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Parlamentswahl in der UkraineLinke dürfen nicht mehr mitspielen

Die Partei des ehemaligen Gouverneurs von Odessa Michail Saakaschwili wurde von der ukrainischen Parlamentswahl ausgeschlossen.

Ausgesperrt – Michail Saakaschwilis Partei darf nicht an ukrainischen Parlamentswahlen teilnehmen Foto: imago images

Kiew taz | Wer versucht es noch? Am heutigen Dienstag endet die Anmeldefrist für die Kandidaten der am 21. Juli stattfindenden vorgezogenen ukrainischen Parlamentswahlen. Bereits jetzt haben sich über 3.300 Kandidaten für das Rennen um die 424 Sitze bei der zentralen Wahlbehörde eingetragen. In der Ukraine gilt ein gemischtes Wahlrecht, demzufolge eine Hälfte der Abgeordneten über Listen, die andere über Direktmandate in das Parlament einzieht.

Doch die Listen der Parteien Bewegung neuer Kräfte des früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili, der Union der linken Kräfte und der Kommunistischen Partei wurden nicht zugelassen. Die Partei von Saakaschwili, so die ­Wahlbehörde, habe bereits an einem Parteitag am 8. Mai verschiedene Fragen eines Antritts der Partei bei den Wahlen behandelt. Da jedoch der präsidiale Erlass über vorgezogene Neuwahlen erst am 21. Mai ergangen sei, sei Saakaschwilis Partei nicht berechtigt gewesen, bereits zu diesem Zeitpunkt die Wahlen betreffende Fragen zu erörtern.

Die Ablehnung von Kommunisten und Union linker Kräfte, so die Zeitung Dserkalo Tischnja, sei nicht begründet worden. Beide Parteien stuft das Blatt als „prorussisch“ ein, würden sie doch für die Wiederbelebung freundschaftlicher Beziehungen mit Russland, einen staatlichen Status der russischen Sprache und gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine in der EU und Nato eintreten.

Das Portal Swoboda berichtet, der Grund für die Ablehnung der Kommunistischen Partei sei deren Verwendung sowjetischer Symbolik gewesen. Saakaschwili machte seinen Widersacher, Ex-Präsident Petro Poroschenko, für den Ausschluss seiner Partei von den Wahlen verantwortlich. Die Wahlkommission sei unter Poroschenko eingerichtet worden. „Nun wird bei den Parlamentswahlen keine einzige linke Partei antreten, lediglich in einigen Direktwahlkreisen wird es linke Bewerber geben“, kommentierte der unabhängige linke Politologe Wolodimir Ischtschenko auf seiner Facebook-Seite den Ausschluss von Kommunisten und Union linker Kräfte von den Wahlen.

Wahlkampf von Mord überschattet

Mit einem Paukenschlag hatte die Antrittsrede des neuen ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski am 20. Mai geendet, als dieser die Auflösung des Parlamentes angekündigt hatte. Machtpolitisch gesehen ergibt dieser Schritt für Selenski Sinn. Das derzeitige Parlament steht ihm feindselig gegenüber. Wenn er seine hohen Zustimmungsraten bis zu den Wahlen hinüberretten kann, ist ihm sogar eine absolute Mehrheit im neuen Parlament sicher. Damit ließe sich bequem regieren.

Jüngste Umfragen sehen die Partei des Präsidenten Diener des Volkes bei knapp 50 Prozent. Doch 62 Abgeordnete hatten beim Verfassungsgericht gegen den Erlass für vorzeitige Neuwahlen geklagt. Der Präsident dürfe nur einen Monat nach dem Ende einer Regierung das Parlament auflösen, hatten sie argumentiert. Tatsächlich hatte die Partei Volksfront die Regierungskoalition am 17. Mai verlassen. Dies bedeute, der Erlass des Präsidenten vom 21. Mai sei nicht rechtmäßig, so die Kläger. Die Vertreter Selenskis hatten argumentiert, es gebe seit Anfang 2016, als drei kleine Parteien die Koalition verlassen hatten, keine mehrheitsfähige Regierung mehr.

Das Gericht entschied, der Erlass zur Auflösung des Parlamentes sei verfassungskonform. Unterdessen wird der Wahlkampf von einem Mord erschüttert. Am Sonntag verstarb Olexandr Komarnizky, ein Mitarbeiter des Vorsitzenden der Partei Zivilgesellschaftliche Position, Anatolij Grizenko, nach einem 12-tägigen Koma. Gegen den Polizisten, der Komarnizky ins Koma geprügelt hatte, wurde Anklage erhoben.

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21 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die Bereitschaft zum Debattieren scheint bei diesem Thema ziemlich rudimentär zu sein.

    Lieber die Abhandlung auf der Vergleichsebene zwischen Selenskis Ukraine und Putins Russland nach dem Prinzip Äpfel und Glühbirnen im Vergleich.

    Gähn. Gibt es auch Foristen, die diese Maßnahme in der Ukraine kommentieren können/ wollen, ohne einen Schlenker nach Nordosten zu machen?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Schluss mit lustig.

    Überholt der neue ukrainische Machthaber und frühere Spaßmacher jetzt den alten auf der rechten Flanke?

    Respekt. Da gibt es bestimmt auch hierzulande etwas zu feiern.

    Überforderung ist verzeihlich, fortgesetzte Dummheit aus Machtkalkül weniger.

  • Warum reden die Freunde der Oligarchen, Faschisten und Kriegstreiber stets von Putin, wenn es um die Verhältnisse in der Ukraine geht, wo linke Parteien nicht zu den Wahlen antreten dürfen und kritische Journalisten umgelegt werden?



    Warum beschäftigen sie sich nicht mit diesem durch und durch korrupten Land, in dem deutlich mehr kritische Stimmen "beseitigt" werden als in Russland, das ebenfalls kein Vorbild an Demokratie ist?



    Ja, ja, die Grünen lieben die Ukraine. Und die CDU auch. Aber reicht das?

    • @Rolf B.:

      " diesem durch und durch korrupten Land, in dem deutlich mehr kritische Stimmen "beseitigt" werden als in Russland"

      Haben Sie irgendeinen Beleg für diese steile These? Allein die Tatsache, dass es in Russland praktische keine politische Opposition oder regierungskritische Presse gibt zeigt doch, dass die meisten kritischen Stimmen zum schweigen gebracht wurden.



      In der Ukraine gibt es immerhin genügend davon, um einen demokratischen Machtwechsel zu schaffen.

      Warum ständig dieses undifferenzierte Ukrainebasching?

      • @Horst Horstmann:

        Im Gegensatz zur Ukraine wird jeder auch noch so nationalistische, antidemokratische Oppositionelle, der mit der russischen Justiz in Konflikt gerät, von unseren Qualitätsmedien als heroischer Kämpfer dargestellt. Ermorderte Journalisten in der Ukraine finden in den deutschen Qualitätsmedien hingegen kaum Erwähnung. Meine steile These ist die, dass massenhaft junge Menschen die Ukraine verlassen, weil das Leben dort -freundlich ausgedrückt- perspektivlos ist und die Strukturen dort trostlos sind. Die Milliarden, die Deutschland über die EU in die Ukraine pumpt, dienen ausschließlich der Pflege des kalten Krieges im Sinne der Nato.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Kein Weg, um für Demokratie zu werben.

  • Eine ehrlichere Lösung als die, von Merkel ja gerne verkaufte, Alternative ("um weiterhin mit D zusammenzuarbeiten" namens "Koalition"...bis die linke Schwarte kracht" ....Unglaublich ist es auf jeden Fall. Ukraine wäre eher als türkische Provinz geeignet!

  • Die Demokratie in der Ukraine macht echt Fortschritte :-)

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die Demokratie in der Ukraine funktioniert besser als die in Russland unter Putin.

      • @Sven Günther:

        Unwesentlich. Als kritischer Journalist lebt man in beiden Ländern gefährlich.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Einen demokratischen Machtwechsel und vielfältiges Parteienspektrum würde ich nicht als "unwesentlich" bezeichnen.

          • @Horst Horstmann:

            Es wurde ein Komiker gewählt, weil die Politiker völlig versagt haben. Eine gesunde Demokratie sieht anders aus.

            Und der Machtwechsel fand auch hauptsächlich deshalb satt, weil alle Tricks nicht mehr geholfen haben.

            Es wäre illusorisch, darüber hinweg zu schauen.

      • @Sven Günther:

        Schwacher Vergleich...

        • @Michi W...:

          Nein, schwache Demokratie in Russland.

          Der Vergleich ist legitim, da die meisten Kritiker der Ukraine die Situation in Russland sehr wohlwollend beurteilen.

          • @Horst Horstmann:

            Nein. Russland will nicht in die EU.

            Ansonsten. Nette Unterstellung, um Kritiker mundtot zu machen.

          • @Horst Horstmann:

            @Horst Horstmann: "[...]die meisten Kritiker der Ukraine die Situation in Russland sehr wohlwollend beurteilen."

            Das ist doch Quatsch.

            Jeder weiß dass "die Situation" in Russland alles andere als gut ist.

            Nur weil jemand die Situation in der Ukraine (zurecht) kritisiert, sieht er die (vergleichbare) Situation in Russland doch nicht "wohlwollend" ... eher genau das Gegenteil ist der Fall (weil beide Staaten ja "failed" sind).

        • @Michi W...:

          Logischer Vergleich, Bezugsländer für die Entwicklung der Ukraine sind Georgien, Russland oder Weißrussland, nicht Deutschland oder Frankreich.

          • @Sven Günther:

            Wer in die EU will, muss EU Standards erfüllen. Nicht Putins.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Wir nehmen doch nicht die Ukraine in die EU auf.

              Das sind Wunschträume einige Leute, die die Kräfte der EU zur Integration solcher Länder wie der Ukraine völlig überschätzen, schon bei Bulgarien oder Rumänien ist die EU faktisch gescheitert, die Ukraine wäre noch viel schwieriger und viel teurer.

              • @Sven Günther:

                "Wir nehmen doch nicht die Ukraine in die EU auf."

                Mal eine ehrliche Aussage. Aber die Menschen in der Ukraine werden mit dem Versprechen geködert. Man kann auch sagen, sie werden betrogen.

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  In Bruxelles läuft eben auch der ein oder andere Tagträumer herum, siehe jetzige Gespräche mit Mazedonien.