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Passbeschaffung bei GeflüchtetenIn der Zwickmühle

Ein Ägypter verliert Wohnung und Job, weil Hamburgs Behörden ihm keine Arbeitserlaubnis erteilen. Ihm fehlt der vor Monaten beantragte Pass.

Hat seinen Job und seine Wohnung verloren: Husseini K. aus Ägypten Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Auf einmal gibt es keine Perspektive mehr. Auf einmal liegt alles, was eben noch klar war, im Nebel. Auf einmal ist die neue Heimat kein Zukunftsland mehr. Ein fremdes Land wieder. Ein Land, in dem Husseini K. nur geduldet ist. Auf Zeit. Und auf Widerruf.

Fünf Jahre ist der 20-jährige Ägypter nun schon in Deutschland. Als minderjähriger, unbegleiteter Flüchtling kam er nach Hamburg, geflohen aus einem politisch instabilen Land, in dem er keine Perspektive sah. Was danach passierte liest sich wie ein Musterbeispiel an Integration. Der junge Ägypter lernte die deutsche Sprache, die er mittlerweile fließend spricht. Er bekam in einer Burger-Kette einen Ausbildungsplatz im Bereich Systemgastronomie. Ende Januar schloss er seine Ausbildung ab und erhielt ein Übernahmeangebot auf Vollzeit-Basis.

Zudem fand der 20-jährige aus eigener Kraft eine kleine eigene Wohnung in Hamburg-Eidelstedt, die er nun beziehen darf. Eigenes Geld, eigene Wohnung, vernünftiger Job – dem Staat nicht auf der Tasche zu liegen, ist Husseini K. wichtig, und es schien erreichbar. Doch daraus wird nun nichts werden.

Vor zwei Wochen, am 30. Januar, teilte der zuständige Sachbearbeiter der Ausländerbehörde der Vormundin* von Husseini K. mit, dass ihr Mündel keine Arbeitserlaubnis erhalten werde. Weil er keinen Pass besitzt. Den hatte der 20-jährige am 19. September des vergangenen Jahres bei der ägyptischen Botschaft in Berlin beantragt. Sechs Wochen, wurde ihm gesagt, werde es dauern. Die Mühlen der ägyptischen Behörden mahlen langsam. Mehrfach fragte Husseini K. nach, wo sein Ausweis bliebe. Wurde immer wieder vertröstet. Bis heute.

Seit acht Monaten Warten

Alles, was der 20-Jährige sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hatte, stürzte am 30. Januar wie ein Kartenhaus zusammen. „Ohne Pass keine Aufenthalts- und keine Arbeitserlaubnis“, sagt der Sprecher der Ausländerbehörde, Matthias Krumm. „Die Ausländerbehörde hat hier keinen Ermessensspielraum.“ Der zuständige Sacharbeiter habe Husseini K. rechtzeitig genau auf diesen Umstand hingewiesen.

Dass der Pass nun auch Monate nach seiner Beantragung nicht vorliege, dafür könne die Ausländerbehörde nichts. „Wir haben keinen Einfluss auf die Bearbeitungszeiten der Behörden anderer Staaten“, sagt Krumm.

Der Sprecher der Ausländerbehörde verweist auf Paragraf 5 des Aufenthaltsgesetzes. Danach setzt „die Erteilung eines Aufenthaltstitels“ voraus, „dass die Passpflicht erfüllt wird“.

Doch der Paragraf enthält einen kleinen Zusatz: die Worte „in der Regel“. Seine Vormundin sagt, dass der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde die Erteilung der Arbeitserlaubnis in ihrer Gegenwart als Ermessensentscheidung dargestellt habe. Er müsse erst mit seiner Vorgesetzten darüber sprechen, ob die Arbeitserlaubnis gewährt werden könnte.

Zwei Tage später sei per Telefon das „Nein“ gekommen. Der taz ist zudem ein ebenfalls aus Ägypten geflüchteter junger Mann bekannt, welcher seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, der nach Einschaltung eines Rechtsanwaltes auch ohne vorliegenden Pass eine Arbeitserlaubnis erhielt.

Ohne Arbeitserlaubnis ist der Job weg

Auch die „Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender“ in Münster kommt in einer Rechtseinschätzung zu der Auffassung, die Erteilung der Arbeitserlaubnis an einen Flüchtling ohne Pass wäre „eine Ermessensentscheidung“. Denn für Menschen mit Duldung wäre ein Arbeitsverbot nur gegeben, wenn durch den fehlenden Pass „die Abschiebung schuldhaft selbst verhindert“ werde.

Dieselbe Rechtsauffassung hat der Hamburger Fachanwalt für Ausländerrecht, Ünal Zeran: „Einer Beschäftigungserlaubnis steht in einem solchen Fall rechtlich nichts im Wege.“

Für den Husseini K. bedeutet die behördliche Entscheidung nun: Ohne Arbeitserlaubnis keine Arbeit. Ohne Arbeit kein Einkommen. Ohne Einkommen keine Chance, die angemietete Wohnung zu finanzieren. Und ohne Arbeit auch kein gesicherter Aufenthaltstitel, sondern nur eine sechsmonatige Duldung. Danach ist Husseini K. ausreisepflichtig. Er könnte abgeschoben werden, wenn er am Ende dieser Frist seinen Lebensunterhalt nicht selber bestreitet.

Doch das eben geht nur mit Job. Eine Zwickmühle, aus der es keinen Ausweg gibt, wenn nicht ganz schnell der Pass kommt. Aber dieses Prozedere, berichten andere Geflüchtete, dauere oft ein Jahr, mitunter noch länger. Und selbst wenn es jetzt schnell gehen sollte: Arbeit und Wohnung sind weg. Unwiederbringlich.

*Die Vormundin ist Redakteurin der taz. Husseini K. hat eine Vormundin, weil er nach ägyptischem Recht erst mit 21 Jahren volljährig ist.

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