Sicherlich ist Neymar ein sehr miserabler Schauspieler. Oder ein sehr guter Schauspieler, der einen miserablen Schauspieler imitiert. Aber ist er auch ein schlechtes Vorbild? Mit dieser Behauptung machte Mexikos Trainer Juan Carlos Osorio dieses hinreißende Fußballspiel am Montag, das sein Team verdient mit 0:2 gegen Brasilien verloren hatte, zu einer moralischen Angelegenheit.
Er verwandelte das Podium im Stadion von Samara zu einer Kanzel und hielt eine sittenstrenge Predigt: „Es ist eine Schande für den Fußball. Das ist ein schlechtes Beispiel für die ganze Welt und all die Kinder vor dem Fernseher.“
Osorio nahm Anstoß daran, wie wenig überzeugend dieser Ausnahmefußballer seinen nicht endend wollenden Schmerz zu einem großen Bühnenstück machte, nachdem ihm der Mexikaner Miguel Lajun so nebenbei mal auf den Knöchel getreten war. Doch dieses Vorgeschichte spielte bei den ethischen Erläuterungen von Osorio keine Rolle. Er konzentrierte sich auf diese intervallartig auftretenden Schmerzattacken Neymars, die diesen minutenlang ruckartig hin und her wälzen ließen. Diese Verzögerung habe sein Team aus dem Rhythmus gebracht, klagte er.
Der Ärger über das WM-Ausscheiden ist verständlich, die Sorge um die Kinder dieser Welt, die von nun an einem falschen Vorbild nacheifern, kann dem mexikanischen Trainer aber genommen werden. Es verhält sich nämlich umgekehrt. Neymar hat sich all die kleinen Kinder dieser Welt zum Vorbild genommen, die sich ewig auf dem Boden herumwälzen können, um das zu bekommen, was sie möchten. In Neymars Fall war es eben der Einzug ins Viertelfinale. Die Kinder werden zwar vielleicht gestaunt haben, dass es auch einem Erwachsenen egal sein kann, wie lächerlich er sich macht. Mehr aber auch nicht.
Sind die „Puto“-Rufe besser?
Und sie werden gestaunt haben, wie toll dieser Ausnahmekönner Fußball spielt, wie wunderbar elegant er ein Spiel gestaltet, schnell macht und wie er es dann auch entscheidet. Bei seinem Treffer zum Führungstor, das er selbst vorbereitete, konnte man das in konzentrierter Form bewundern.
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
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Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
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Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
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Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
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Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
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Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
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Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
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Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
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Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
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Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
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Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
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Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
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Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
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Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
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Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
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Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
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Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
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Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
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Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
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Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
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Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
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Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
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Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
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Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
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Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
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Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
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Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
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Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
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Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
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Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
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Man sollte Kinder nicht unterschätzen, wie Osorio es tat, man sollte sie vor allem nicht für blöd verkaufen. Denn das mit der Moral- und Vorbildfrage ist eine heikle Angelegenheit. Es hat einfach schon zu viele Verantwortungsträger im Fußball gegeben, die Wein gesoffen und Wasser gepredigt haben. Und auch Osorio muss sich die Frage nach doppelten Standards gefallen lassen. Gern hätte man ihn ähnlich moralisch empört über die homophoben „Puto“-Rufe (zu deutsch „Stricher“) der mexikanischen Fans bei dieser WM predigen hören. Über ihre verheerende Wirkung auf Kinder.
Stattdessen hat er sich vor einem Jahr beim Confed Cup verteidigt. Die internationale Interpretation, dass es sich dabei um eine Beleidigung handle, sei nicht richtig, sagte er damals.
Die Kanzel ist wirklich nicht der richtige Ort für diesen Mann. Den 39-jährigen Rafael Márquez, gegen den in den USA Ermittlungen wegen Verstrickungen in ein Drogenkartell laufen, hat er weiter als Kapitän und somit als Vorbild im WM-Kader belassen. Von der mexikanischen Teamparty im Vorfeld dieses Turnier, bei der es mit sogenannten Escort-Damen hoch hergegangen sein soll, haben mittlerweile auch schon viele Kinder gehört.
Es sollte endlich einmal Schluss sein mit dem moralischen Gequatsche im Fußball. Vorbildhaftes Verhalten wirkt auch ohne Worte. Die schlechten Beispiele entlarven sich selbst. Brasiliens Neymar wollte sich auf die Kritik gar nicht einlassen. Er mutmaßte, man wolle ihm nur schaden, ihn „schwächen“. Er unterstellte Osorio also moralisch unlautere Motive. Am Ende standen sich da also zwei Moralapostel gegenüber, deren Reden der Rede nicht wert sind.
Über das tolle Fußballspiel dagegen hätte es viel zu sagen gegeben. Schade eigentlich.
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