Parität im Bundestag: Frauenrat appelliert an Fraktionen
Das aktuelle Wahlrecht benachteiligt Frauen, sagt der Frauenrat – und nennt es einen „ständigen Verfassungsbruch“.
„Ich will von den Trippelschritten weg. Ich bin es leid, hier noch ein Qötchen, dort noch ein Qötchen einzuführen. Wir brauchen eine Verfassung, die Ungleichheit abbaut“, sagte die erste Frauenministerin auf Bundesebene und ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) bei einer Veranstaltung des Deutschen Frauenrats am Mittwoch. Das aktuelle Wahlrecht sei in Bezug auf den Gleichberechtigungsgrundsatz Artikel 3 im Grundgesetz ein „ständiger Verfassungsbruch.“
Der Frauenrat, der mit rund 60 Mitgliedsverbänden die größte Frauenlobbyorganisation in Deutschland ist, hatte im Januar eine Kampagne mit dem Ziel der Geschlechterparität auf Bundesebene ins Rollen gebracht. Angesichts der ernüchternd ungleichen Verhältnisse in der deutschen Politik fordert er unter dem Slogan „Mehr Frauen in die Parlamente!“ eine Wahlrechtsreform sowohl in Bezug auf Listen- als auch auf Direktmandate.
Zunächst war die Kampagne an die parallel arbeitende Kommission von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble für eine Reform des Wahlrechts gekoppelt, die zum Ziel hatte, den Bundestag zu verkleinern. Im April allerdings scheiterte der Vorschlag der Kommission. Anders als erhofft hatte Parität aber ohnehin keine Rolle in dem Vorschlag gespielt.
„Wenn sich die Fraktionen nicht einigen können, was die Größe des Bundestags angeht, heißt das noch lange nicht, dass es auch in der Frage der Parität keine Einigung gibt“, sagte nun die ehemalige Staatssekretärin der SPD und Leiterin des Fachausschusses Parität in Parlamenten und Politik im Vorstand des Deutschen Frauenrats, Elke Ferner. So kündigte eine interfraktionelle Gruppe von Frauen, die sich seit Februar trifft, am Donnerstag vergangener Woche an, eine Kommission einsetzen zu lassen, die sich mit dem Thema „Mehr Frauen in den Bundestag“ beschäftigt.
Wie die Kommission besetzt ist und was genau sie erarbeiten solle, entscheide sich in den nächsten Wochen, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Bundestag, Ulle Schauws, der taz. Noch in dieser Legislatur, so die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cornelia Möhring, solle es zu einer Einigung kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl