piwik no script img

Panne beim LivestreamDie Fingernägel der „FAZ“

Beim „FAZ“-Livestream am Wahlabend war das Mikrofon zu früh scharf. Die Journalisten lästerten on air über Manuela Schwesig.

Notizen bereit? Sitzt die Frisur? Mikro an? Was, das war schon die ganze Zeit an? Foto: reuters

Bei so einem aufwändig vorbereiteten und minutiös durchgeplanten Medienevent wie dem Wahlabend machen vor allem die Pannen Spaß. Nicht nur, weil man sich freuen kann, dass man selber nicht gepatzt hat – sondern auch, weil man ein bisschen was über den Typus Journalist lernt.

Zwei FAZ-Journalisten zum Beispiel haben sich am Wahlabend die Blöße gegeben, weil kurz vor Beginn ihres Livestreams das Mikrofon bereits angeschaltet war. So sendete der faz.net live den Vorbereitungs-Plausch von Inlandspolitik-Chef Jasper von Altenbockum und Digital-Chef Matthias Müller von Blumencron. Das Branchenportal Turi2 zeichnete die Unterhaltung auf und stellte einen Zusammenschnitt ins Netz.

In der Aufnahme wird am Mikro rumgewerkelt (die Journalisten vergewissern sich, dass sie „ganz dicht ran“ müssen), mit Notizen geraschelt („Stimmt das alles so, was ich da am Anfang sage?“) und ein bisschen gespaßt, für die gute Stimmung und gegen die Nervosität („Das ist die 50. Bundestagswahl für die FAZ, seit 1893“). Schön ist hingegen nicht, dass es dann plötzlich um „die blöde Schwesig“ ging, die vielleicht einen Posten von Martin Schulz übernehmen würde. Das ist unfein, aber mag als Ausrutscher noch durchgehen – man wähnte sich ja unter sich.

Abschließend checken dann alle noch mal ihre Fingernägel nach Dreck („Sieht man nicht“) und der Stream kann losgehen. Was lernen wir daraus? Außer, dass Nagelpflege bei der FAZ noch nicht zum Rundum-Wohlfühlprogramm gehört und die Kollegen Manuela Schwesig doof finden? Wir lernen erstens: dass Journalisten kurz vor der Liveschalte nervös sind (was sie menschlich macht). Zweitens: dass sie nochmal ihre Fakten checken (was beruhigt). Und drittens: Man sollte immer, immer davon ausgehen, dass man gerade auf Sendung ist.

Lesen Sie mehr zur Bundestagswahl 2017 in unserem Schwerpunkt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • @mowgli

    Seit wann hat seriöser Journalismus nur mit Mikrofonen zu tun? Das meiste ist immer noch geschrieben und gelesen.

    Doch, wenn ein Mikro in der Nähe ist, sollte man davon ausgehen auf Sendung zu sein. Auch das Mikro vom Telefon, vom tablet und vom notebook. ;) Besser abschalten. Es könnte jemand mithören. Ist so, wir haben uns alle freiwillig verwanzt. Sogar mein Auto kann mithören, wenn ich unterwegs schräg singe.

  • "Nicht nur, weil man sich freuen kann, dass man selber nicht gepatzt hat – sondern auch, weil man ein bisschen was über den Typus Journalist." Kommt da noch ein Verb? :)

    • @dasOimel:

      Nö - Gepatzt!;)

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Eben doch:

        lernt

  • Zitat: "Und drittens: Man sollte immer, immer davon ausgehen, dass man gerade auf Sendung ist."

     

    Falsch. Ganz falsch. Es wäre in höchstem Maße unmenschlich, zu jeder Tages- und Nachtzeit davon ausgehen zu müssen, dass man „auf Sendung“ ist, werter Peter Weißenburger. Über kurz oder lang würde das jeden halbwegs seriösen Journalismus unmöglich machen – mit allen negativen Folgen, die sich daraus ergeben würden. So, wie es jede halbwegs seriöse Politik unmöglich macht, wenn man sich als Politiker wegen jedes im privaten Rahmen gesprochenen Halbsatzes der öffentlichen Steinigung ausgesetzt sehen kann. Das menschliche Nervenkostüm ist einem Dauer-Alarmismus einfach nicht gewachsen. Wollen wir wetten?

     

    Nein, dafür hat Nietzsche Gott nicht stellvertretend für uns alle begraben, dass wir den Kerl anschließend ersetzen durch eine unheilige Dreieinigkeit aus faz.net, Turi2 und Youtube. Und übrigens: Mein Mitleid mit jenen Narzissten, die sich einbilden, sie würden es nicht überleben, wenn es an einem einzelnen Sonntag im September mal nicht um sie und ihre großartigen Entertainer-Fähigkeiten geht, hält sich in engen Grenzen. An Langeweile, schließlich, ist meines Wissens noch nie jemand gestorben.