piwik no script img

Panik um den Euro in der CoronakriseKeine Probleme dazuerfinden

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Wirtschaftskrise durch Corona wird einzigartig werden. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Italien geht nicht pleite, der Euro bleibt stabil.

Venedig am 10. März: Es ist unsinnig, Italiens Pleite zu befürchten Foto: Manuel Silvestri/reuters

D ie Corona-Epidemie weckt viele Ängste – aber zum Glück sind einige davon überflüssig. Um also zur Abwechslung mit guten Nachrichten anzufangen: Italien wird nicht pleitegehen. Es stimmt zwar, dass dort viele Fabriken stillstehen, der Tourismus versiegt und alle Restaurants schließen mussten. Die italienische Staatsverschuldung wird also steigen, weil die Regierung in Rom Firmen und Banken helfen muss, die durch die Coronakrise in Bedrängnis geraten.

Trotzdem ist es unsinnig, eine Pleite Italiens zu befürchten. Das Land kann seine Schulden mühelos bedienen, solange die Zinsen niedrig sind. Und über die Zinsen entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB), die an diesem Donnerstag signalisiert hat, dass sie zu undogmatischen Entscheidungen bereit ist. Notfalls könnte die EZB einfach italienische Staatsanleihen aufkaufen, um die Zinsen nach unten zu drücken.

Abwegig ist auch die Sorge, die weltweiten Finanzanleger könnten auf den Gedanken verfallen, gegen den Euro zu spekulieren. Denn wo, bitte schön, sollten die Investoren ihr Geld alternativ anlegen? Die ganze Welt wird vom Coronavirus heimgesucht. Besonders unattraktiv dürfte es sein, in den Dollar auszuweichen, denn die USA haben viel zu spät bemerkt, dass man die Corona-Epidemie ernst nehmen muss. Der Euro wird also stabil bleiben.

Wenig bedrohlich ist auch, dass die Aktienkurse fallen und jetzt wieder auf dem niedrigsten Stand seit vier Jahren angekommen sind. Die Korrektur an den Börsen verbrennt nur Finanzvermögen, das sowieso weitgehend fiktiv war.

Weitere gute Nachrichten gibt es leider im Moment nicht. Die Corona-Epidemie verursacht eine Wirtschaftskrise, die einzigartig in der Geschichte des Kapitalismus ist. Noch nie hat ein Erreger die globale Produktion lahmgelegt, was für eine Exportnation wie Deutschland besonders bedrohlich ist.

Doch gerade weil die Herausforderungen derzeit so groß sind, sollte man keine zusätzlichen Probleme erfinden. Eine Pleite Italiens wird es genauso wenig geben wie einen allzu schwachen Euro.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Mehr zum Thema

30 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • NeNeNe...Der Kapitalismus hat noch nie Krisensituationen zu seinen Gunsten ausgenutzt. Alles gut, alles im Griff, "Alles Paletti"!



    Und übrigens sind die Entwicklungen gar nicht so neu: In der "AIDS-Krise" wurden auch alle möglichen Säue durchs Dorf gejagt (verschwörerisch, rassistisch, ignorant, Ende der Menscheheit usw.) während wesentlich mehr Menschen an unserem "Weiter so" zu Grunde gingen und gehen...Aber wenn wir mal dran sind, hört halt der Spass schnell auf!

     

    Kommentar bearbeitet. Bitte wenden Sie sich mit Fragen und Kritik zur Moderation direkt an die Kommune.



    Die Moderation

  • Wenn EZB schon, angesichts Coronavirus Pandemie, italienische wie andere Staatsanleihen wirtschaftlich angeblich stabilerer EU Länder aufkaufen soll, wie Ulrike Herrmann meint, mit diesen am Sekundärmarkt profitabel zu handeln, warum nimmt sie da nicht Bundesregierung in die Pflicht, endlich Einführung eines Eurobonds ihr Plazet zu geben, damit Spekulation auf den € in seinen wirtschaftlich mit unterschiedlichem Ranking bewerteten Regionen, aufhört?

    Ich erlebe gegenwärtigen Crash an Aktienmärkten nicht als Folge der Coronavirus Pandemie, mehr als Teil eines Währungskrieges, ausgelöst durch Protektionismus der Donald Trump Administration seit 2017, angesichts horrender Staatsverschuldung der USA im Ausland in Billionen $ Höhe, gepaart mit Millionen überschuldeter Privathaushalte, Millionen US Studenten, die auf teuren Krediten für Finanzierung ihres Studiums sitzen, US Dollar auf Biegen und Brechen von Handelsverträgen, Abkehr von freiem Handel, Wandel, Verkehr Personen, Güter, Dienstleistungen, nach unten zu prügeln, sich über Inflation zulasten übriger Welthandelspartner zu entschulden, wie die US dies nach dem US Vietnamkrieg 1962-1975 dessen horrende Kosten problemlos getan haben.

    Seit Einführung des € 1998-2002, Japan, China als wirtschaftliche Großmächte und diesen Währungsräumen mit monetärem Gegengewicht, ist das, wenn überhaupt, nur mit Spekulation auf Crash Basis darstellbar und da nur kurzfristig, weil diese großen Währungen nachziehen, ihre Währung im Kurs zu drücken.

    Ich erwarte eher, dass der € Kurs dadurch steigt, statt fällt.

    Speziell ist, dass Saudi Arabien aktuell als großer Player an Weltbörsen agiert, durch Verkauf von Unternehmensanteilen in USA, Europa, Japan, China, Südkorea Cash zu generieren, weil dessen Staatshaushalt, angesichts Verschuldung durch Waffenkäufe für Krieg in Jemen, Syrien, Afghanistan, Libyen. Alimentieren eigener Bevölkerung, ins Defizit gerät.

  • Unternehmen gehen Pleite. Ein Staat ist kein Unternehmen. Es sei denn, er wird wie ein Unternehmen geführt, unterwirft sich ökonomischen Kriterien und betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, privatisiert seine originären Aufgaben der Daseinsvorsorge (Gesundheit, Bildung Verwaltung...), oder veräußert seinen Staatsbesitz und seine Infrastrukturen an private Unternehmen. Aber auch dann geht der Staat nicht Pleite, es haftet der Staatsbürger mit seinen Steuerzahlungen aus Arbeitsleistung. Den Staat bilden die BürgerInnen eines demokratischen Landes.

    Wir erleben gerade, welche Konsequenzen die Privatisierung und die rein betriebswirtschaftliche Ausrichtung im Gesundheitswesen haben. Medizinische Versorgung wird an den Börsen gehandelt! Rentabilität ist das alles entscheidende Kriterium. Vom betriebswirtschaftlich begründeten Abbau von Krankenhaus Betten, unzureichende Kapazitäten in der Fläche, Zeitvorgaben für Behandlung und Pflege, Patienten- und Medikamentkontingente nach Quartalen, fehlendes Personal und deren Überbelastung wegen des Kostenfaktors Löhne und Gehälter...

    Was für das Gesundheitswesen gilt, gilt auch für andere Teile staatlicher Aufgaben und Strukturen.

    • @Drabiniok Dieter:

      PS: Die zusätzlichen Steuermilliarden werden auf den Konten der Besitzer von Aktien von Krankenhäusern, Pharmaindustrie und Medizinausstattung landen. Sie werden von Corona profitieren.

  • Es ist gut, wenn die TAZ schreibt. Warum auch nicht? Aber die wilden Spekulationen sind nicht anbebracht. Erst einmal abwarten, man muss nichts schwarz malen, aber wir wissen nicht, was kommen wird. Warum? Weil es eine neue Situation ist, nichts Vergleichbares gibt es.

  • In Italien sind mehrere Banken derart verschuldet, dass weitere Insolvenzen von Unternehmen zur Übernahme durch den Staat führen würden. Mit den Defizitregeln wäre das nicht vereinbar. Mehrere Branchen - Ölindustrie, Finanzen, Tourismus - hatten bereits vor Corona strukturelle Probleme. Die Rezession in Deutschland hängt mit dem Brexit zusammen. Corona dient in vielen Fällen als Ausrede.

  • Wie fragil das System doch ist. Ein paar Wochen Zwangspause wegen Krankheit, und schon droht der komplette Kollaps? Nicht so vertrauenserweckend als alternativloses Welt-Zukunftsmodell.

  • Schön so ne Glaskugel

  • Danke für die beruhigende Wahrsagerei. Aber dieser Standpunkt ist schlichtunwissend oder sogar unlauter. In zwei Wochen könnten die italienischen Maßnahmen zur Ausbreitungs-Eindämmung bereits in einigen europäischen Ländern Realität sein. Und die Auswirkungen davon kann ganz einfach niemand einschätzen, und zu behaupten, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen leicht kontrollieren ließen ist im besten Fall Wunschdenken. Schon jetzt besteht die reale Gefahr, dass die wirtschaftlichen Verwerfungen mehr Menschenleben kosten könnten als das Virus selbst, denn Armut macht krank. Das kapitalistische System ist nicht darauf ausgelegt, mal eben ein paar Wochen runtergefahren zu werden. Und auch wenn ich diesem System wünsche, an einem Virus oder sonstwas zu Gründe zu gehen: Momentan würde bei einer massiven wirtschaftlichen Krise wohl eher die nationalistische Rechte die Oberhand gewinnen als die marginalen Ansätze einer emanzipierteren und freieren Gesellschaft. Leider.

  • „Keine Probleme dazuerfinden“

    Wie soll man denn sonst an die Überschüsse im Bundeshaushalt kommen - oder sind die auch nur „fiktiv“?

  • Inzwischen erschrecke ich mich jedesmal, wenn ich jemanden sagen höre "wird es nie geben".

    Und zu dem "fiktiven Vermögen" an den Börsen: Da stecken über Fonds die Ersparnisse und sogar Renten von unzähligen Menschen drin, die gar nicht wissen, dass ihr Geld an der Börse ist und jetzt weniger wird.

    Auch viele Versicherungen werden schlicht Pleite gehen, weil ihr Geld dort angelegt ist und gerade verdunstet, sie aber demnächst wahrscheinlich jede Menge Geld brauchen werden für Versicherungsleistungen.

  • mal sehen ob auch wieder von fiktiven werten die rede ist wenn es um vermögenssteuern geht....... oder wird das gedreht wie es einem gerade passt ?



    wenn unternehmens+ immobilien werte rausgerechnet werden wird das vermögen in d ziemlich gleichmäßig verteilt sein.

  • Wetten, dass sie falsch liegt?

    • @Gambitus:

      Inwiefern?

      (Was sollen solche gänzlich uninformativen, argumentationsleeren Postings wie jetzt das von Gambitus?)

      • @Leo Brux:

        Ich hole den Thread in 2 Monaten noch mal hoch, dann wissen wir, ob sie recht hatte, oder nicht.

  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Wenn ein steigender Aktienkurs nur eine Fiktion ist, dann ist quasi alles eine Fiktion. Der Wert eines 100 Euro Scheines? Nur eine Momentaufnahme. Offene Grenzen? ..Nur eine Absprache der Gesellschaft für einen Moment. 100 Wohnungen zu besitzen? ...auch nur eine Fiktion, also Besitz an sich, samt fiktivem Wert...

    • @97760 (Profil gelöscht):

      Soweit ich das verstanden habe, gibt es Geld, das an reale Werte gebunden ist - und solches, das ein paar Stufen darüber hinaus geht - und schließlich solches, das sich so weit von jeder realen Wertgrundlage entfernt, dass man es als "Blase" charakterisiert.

      Und das, so nehme ich an, meint U. H.. - Dann macht ihr Hinweis auch Sinn. Die - weitgehend virtuellen - Finanzwerte nähern sich der Real-Wirtschaft wieder ein wenig an.

      Das Problem könnte dann eher darin liegen, dass das Platzen der Blase grässliche Nebeneffekte auch für die Real-Wirtschaft erzeugt. DAS würde ich U. H. fragen!

      • @Leo Brux:

        falls Sie mit realen Werten Gold meinen sollten, das ist auch nur eine gesellschaftliche Konvention, es hat keinen inneren Wert.



        Ebenso jedes andere Gut hat keinen realen Wert. Nur solange jemand bereit ist, für etwas Geld zu bezahlen, hat es genau diesen Wert, wenn nicht, ist es monetär wertlos.



        Das ist aber nichts "perverses" kein "krankes System", so funktioniert menschliches Handeln, solange wir uns dessen bewußt sind, besteht keine Gefahr. Der absolute Glaube an felsenfeste Werte kann nur irgendwann erschüttert werden. Mit dem Bewußtsein, das es sich um Konventionen handelt, lässt allerdings rationel darauf reagieren, wenn Systeme wackeln. Ich unterstelle mal, dass Goldfetischisten zu Panik neigen würden.

        • @nutzer:

          Lebensmittel und Wohnraum und ein paar andere Sachen haben durchaus einen realen Wert, nämlich den, dass ein Mensch sie zum täglichen Überleben benötigt. Nicht vergessen :-)

          • @Rowena Ravenclaw:

            Aber nur, wenn Sie Ihrem Leben selbst einen Wert beimessen.

            Anhand solcherlei Denkspiele zeitigt sich doch nur, wie bekloppt Ökonomie heute gedacht wird, um den Menschen zu manipulieren. Ich meine damit nicht Frau Herrmann, sondern das neoklassische Denkmodell.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Immer wenn Frau Herrmann sagt, es kommt so, habe ich die Befürchtung, es kommt sicher ganz anders.

    Wobei sie das hinterher meist sehr gut erklären kann.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @64984 (Profil gelöscht):

      z. B Ulrike Herrmann taz 20.12.2017

      "Taktischer Volltrottel



      US-Präsident Donald Trump macht einen riesigen Fehler: Mit seiner Steuerreform kann und wird er sich nur selbst schaden."

      inzwischen ist für alle offensichtlich, dass er sich damit nicht selbst geschadet hat, sondern dass er dadurch sicherer im Sattel sitzt denn je.

  • Man sollte Peking als Verursacher die Rechnung schicken.