Parteinahe Vereine kritisieren Koalition: Klimanetzwerk der SPD lehnt Koalitionsvertrag ab
In Sachen Klima ist die neue Regierung nicht ehrgeizig. Die parteinahen Klimavereine nehmen das Union und SPD unterschiedlich übel.

Er sei von der schwarz-roten Einigung „im Guten enttäuscht“, sagt der taz Thomas Heilmann, Vorsitzender der CDU-nahen KlimaUnion. „Es hätte viel schlimmer kommen können.“ Die Union stehe zu den Klimazielen. „Das liegt auch daran, dass Friedrich Merz daran festgehalten hat“, lobt Heilmann den CDU-Chef und designierten Kanzler. „Seine Anhänger haben gewackelt, er nicht.“
Kritik übt Heilmann am ausbleibenden Klimageld. Das sei allerdings kein Rückschritt im Vergleich zur Ampelregierung. Neue Gaskraftwerke, wie sie die Einigung vorsieht, hält er für überflüssig: „Sie sind teurer als die erneuerbaren Energien und Stromspeicher, da wünschen wir uns viel mehr freien Markt.“ Er könne den Koalitionsvertrag jedoch guten Gewissens vertreten.
Die KlimaUnion will künftig mitgestalten. „Bisher waren wir eine Oppositionsorganisation, die die Schwächen der Ampel beim Klimaschutz angegriffen hat“, sagt Heilmann. Jetzt gehe es verstärkt darum, in der eigenen Partei Einfluss zu nehmen und für mehr Klimaschutz zu werben.
Mehr Interesse am Klima
Das Interesse an der KlimaUnion sei in den letzten Monaten stark gewachsen, die Mitgliederzahl liege inzwischen bei „weit über 1000“, berichtet der Ex-Bundestagsabgeordnete, der zur Wahl 2025 nicht wieder antrat. „Wir werden unsere Partei und die Mandatsträger nicht über die Medien überzeugen, sondern im direkten Gespräch.“ Eine weitere Klima-NGO brauche es nicht, „davon gibt es ja schon genug“.
Der SPD-nahe Verein Klima.Gerecht hingegen lehnt wie die Jusos den Koalitionsvertrag ab. Dieser werde den derzeitigen Herausforderungen „in keiner Weise gerecht“, heißt es in einem Statement der 2021 von Klima-Aktivist*innen gegründeten Gruppe, das diese Woche veröffentlicht wurde.
Die SPD vertrete eine Einigung ohne „stimmigen Fahrplan, wie Deutschland von 2030 bis 2045 seine Klimaneutralität erreichen will und wie die Maßnahmen sozial gerecht implementiert werden sollen“. Der Verein fordert die Genoss*innen auf, gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen. Das Mitgliedervotum läuft noch bis zum 29. April.
Intern war die Entscheidung bei Klima.Gerecht umstritten. Es herrsche Einigkeit, dass der Klimaschutz nicht ernst genommen werde, sagt Annabel Schumacher, die sich unter anderem um politische Vernetzung kümmert: „Statt fossile Subventionen abzubauen, will die SPD zum Beispiel die Agrardieselsubvention wieder einführen und die Pendlerpauschale erhöhen.“ Auch Schumacher kritisiert den möglichen Bau von Gaskraftwerken und den fehlenden sozialen Ausgleich durch ein Klimageld.
Druck der Verantwortung
„Ich spüre aber auch die Verantwortung, dass 80 Millionen Deutsche bald eine Regierung bekommen“, so Schumacher. Das Klimanetzwerk zählt eigenen Angaben zufolge 200 Unterstützer*innen. Die Abstimmung gegen den Koalitionsvertrag unter den rund 30 aktiven Mitgliedern sei knapp ausgefallen.
Im Klimanetzwerk der SPD will man lauter werden. Schumacher fordert die Partei auf, ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis aufzuarbeiten, sich neu aufzustellen und nachzuverhandeln: „Soziale Gerechtigkeit, humanitäre und feministische Werte und wirksamer Klimaschutz müssen im Zentrum stehen.“
Sie sei motiviert, die Vereinsarbeit noch stärker in die SPD zu tragen. Ihre Gruppe pflege gute Kontakte zur Parteispitze, mit Generalsekretär Matthias Miersch habe man einen Klimapolitiker an entscheidender Stelle. „Sollte die SPD mitregieren, sind wir vorbereitet – die Erfahrung aus der Ampelzeit hilft.“ Für die KlimaUnion ist das Neuland. Sie muss jetzt beweisen, wie ernst es ihr mit den Klimazielen ist.
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