Pakistan weist Geflüchtete aus: Von Sündenböcken zu Spielbällen

Pakistan hat Millionen Geflüchtete des Landes verwiesen. Damit soll die afghanische Regierung unter Druck gesetzt werden – auf Kosten der Schwächsten.

Portrait

Nicht willkommen: Afghanen in einem Auffanglager für Geflüchtete in Karatschi Foto: Akhtar Sooomro/reuters

Pakistans Militär und die stets von seiner Gunst abhängigen zivilen Regierungen haben jahrelang die afghanischen Taliban protegiert und deren Terror im Nachbarland für ihre Politik genutzt. Wohl kein Geheimdienst hat es wie der pakistanische ISI verstanden, islamistische Terrorgruppen im In- und Ausland für seine Ziele einzusetzen. Und das, obwohl das eigene Land dabei selbst einen hohen Blutzoll zahlen musste.

Zugleich hat Pakistan in den letzten vier Dekaden Millionen afghanischer Flüchtlinge aufgenommen, die vor den Sowjets, den Mudschaheddin, der Nato oder den Taliban flohen. Ihnen wurde (auch mit internationaler Unterstützung) geholfen, sie waren aber auch ausbeutbar, rechtlos und stets als Sündenböcke wie als politische Instrumente einsetzbar. Das zeigt sich auch jetzt wieder.

Derzeit steckt Pakistan in einer schweren Wirtschaftskrise. In so einer Lage ist es auch eine von westlichen Populisten immer gern praktizierte Methode, Flüchtlinge als Sündenböcke für eigene wirtschaftliche Probleme verantwortlich zu machen. In Pakistan müssen sie jetzt auch noch für Terroranschläge herhalten, ein dem ISI nur allzu vertrautes Instrument.

Die jetzt von Islamabad lancierte Ausweisung von bis zu 1,7 Millionen „illegalen“ Flüchtlingen setzt die in Afghanistan herrschenden Taliban unter Druck. Sie sollen gegen die pakistanischen Taliban (TTP) vorgehen. Die TTP sind organisatorisch von den Taliban in Afghanistan getrennt, aber teilen mit der Organisation im Nachbarland die gleiche Ideologie und die gleichen Terrormethoden.

Es war schon immer ein Widerspruch pakistanischer Politik, dass die Taliban in Afghanistan angeblich „gut“ und die in Pakistan „schlecht“ sein sollen. Damit die „Guten“ jetzt gegen die „Schlechten“ vorgehen, macht Islamabad mit der Ausweisung hunderttausender Geflüchteter Druck auf Kabul. Vielfach betrifft es Menschen, die erst nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul 2021 nach Pakistan geflohen sind, also Gegner und Opfer der afghanischen Taliban. Ein zynisches Spiel auf dem Rücken der Flüchtlinge.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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