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Passwörter funktionieren nicht mehrCastorgegner halten Facebook Zensur vor

Trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lüneburg und einer angeblichen Seitensperrung sieht sich die Kampagne "Castor Schottern" im Aufwind.

Da braucht es kein Passwort: Castor-Blockade bei Hitzacker, 2006. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Kampagne "Castor Schottern" kritisiert Facebook und wirft dem amerikanischen Unternehmen "Zensur" vor. Das Online-Netzwerk habe den Aktivisten die Moderationsrechte ihrer Facebook-Seite entzogen, so Christoph Kleine von "Castor Schottern".

"Schottern" ist eine neue Protestform der Anti-Atom-Bewegung. Durch massenhaftes Entfernen von Schottersteinen aus dem Gleisbett soll die Castorstrecke unpassierbar gemacht und der Atommülltransport Anfang November aufgehalten werden. Nun sieht sich die Kampagne durch Facebook behindert.

Christoph Kleine sagte am Dienstag: "Seit ungefähr 36 Stunden funktionieren unsere Administratorenpasswörter nicht mehr." Zudem seien auf der Seite geschriebene Beiträge verschwunden. Facebook habe sich dazu bisher nicht geäußert, so Kleine.

Auch für eine Anfrage der taz war das Unternehmen nicht zu erreichen: Facebook.com verweist Presseanfragen auf einen Telefonanschluss in den USA. Dort meldet sich nur eine Bandansage, die dazu auffordert, Anfragen per Mail zu formulieren. Eine Mailanfrage der taz beantwortete Facebook bis zum Redaktionsschluss nicht.

Trotz dieser Widrigkeiten wächst die Unterstützung für "Castor Schottern" weiter. Nachdem die Staatsanwaltschaft Lüneburg am vergangenen Freitag angekündigt hat, Ermittlungsverfahren gegen zahlreiche Unterstützer der Kampagne einzuleiten (die taz berichtete), haben weitere 200 Personen die Online-Erklärung von "Castor Schottern" unterschrieben.

Zudem erklären sich zahlreiche Verbände, Organisationen und Einzelpersonen in einer gemeinsamen Erklärung mit "Castor Schottern" solidarisch. Darunter unter anderem die grünen Bundestagsabgeordneten Astrid Rothe-Beinlich, Hermann E. Ott und Sven-Christian Kindler.

In der Erklärung heißt es: "Wir haben Verständnis für diese Aktionsform als ein Stoppschild für eine Politik, die Mensch und Umwelt hinten anstellt und verurteilen jeden Versuch einer Kriminalisierung derjenigen, die sich in dieser Form engagiert der Atomkraft entgegenstellen."

Die Kampagne "Castor Schottern" zeigt sich über die wachsende Unterstützung erfreut. Der offene Einschüchterungsversuch der Staatsanwaltschaft sei damit gescheitert, sagt Sonja Schubert, Sprecherin der Kampagne.

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12 Kommentare

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  • OA
    o aus h

    Ich habe viel Verständnis für die Proteste gegen die Castor-Transporte, im besonderen die der direkt betroffenen Bevölkerung im Wendland. Aber die mehr oder gar nicht verhohlenen Aufrufe, die Sicherheit der Gleise zu unterminieren, sind für mich schlicht ein gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr, der gemäß §315 StGB aus gutem Grund mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden ist. Selbst wenn die Bahnlinie ausschließlich von den Castor-Zügen genützt würde, ist die mutwillige Gefährdung von deren Lokführern und Zugpersonal nicht zu akzeptieren. Und die Wendlandbahn ist eine aktive Bahnlinie, auf der täglich Berufspendler, Schüler, Ausflügler und andere Reisende unterwegs sind.

    Kurz gesagt: LASST DEN SCHEISS!

  • O
    OPS

    Na super.

    Als ob das Ende der Kernkraft Kastortransporte unnötig machen würde.

    In dem Moment wo das erste Gramm hochradioaktiven Abfalls anfiel war ein Endlager nötig. Und sie bleibt nötig.

    Und die Frage ob Gorleben oder nicht, ist keine Diskussion für oder gegen Kernkraft.

    Man kann für Kernkraft sein und gegen Gorleben.

    (Wenn man Gorleben z.B. für geologisch ungeeignet hält)

    Man kann gegen Kernkraft sein und für Gorleben.

    (Wenn man Gorleben z.B. für den richtigen Standort hält).

     

    Und die Menge an Abfall, die in ein eventuelles Endlager passt ist um den Faktor zehn- bis hunderttausend größer als die Menge von radioaktivem Abfall der in Deutschland jemals anfallen wird.

     

    Ob wir Kernkraft morgen abschaffen oder in tausend Jahren ändert nichts an den folgenden Fakten:

    Fakt 1:

    Wir brauchen ein Endlager.

    Fakt 2:

    Ein Endlager wird viel mehr Kapazität haben als Müll anfällt.

    Fakt 3:

    Die bei weitem größten Kosten beim Anlegen eines Endlagers ist die Erkundung und grundsätzlicher Ausbau. Die Kosten pro verlagerter Tonne sind dagegen vernachlässigbar.

     

    Der Protest gegen Castortransporte und Gorleben ist nur eine scheinheilige Rechtfertigung für Krawall.

    Ihr wollt zivilen Ungehorsam leisten? Steigt um auf 100% Strom aus erneuerbaren Energien und bezahlt den vielfachen Strompreis.

    Aber zu Straftaten aufrufen ist viel leichter als sich an den eigenen Geldbeutel zu fassen.

  • MB
    mark bayer

    Mutwillige Zerstörung fremden Eigentums ist und bleibt einfach eine Straftat.

    Ganz egal was und wer geschädigt wird. Das sollte mal jeder der "Schotterfreunde " verinnerlichen.

    Und die die auf solche Aufrufe reagieren und auch zum " Schottern " kommen sind eh meist radikale oder autonome Gruppen die sich mit den Themen gar nicht auseinandersetzen.

    Siehe " Stuttgart 21 " . ich jedenfalls bin mir sicher das min. 80 % der Demonstranten nur da sind weil " dort was los ist" .

    Und sich auf einen Käfer zu berufen der in den Bäumen heimisch ist.... naja....

    Ich habe dieses Jahr auf meinem grundstück 12 große Bäume gefällt.... die waren im Weg und nahmen mir die Sonne.... arme Käfer dachte ich die ganze Zeit. Aber ich hatte nirgens einen von den "Robin Wood " leuten gesehen. Wo wart ihr ? Ihr " Helden in Strumpfhosen" ???

    Ach ja bevor ich es vergesse: Anmerkung unserer Kanzlerin am Wochenende: Wir können in Deutschland froh sein schon über Elektrizität und Eisenbahn zu verfügen. Ein solches Projekt jetzt erst in Deutschland durchsetzten zu wollen wäre fast unmöglich....

     

    Armes Deutschland... Die Industrie bedankt sich für die gute Zusammenarbeit und verschwindet so langsam ins Ausland..... weil bei uns keine Veränderungen mehr möglich sind.....

    so das musste mal gesagt werden....

  • KW
    Kai Wunderlich

    Interessant ist ja, dass die scheinheilgen Verantwortlichen von Facebook Volksverhetzung von rassistischen Nazigruppen auf Facebook immer mit dem Hinweis auf die angebliche "Meinungsfreiheit" nicht sperren oder beinträchtigen wollen, man gleichzeitig aber ANTI-Nazi-Seiten sperrt, weil das ja angeblich Teufelszeug, genauso wie Castorgegner.

     

    Für Castorgegner und Nazigegner gilt also die Meinungsfreiheit plötzlich nicht mehr?

     

     

    P.S: Falls eine Löschung bei Facebook übrigens in der Presse zu große Aufmerksamkeit bekommt und man zu viel Gegenwehr von Nutzern kriegt, macht man das was man immer in solchen Fällen macht: Man entschuldigt die Löschung als "bedauerliches Versehen" oder als "technische Störung".... Seitenlöschungen die nicht in die Presse kommen, werden schön heimlich gelöscht und nach außen hin, tut man wieder so, als würde man die Meinungsfreiheit beachten. Facebook macht ganz gezielt Politik und arbeitet mit Behörden zusammen, die nur ein FAX an die Zentrale schicken müssen, damit ganz plötzlich "aus versehen eine technische Störung" passiert.

  • F
    Fritz

    Und selbst die verblödeten Teile der Castorfreunde sollten eigentlich wissen, dass in diesem Land weder Personen- noch "Güterzüge" eine nicht 100% funktionsfähige Strecke befahren werden. Vor allem nicht wenn sich so rührend um einen Streckenabschnitt gekümmert wird.

     

    Nun wird auch plötzlich klar, wie das funktionieren könnte...

  • CD
    Christian Deußing

    Verblödet? P.B. muß wohl für Pöbelbulle stehen... Rot-Grüne "Konsens"- Verträge, bzw. Phantasien haben jedenfalls nichts gebracht, wie wir ja derzeit unschwer erkennen können. Bei etwas Information vor Ort hätte auch P.B. erfahren können, dass seit 1995 direkt vor und nach dem Transport kein normaler Zugverkehr stattfindet. Atomausstieg bleibt Handarbeit.

  • J
    Jott

    Werter P. B.,

    Sie gehen offenbar davon aus, dass die Politik auch ohne jeglichen Protest einen Ausstieg beschlossen hätte (naja, der war eh nicht echt und wird aktuell von schwarz-gelb gekippt). Denken Sie darüber noch mal nach, bevor Sie jemanden als "verblödet" bezeichnen.

    Und wenn Sie so verantwortungsbewusst sind, dass Sie auch an Gleisbetten denken: Kennen Sie das geologische Gutachten des Gorlebener Salzstocks und die Halbwertzeiten des Atommülls, der dort eingelagert werden soll? Wir können für die zukünftigen Generationen eine Botschaft hinterlassen: Wir wollten ja etwas tun, aber die Gleisbetten sollten nicht in Mitleidenschaft gezogen werden ;-P

  • HM
    Henry Miller

    Den Kommentar hab ich dazu zwar schon an anderer Stelle abgegeben, aber ich finde das sehr wichtig:

     

    Ich finde die Sperung volkommen legitim. Facebook ist schließlich kein wohltätiger Verein, sondern ein Wirtschaftsunternehmen, genauso viel corporate place wie public place. Statt sich am laufenden Band darüber zu beschweren das facebook se...in 'Hausrecht' wahrnimmt wenn Menschen zu Straftaten aufrufen (mancheiner mag es zivilen Ungehorsam nennen, die Grenzen sind da natürlich fließend) sollte man das Gesamtbild in Frage stellen. Manche Menschen scheinen zu vegessen, dass facebook nicht gottgegeben ist. Man sollte sich lieber sehr stark dafür einsetzen das Alternativen geschaffen werden (Diaspora oder auch das deutsche Mensch.coop (https://mensch.coop/)).

    Ein kluger Mensch hat mal gesagt: Wenn du selber nichts bezahlst bist du die Ware und wirst verkauft. Für ein wirklich freies social network müssten alle Mitglieder einen (sehr geringen) Beitrag leisten. Leider sind dazu wohl die wenigsten Menschen bereit.

  • HR
    Hannes Roth

    Für alle, die sich innerhalb des Netzwerkes facebook aufhalten und sich trotzdem gegen die heimliche Zensur auf eben jener Plattform engagieren wollen:

     

    www.facebook.com/Zensur.stoppen.ZivilerUngehorsam.ist.legitim

  • C
    C.M.

    Wohnen Sie im Wendland? Ich nicht, aber ich kann annähernd nachvollziehen, wie sich die Menschen dort fühlen (müssen). Seit 30 Jahren protestieren sie, weil sie eben nicht (ausreichend?) angehört und einbezogen in die politischen Entscheidungen. Sie greifen zu diesen - zuweilen gefährlichen - Maßnahmen, weil sie sich nicht damit zufrieden geben, was dort geschieht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Strecke gleich danach wieder ohne Wiederherstellung freigegeben wird. Ich weiß es nicht, aber eins weiß ich: die Endlagerung von Atommüll im Wendland ist gefährlich, auch wenn es uns oft anders vermittelt wird. Ich habe jedenfalls allen Respekt für diese Menschen, die sich immer wieder unermüdlich wehren.

  • JP
    Jutta Plesmann
  • PB
    P. B.

    Die verblödeten Teile der Anti-Atom-Bewegung, die immer noch gegen Castor-Transporte demonstrieren, als würde dadurch der Kernenergieausstieg beschleunigt, sollten einmal darüber nachdenken, dass vor und nach dem Castor auch Güter- oder Personenzüge über dieselben Gleise rollen.