Parteiausschluss gescheitert: Höcke darf in der AfD bleiben
Das Thüringer Landesschiedsgericht hat abgelehnt, Björn Höcke aus der Partei auszuschließen. Jetzt ist der Bundesvorstand der AfD am Zug.
Was lange erwartet wurde, ist jetzt offiziell: Das Landesschiedsgericht der AfD in Thüringen hat das Parteiausschlussverfahren gegen Landeschef Björn Höcke abgelehnt. Das Urteil sei nach langer Prüfung am Montag gefallen, teilte der Landesverband am Mittwoch mit. Eine Wesensverwandschaft von Höckes Äußerungen mit dem Nationalsozialismus, die der damalige Bundesvorstand dem Thüringer in seinem Ausschlussantrag vorgeworfen hatte, seien nicht festzustellen. Der Bundesvorstand kann nun vor das Bundesschiedsgericht ziehen. Doch dass sich das Gremium dafür entscheiden wird, gilt als unwahrscheinlich.
Auf Initiative der ehemaligen Parteichefin Frauke Petry, die die AfD inzwischen verlassen hat, und der heutigen Fraktionschefin Alice Weidel beantragte der damalige Bundesvorstand im Februar 2017 mit Zweidrittelmehrheit den Parteiausschluss Höckes. Auslöser war dessen umstrittene Rede in Dresden, wo er mit Blick auf die NS-Zeit eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert und das Holocaust-Mahnmal doppeldeutig als „Mahnmal der Schande“ bezeichnet hatte.
Der Antrag aber geht weit darüber hinaus. Dort heißt es, Höcke weise in Publikationen und Reden „in vielerlei Einzelpunkten eine übergroße Nähe zum Nationalsozialismus“ auf, auch habe er unter dem Pseudonym Landolf Ladig für NPD-Publikationen geschrieben. Zudem ist von „egomanischen Ausfällen“ und einer „Ich-Orgie“ die Rede. Damit habe Höcke gegen die Ordnung der AfD verstoßen und der Partei geschadet.
Das Parteiausschlussverfahren war intern von Beginn an stark umstritten und führte die AfD an den Rand einer neuen Spaltung. Kritiker warfen Petry immer wieder vor, sie habe sich vor allem einen parteinternen Konkurrenten vom Hals schaffen wollen.
Ob der Bundesvorstand das Urteil akzeptiert, ist offen
Steffen Möller, Höckes Co-Vorsitzender im Landesverband, zeigte sich am Mittwoch erfreut. Schon im Februar 2017 habe der Landesvorstand die Entscheidung des Bundesvorstands scharf kritisiert und auf die mangelnden Erfolgsaussichten hingewiesen: „Der Antrag auf Parteiausschluss war allein machtpolitisch motiviert.“ Möller forderte den amtierenden Bundesvorstand auf, das Urteil „als Schlusstrich“ zu akzeptieren und „damit das nach Ende der ‚Petry-Ära‘ beschrittenen Weg eines kooperativen Miteinanders aller Strömungen fortzusetzen“.
Ob der Bundesvorstand das Thüringer Urteil akzeptieren oder dagegen vorgehen wird, ist noch offen. „Der Bundesvorstand muss sich jetzt mit der Urteilsbegründung befassen und entscheiden, welche Maßnahmen er ergreift“, sagte AfD-Vizechef Georg Pazderski der taz. Er selbst könne sich erst positionieren, wenn er das Urteil gelesen habe. Das sei bislang nicht der Fall.
Pazderski ist einer von jenen, der im Bundesvorstand für den Parteiausschluss Höckes votiert hatte und dem Gremium immer noch angehört. Dies gilt auch für Fraktionschefin Weidel, der Vizevorsitzenden der Fraktion, Beatrix von Storch, und Albrecht Glaser, wie Pazderski Vizechef der Partei. Sie alle haben es in letzter Zeit vermieden, sich zum Parteiausschluss Höckes offen zu positionieren – wohl auch, weil sie wiedergewählt werden wollten. Alexander Gauland und Jörg Meuthen dagegen, die beiden Parteichefs, haben sich stets von dem Antrag distanziert. Ein Parteiausschlussverfahren sei nicht angemessen und zudem schwer durchsetzbar, so ihr Argument.
Der Bundesvorstand hat nun, grob gesagt, drei Möglichkeiten: Er kann vor das Bundesschiedsgericht ziehen und das das Urteil aus Thüringen anfechten, also weiter für den Parteiausschluss Höckes streiten. Er kann eine andere Ordnungsmaßnahme gegen Höcke einleiten. Oder er kann schlicht nichts tun und das Urteil aus Thüringen, wie Möller es formuliert, als Schlusstrich sehen. Die Mitglieder des Bundesvorstands müssen sich jetzt positionieren.
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