Papstbesuch im Heiligen Land: Außerhalb des Protokolls
Papst Franziskus beendet seinen Besuch in Jordanien, im Westjordanland und in Israel. Vieles war improvisiert und fand jenseits des Programms statt.
JERUSALEM taz | Die interessantesten Momente des 30-stündigen Marathons von Papst Franziskus im Heiligen Land sind die außerhalb des Protokolls. Nicht vorgesehen im Programm der dreitägigen Nahost-Reise, die am Montag zu Ende ging, war das Gebet des Kirchenoberhaupts an der Trennmauer in Bethlehem im Westjordanland. Ebenso wenig war seine Einladung an die Präsidenten Schimon Peres und Mahmud Abbas zum gemeinsamen Friedensgebet in Rom geplant. Auch sein Plädoyer gegen Terror, als der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an der Gedenktafel für die Terror-Opfer Stopp machte, war improvisiert.
Schritt auf Schritt begleiteten Hunderte Sicherheitsleute den Papst. Das enggestrickte Programm von Franziskus umfasste Empfänge, Messen, Treffen mit den jüdischen und muslimischen Religionsführern und nicht zuletzt Gespräche mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel, denen die Reise galt. Franziskus und Bartholomaios knüpften an das Treffen vor 50 Jahren an, als sich zum ersten Mal nach der Spaltung der Kirchen Papst Paul VI. und der orthodoxe Patriarch Athenagoras in Jerusalem trafen.
Auf eigenen Wunsch brachte der Papst zwei langjährige Freunde aus Argentinien mit. Der Rabbiner Abraham Skorka und der Islamgelehrte aus Buenos, Aires Omar Abboud, nahmen Franziskus für einen kurzen Moment vor der jüdischen Klagemauer gemeinsam in die Arme und gaben so das Signal, dass Verständigung und ein Miteinander der Religionen möglich ist.
Immer wieder ging es um den Frieden und die Hoffnung, der Besuch des Papstes möge neue Anstöße geben. Letztendlich verfolgten Palästinenser und Israelis aber doch ihre eigene Agenda und versuchten, dem Papst und der Öffentlichkeit die eigene Position zu vermitteln.
Von einem „palästinensischen Sieg“ schrieb die liberale Zeitung Ha’aretz am Montag. Der Direktflug von Amman nach Bethlehem ohne Zwischenstopp in Tel Aviv und ohne israelische Grenzkontrolle gehört dazu. Noch wichtiger war das Gebet des Papstes an der Trennmauer, die Israel vor gut zehn Jahren als Anti-Terror-Maßnahme in der Stadt errichten ließ.
Für die Israelis standen zwei Tage nach dem tödlichen Attentat auf das jüdische Museum in Brüssel Terror und Antisemitismus ganz oben auf der Agenda. „Der größte Widerspruch“, so meinte Peres, „besteht zwischen Glauben und Mord.“
Die arabischen Christen in Israel hatten nur während der großen Messe in Bethlehem Gelegenheit, den Papst zu sehen. Ein Besuch von Franziskus in Nazareth war aus Zeitgründen nicht geplant, und in Jerusalem hielten massive Sicherheitsvorkehrungen Gläubige und Schaulustige auf Abstand. Das christliche Viertel in der Altstadt war wie leergefegt. Auf den Dächern rings um die Grabeskirche und den Tempelberg standen anstelle jubelnder Zivilisten israelische Scharfschützen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos