piwik no script img

Parteienforscher zur Linkspartei„Lafontaine ist immer da“

„Die Linke verliert den Aufmerksamkeitsmagneten“, sagt Parteienforscher Robert Lorenz. Lafontaine hat weiter Einfluss. Konflikte sind nicht ausgeschlossen.

Kein Kandidat: Auch ohne Bundestagsmandat hat Oskas Lafontaine beste Kontakte in der Linkspartei Bild: reuters

taz: Oskar Lafontaine verabschiedet sich vom Bundestag – was heißt das für die Linkspartei?

Robert Lorenz: Das ist ein großer Verlust. Die Partei verliert ihren Aufmerksamkeitsmagneten. Lafontaine hat mit seinen außergewöhnlichen Redefähigkeiten Wähler mobilisiert. Ohne ihn gäbe es die gesamtdeutsche Linkspartei ja gar nicht.

Die Linkspartei schrumpft nach Lafontaines Rückzug wieder zu einer reinen Ostpartei?

Die Linkspartei ist im Westen derzeit nur eine kleine, aber stabile Größe. Lafontaines Abgang wird daran nichts ändern. Die Linke wird auch bei der nächsten Wahl in den Bundestag kommen.

Ihr könnten aber auch drei bis vier Prozentpunkte fehlen – zur Freude der SPD: Die Wähler, die mit Lafontaine einst aus der SPD austraten, könnten zurückkehren?

Sicher, Oskar Lafontaine repräsentiert die Wähler, die 2005 zur WASG wechselten und 2007 mit der PDS zusammengingen. Aber aus der SPD sind schon lange vor ihm viele ausgetreten, die eine Alternative gesucht haben. Sie werden weiter die Linkspartei wählen. Auch im Westen muss man das linke Projekt noch lange nicht aufgeben.

Institut für Demokratieforschung
Im Interview: Robert Lorenz

29, beschäftigt sich am Göttinger Institut für Demokratieforschung mit der Entwicklung der Linken und ihrem Führungspersonal.

Kann jemand die Lücke füllen, die Oskar Lafontaine reißt?

Allenfalls der Spitzenkandidat der Linken, Gregor Gysi. Er hat ein ähnliches rhetorisches Talent. Man muss aber auch sehen, dass mancher froh sein wird, dass Lafontaine nicht in den Bundestag zurückwill. Denn er ist für die Linke nicht nur der gute Mann. Er war im Westen zwar ihr Gründungsvater, aber bundesweit auch ihr Spalter. Seit 2009 geht die Zahl der Wähler zurück.

Was hat Lafontaine falsch gemacht?

Die Landesvorsitzenden im Osten wollten sich von ihm nicht mehr alles sagen lassen, er hat Rivalitäten etwa mit dem „Reformer“ Dietmar Bartsch aufgebaut. Oskar Lafontaine ist nicht nur am Aufbau, sondern auch stark an der Zerrüttung der Partei beteiligt gewesen.

Also ist der Rückzug eher gut?

Lafontaine zieht sich ja nicht aus der Partei zurück, er ist immer noch präsent – schon allein durch seine Beziehung mit der stellvertretenden Vorsitzenden Sahra Wagenknecht. Es ist kaum vorstellbar, dass die beiden sich nicht über Politik austauschen. Künftige Konflikte und Rangeleien sind nicht ausgeschlossen. Lafontaine hat schon so oft mit dem Austritt kokettiert, aber konnte es noch nie so richtig lassen. Er ist immer da.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • V
    viccy

    Danke liebe Frau Gersmann, dass Sie den "Reformer" Bartsch mit Anführungsstrichen versehen haben! Wirklich danke!

  • A
    Allendorf

    Kaum zu glauben das Oskar nun freiwillige geht.Wenn das stimmt, wird es bei Freund und Feind viele geben die Ihm dann Ihren Danke ausdrücken werden. Aber Oskar Lafontain verzichtet nur auf eine Kandidatur, nicht auf seinen Einfluß. Der innerparteiliche Streit zwischen Ost und West dürfte durch den Kandidaturverzicht nicht befriedet werden. Was sagen eigentlich die aktuellen Umfragewerte zu den Wahlchancen mit oder ohne Oskar Lafontain?

  • WB
    Wolfgang Banse

    Es gibt auch ein Leben außerhalb des Bundestages,nach diesem Slogan verfährt der ehemalieg Ministerpräsident des Saarlandes und spätern Bundesmiister Oskar Lafontaine.

    Jeder Mensch ist durch einen andferen Mewnchen ersetzbar,so auch was Oskar Lafontaine angeht.

    Alles hat seine Zeit-die Linken hätten schon im Vorfeld als noch Oskar Lafontaiedas Zugpferd für die Partei war ,eine pptentielle Nachfolgerin,einen potentiellen Nachfolger aufbauen

    spllen.

  • I
    Irmi

    Gregor Gysi würde mir sehr gefallen, aber das verhindert man nun mit Hetzriraden er wäre ein Stasispitzel. Die Wagenknecht ist auch gut, die ist informiert und nicht auf den Mund gefallen. Leider die beiden allein können nichts bewirken. Was mich so stört an der Kanzlerin ist, die puscht enorm die Renten im Osten auf und wo das Leben richtig teuer ist im Westen besonders in Bayern gibt es Nullrunden. Man hat den Osten auf Kosten des Westens saniert auch die Renten im Osten, die haben zur Erinnererung die ganze Zeit der Mauer nicht einen Euro weder an Steuern noch an Rentenbeiträge gezahlt, aber leben bestens. Das muss aufhören.

    Die Renten an sich und die Renterhöhungen reichen nicht mal zum Überleben.

    Auch wenn man die Linken rein aus Protest wählen würde, sind sie nicht stark genug um etwas bewirken zu können. Sie werden daher reduziert darauf den aktuel Regierenden die Meinung zu sagen, das hilft uns Bürgern nichts.

    CDU/CSU Grüne, Gelbe, SPD nein danke