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Parlamentswahlkampf in PakistanFatale Allianz mit den Fanatikern

Vor den Parlamentswahlen in Pakistan sind etablierten Politikern alle Mittel recht. Auch die Unterstützung berüchtigter islamistischer Terrorgruppen.

Immer wieder kommt es in Pakistan zu tödlichen Auseinandersetzungen zwischen der Armee und radikalen Islamisten. Bild: dpa

ISLAMABAD taz | Muhammad Ahmad Ludhianvi ist Chef einer verbotenen radikalislamischen Gruppe mit Beziehungen zu al-Qaida und kandidiert bei den Wahlen vom 11. Mai für einen Parlamentssitz. Er wolle einen islamischen Gottesstaat mit Anwendung der Scharia einrichten, sagt der Mullah der taz am Telefon. Seine sunnitische Gruppe tritt öffentlich mit Dschihad-Publikationen auf. Doch im Wahlkampf kann sie auf die Hilfe eine der stärksten politischen Parteien des Landes zählen: der PML-N des bisherigen Oppositionspolitikers Nawaz Sharif.

Einst hieß Ludhvianis Gruppe Sipa-e-Sahaba Pakistan (SSP). In ihren Hochburgen rufen Graffiti zum Hass oder gar Mord an Schiiten auf. Die SSP wurde 2002 verboten und tauchte später unter dem neuen Namen Ahle Sunnat Wal Jamaat wieder auf. Ihr bewaffneter Flügel ist Lashkar-e-Jhangvi (LeJ), eine der brutalsten Terrorgruppen Pakistans. LeJ pflegt enge Beziehungen zu al-Qaida und verübt regelmäßig Anschläge gegen Schiiten, die rund 20 Prozent der pakistanischen Bevölkerung ausmachen.

In diesem Jahr starben bei Anschlägen gegen Schiiten bereits über 250 Menschen. LeJ bekannte sich zu zwei großen Bombenanschlägen in Quetta mit fast 200 Toten. Ein weiterer großer Anschlag in Karatschi, zu dem LeJ sich nicht äußerte, tötete rund 50 Menschen. Offiziell leugnet Ludhianvis Gruppe Verbindungen zu LeJ.

Die PML-N hat ihr Stammland in der Provinz Punjab, braucht aber in gewissen Wahlkreisen die Stimmen der Anhänger von Ahle Sunnat Wal Jamaat. Diese ist in manchen Orten des Zentralpunjab so tief verankert, dass sie alle Schlüsselpositionen des öffentlichen Lebens innehat, vom geistlichen Oberhaupt bis zum Dorfältesten.

Gegenseitige Unterstützung vereinbart

Sharif war in den 90er Jahren schon zweimal Premierminister und hat laut Umfragen jetzt gute Chancen, wieder an die Macht zu kommen. Seine Partei verneint, mit Extremisten geheime Allianzen zu schmieden. Doch Ludhianvi bestätigt, dass er mit Sharifs Parteiführung die gegenseitige Unterstützung gewisser Kandidaten vereinbart hat. Als größte Partei im Punjab eigne sich die PML-N gut für Allianzen, sagt der Mullah. Und zudem sei Nawaz Sharif ein guter Muslim, genauso wie sein Bruder Shabaz Sharif. Der stand der bisherigen Provinzregierung vor.

Politisch-religiöse Allianzen haben in Pakistan Tradition. Denn die Moschee bildet für viele Menschen das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, und der lokale Mullah hat großen Einfluss auf die Meinungsbildung.

„Religiöse Parteien verstehen es, die Massen zu mobilisieren, was vor Wahlen stets für politische Zwecke ausgenutzt wird“, sagt der Politikanalyst Raza Rumi. Selbst wegen terroristischer Aktivitäten verbotene islamistische Gruppen werden zu solchen Zweckallianzen genutzt.

Jetzt fürchten viele, dass die ohnehin steigende Zahl von Terroranschlägen gegen Schiiten und religiöse Minderheiten in Pakistan noch weiter zunehmen wird. Punjabs oberster Polizeichef warnte schon im Januar in einem Schreiben an die Zentralregierung, dass eine Wahlallianz zwischen Ahle Sunnat Wal Jamaat und PML-N zu vermehrter sektiererischer Gewalt führen könne.

Die Massen mobilisieren

Religiöse Parteien und Gruppierungen sind bei Parlamentswahlen in der Regel wenig erfolgreich. Aber viel wichtiger als deren Rolle in der Politik sei deren Einfluss auf die Grundwerte in der Gesellschaft und deren Fähigkeit, die Massen zu mobilisieren, sagen manche Beobachter.

„Werden Allianzen mit gewalttätigen sektiererischen Gruppen eingegangen, gibt ihnen das Legitimität und einen gewissen Unterhalt, auch wenn sie politisch nur am Rande eine Rolle spielen“, sagt Analyst Rumi. Das sei gefährlich, weil sich so die sektiererischen Ideologien langsam in der Gesellschaft verbreiteten und es schwierig werde, sie anzufechten. Denn Politiker und Journalisten hätten Angst vor gewaltsamer Rache.

So wagen auch die anderen Parteien nicht, gegen LeJ vorzugehen. Weder die Pakistanische Volkspartei, die die bisherige Regierung führte, noch ihre Koalitionspartner nannten LeJ beim Namen, als die Gruppe kürzlich die Verantwortung für zwei Anschläge gegen Schiiten in Quetta übernahm. „Die säkularen Stimmen sind so schwach und haben nicht einmal versucht, die Fundamentalisten zu stoppen“, sagt der liberale Kolumnist und Atomwissenschaftler Pervez Hoodbhoy. „Der Staat kapituliert einfach.“

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