Ostermärsche in Deutschland: Mit Russland-Fahnen für Frieden

In 120 Städten fanden Ostermärsche statt. Ein Teil der Friedensbewegung bezog Stellung gegen Putin. Andere protestierten mit Quer­den­ke­r*in­nen.

Zu sehen sind mehrere Demonstranten, von denen einer eine Russland-Fahne hält

Berliner Ostermarsch am Samstag: Auch Russland-Fahnen waren auf der Demonstration zu sehen Foto: Imago

BERLIN taz | Kritik an der Friedensbewegung will Margot Käßmann nicht auf sich sitzen lassen, das macht sie zu Beginn ihrer Rede deutlich. Am Samstag spricht die ehemalige evangelische Bischöfin auf dem Ostermarsch in Hannover. „Im vergangenen Jahr hat die russische Armee die Ukraine brutal überfallen“, sagt sie im ersten Satz ihrer Rede unmissverständlich.

Im zweiten schaltet sie dann in den Verteidigungsmodus: „Niemand in der Friedensbewegung leugnet, dass Putin Täter und die Ukraine Opfer ist, wie jetzt immer wieder mit dem Vorwurf der Täter-Opfer-Umkehr unterstellt wird.“

Wirklich? In Dutzenden deutschen Städten demonstrierten am Wochenende Menschen im Rahmen der Ostermärsche. Laut Ver­an­stal­te­r*in­nen fanden deutschlandweit über 120 Aktionen statt, in Städten wie Berlin und Bremen mit über 1000 Teilnehmer*innen. Der Krieg in der Ukraine stand dabei meist im Mittelpunkt, die Forderung nach schnellen Friedensverhandlungen war Konsens.

Deutlich wurde aber auch, dass die Bewegung in der Bewertung des Kriegs uneins ist. Eine eindeutige Verurteilung des russischen Angriffs kommt nicht allen über die Lippen.

Einzelne Russlandfahnen auf Berliner Ostermarsch

„So sehr es bei der Forderung nach Verhandlungen und der deutlichen Kritik an der Aufrüstung Einigkeit gab, zeigte sich, dass es in der Friedensbewegung auch Meinungsdifferenzen gibt“, heißt es in einer Pressemitteilung des Netzwerks Friedenskooperative, das zwischen den dezentralen Ostermarsch-Aktionen koordiniert. Die Organisation selbst hatte in einem Aufruf die russische Täterschaft benannt und spricht sich darüber hinaus gegen Kooperationen mit Rechten und Quer­den­ke­r*in­nen aus.

Das Bild auf den Straßen ist zum Teil ein anderes. Auf der Kundgebung des Düsseldorfer Ostermarschs zum Beispiel präsentieren prorussische Demonstranten auf einem Banner neben der Bühne das schwarz-orangene Sankt-Georgs-Band, das die russische Regierung für ihre Kriegspropaganda nutzt.

Auf dem Berliner Ostermarsch sind vor der Bühne einzelne Russland-Fahnen zu sehen. Auf einem Schild ist die Rede vom „Kiewer Neonazi-Regime“. Auf anderen werden die Grünen mit dem Goebbels-Zitat „Wollt ihr den totalen Krieg?“ auf eine Stufe mit den Nationalsozialisten gestellt.

Auf der Bühne ist derweil vom russischen Angriff kaum die Rede. Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag spricht stattdessen länglich über die Nato, die Russland eingekreist habe. Die Fakten stünden „im Widerspruch zu dem hierzulande gepflegten Narrativ, der russische Imperialismus setze mit dem Krieg seit Langem gehegte Eroberungspläne durch“.

Als nach der Auftaktkundgebung der Protestmarsch losgeht, sind weit vorne die Fahnen der „Freien Linken“ zu sehen, einer Gruppe aus der Querdenker*innen-Szene, die schon während der Pandemie aufgefallen war – durch gemeinsame Demos mit Rechten. Mit dabei ist beim Ostermarsch auch die Querdenken-Partei „Die Basis“.

Für die Ver­an­stal­te­r*in­nen von der „Friedenskoordination Berlin“ ist deren Teilnahme kein Problem. Man distanziere sich von „allen tatsächlich rechten Gruppierungen“, schrieb die Organisation schon im März in einer Stellungnahme. Dazu zählten die AfD, Compact oder Reichsbürger. Die anderen seien aber gar nicht rechts. Das habe man intensiv recherchiert.

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