Parlamentswahlen in El Salvador: Machtlose Opposition
In El Salvador gewinnt die Partei des Präsidenten die absolute Mehrheit im Parlament. Ab jetzt kann Nayib Bukele ungehindert durchregieren.
Die beiden einst dominierenden Parteien konnten nur Bruchteile dieses Ergebnisses einfahren. Für die rechte Arena-Partei stimmten elf Prozent, die aus der linken Guerilla hervorgegangene FMLN kam auf knapp sieben Prozent.
Den Zahlen zufolge, die das Wahlgericht am Montag bekannt gab, kann Bukele jetzt durchregieren. Bislang dominierten oppositionelle Parteien das Abgeordnetenhaus und konnten den Präsidenten bei seinen autoritären Dekreten ausbremsen. Auch der Oberste Gerichtshof setzte Bukele Grenzen. Doch künftig wird Nuevas Ideas 56 der 84 Sitze des Parlaments besetzen und kann damit nicht nur den Generalstaatsanwalt und ein Drittel der Richter des Obersten Gerichtshofs ernennen, sondern auch die Verfassung ändern.
Für solche Schritte brauchen Bukeles Abgeordnete nicht einmal mehr die Unterstützung ihres Koalitionspartners, der rechtsextremen Nationalen Allianz GANA, die etwa 5,5 Prozent der Stimmen verbuchen konnte. Auch in den Kommunen, wo ebenfalls gewählt wurde, liegen die „Neuen Ideen“ deutlich vorne.
Bukeles repressives Vorgehen zeigt Erfolge
„Darauf hat unser Volk 40 Jahre gewartet“, schrieb der Präsident selbstbewusst. Schon vor der Wahl konnte er auf eine Unterstützung von mindestens 70 Prozent der Bevölkerung zählen. Diese Mehrheit stört sich offenbar nicht daran, dass der 39-Jährige fast nur über Twitter kommuniziert, die Presse attackiert und auf demokratische Institutionen keine Rücksicht nimmt.
Im Februar 2020 mobilisierte Bukele Soldaten ins Parlament, um einen Kredit für ein Sicherheitspaket abzusegnen, mit dem er kriminelle Gangs bekämpfen wollte. Das Abgeordnetenhaus wertete die Aktion als „versuchten Staatsstreich“.
Drei Monate später ignorierte er die Forderung des Parlaments, seine scharfen Coronamaßnahmen zurückzunehmen. Auch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs befolgte er nicht. Die Richter hatten eine umstrittene Anordnung des Präsidenten für rechtswidrig erklärt, nach der Personen bis zu 30 Tage in Corona-Internierungslager gesteckt wurden, die sich unerlaubt auf der Straße bewegten. Der Staatschef ließ die Polizeikontrollen indes noch verschärfen.
Doch Bukeles repressives Vorgehen zeigte Erfolge. El Salvador hat im lateinamerikanischen Vergleich wenige Coronatote. Auch die Gewalt konnte der Präsident eindämmen. Zu Beginn seiner Amtszeit im Juni 2019 starben noch 50 von 100.000 Menschen eines gewaltsamen Todes, jetzt sind es 19.
Ob die gesunkene Mordrate jedoch nur der massiven Militärpräsenz und dem brutalen Vorgehen gegen die in Gefängnissen einsitzenden Mitglieder der kriminellen Banden, der „Maras“, zu verdanken ist, ist umstritten. Recherchen der Internet-Plattform El Faro zufolge hat dazu auch ein Pakt zwischen Bukele und den Maras beigetragen. Auffällig war jedenfalls, dass jetzt erstmals das Thema Gewalt nicht zu den zentralen Parolen in Wahlkampf zählte.
Der Triumph von Bukeles Nuevas Ideas ist zugleich eine Absage an das Zweiparteien-System, das sich nach dem Ende des Bürgerkriegs 1992 etabliert hatte. Sowohl die rechte Arena als auch die Ex-Guerilleros der FMLN konnten den alltäglichen Terror der Maras nicht stoppen. Auch mit Blick auf die Korruption haben die Parteien Bukele eine Steilvorlage geliefert: Drei der vier Präsidenten, die sie in den letzten Legislaturperioden gestellt hatten, sitzen im Gefängnis oder sind flüchtig, weil sie die Staatskassen geplündert haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund