am selben Tag sein Veto gegen ein zweites Tierschutzgesetz ein. Mit dem „Kettengesetz“ wollte der Gesetzgeber das Anbinden von Hunden in Hof und Garten verbieten, was auf dem Land in Ostpolen nach wie vor üblich ist. Dort aber leben viele Wähler Nawrockis, die das An-die-Kette-Legen von Wachhunden für völlig normal halten.
Anders ist das bei der Pelztier-Haltung in kleinen Käfigen, die von Städtern wie auch der Landbevölkerung gleichermaßen abgelehnt wird. Nawrocki will den Abgeordneten nun sein eigenes „Kettengesetz“ zur Abstimmung vorlegen.
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