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Orthodoxe Kirche in der UkraineKampf an der Religionsfront

In zwei Städten werden Aktivitäten der Orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchiat verboten. Grund ist Moskaus Patriarch Kirill. Der predigt den Krieg.

Rechtfertigt den Krieg: das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill Foto: Sergei Vlasov/ap

Berlin taz | In der Ukraine tobt der Krieg nicht nur in Mariupol, Odessa und im Osten des Landes, sondern auch in den Reihen der Priesterschaft. Schweres Geschütz fuhr in dieser Woche die Ukrainisch Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchiat (UPZ MP) auf.

„Anstatt das Volk in seinem Streben nach dem Sieg und der Wiederherstellung eines friedliches Lebens zu unterstützen, brennt es an der inneren religiösen Front. Eine Gruppe von ukrainischen Abgeordneten hat, unter erfundenen und bewusst falschen Anschuldigungen, dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um die Tätigkeit unserer Kirche zu verbieten“, heißt es in einer Erklärung der Synode, die das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Prawda zitiert.

Und weiter: „Mit Bestürzung stellen wir fest, dass dies alles die Folge einer verfehlten Religionspolitik unter Präsident Petr Poroschenko und einer zerstörerischen Ideologie der Ukrainische Orthodoxen Kirche (PZU) ist. Wir sind überzeugt, dass vor allem diese Schritte der vorherigen Staatsmacht und der PZU einer der Gründe für den kriegerischen Angriff auf die Ukraine sind.“

Petro Poroschenko war von 2014 bis 2019 Präsident der Ukraine. Unter seiner Ägide schlossen sich die Ukrainisch Orthodoxe Kirche Kiewer Patriarchiat (UPZ KP) und die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche zu der PZU zusammen. Anfang 2019 segnete der ökumenische Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel diese Entscheidung ab und erkannte deren Eigenständigkeit an. Das konnte Moskau nicht anders, denn als Affront auffassen. Heute unterhält die UPZ MP in der Ukraine rund 12.000 Gemeinden und damit fast doppelt so viele wie die PZU, zu der sich jedoch viermal mehr Gläubige bekennen.

Putins enger Verbündeter

Doch seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine knirscht es immer lautet im Kirchengebälk. Stimmen, Gemeinden der UPZ MP sollten sich der UPZ anschließen, werden immer lauter. Der Grund dafür ist das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill.

Der Kirchenmann ist zu einem wahrhaftigen „Kriegshetzer“ mutiert und in Sachen Spezialoperation mittlerweile einer der engsten Verbündeten von Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Den Konflikt im Donbass erklärte er mit dem Widerstand der dortigen Bevölkerung gegen ein so verderbtes Treiben, wie Paraden der LGBTQ-Community.

Unlängst verstieg er sich zu der These, Russland wolle gegen niemanden Krieg führen und habe nie jemanden angegriffen. Anfang Mai setzte Brüssel den 75-Jährigen im Rahmen eines sechsten Sanktionspakets auf eine Schwarze Liste, was ein Einreiseverbot in die EU nach sich zieht.

Bereits Anfang April hatten Geistliche der UPZ MP gefordert, Kirill vor ein kirchliches Gericht zu stellen und seines Amtes zu entheben. Er habe moralische Verbrechen begangen, den Krieg gegen die Ukraine gesegnet und uneingeschränkt die aggressiven Aktionen der russischen Truppen auf dem Territorium der Ukraine unterstützt, heißt es in dem Appell, den bereits über 400 Priester unterschrieben haben.

Reißleine gezogen

Mitte vergangener Woche zog der Bürgermeister von Konotop, Artjom Semenichin, die Reißleine und verbot jegliche Tätigkeiten der UPZ MP in seiner Stadt, da die sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der Ukraine darstelle. „Zwischen dem Feind und seinem Agenten gibt es keinen Unterschied. Der Moskauer Patriarch ist zwei Personen in einer. Deshalb habe ich die Entscheidung getroffen, die Aktivitäten dieses Agentennetzwerkes des russischen Geheimdienstes FSB auf dem Territorium meiner Stadt zu verbieten“, schreibt er auf Facebook.

Zwei Tage später zog der Bürgermeister von Browary, Igor Saposchko, nach. Mit sofortiger Wirkung sind der UPZ MP für die Dauer des Kriegszustandes alle Tätigkeiten untersagt – einschließlich Versammlungen, Kundgebungen, Aufmärsche und andere Massenveranstaltungen. Auch die Immobilien des Moskauer Ablegers werden unter besonderen Schutz gestellt.

Die Synode entwirft in ihrer Erklärung auch ein düsteres Zukunftsszenario. Ein Verbot der UPZ MP komme einem „nationalen Selbstmord“ gleich, da doch Millionen von Ukrainern, die ihr Land verteidigten, eben dieser Kirche angehörten. Zeitnah ist jetzt eine Versammlung von Priestern, Mönchen, Nonnen und Laien geplant, um über die Zukunft der Kirche zu beraten. Es gelte ein Schisma und eine Verletzung der Kirchengesetze (Kanon) zu vermeiden. Wie dieses Treffen unter Kriegsbedingungen organisiert werden soll, ist bislang nicht überliefert.

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14 Kommentare

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  • Warum werden im Artikel mehr als einmal Zitate nicht oder nur schwammig zugeordnet? Gerade wenn es darum geht, dass da viel Uneinigkeiten herrschen, sollte schon sauber unterschieden werden: Von wem stammen die Stimmen, Gemeinden sollten sich der UPZ – wobei damit vermutlich PZU gemeint ist? – anschließen? Aus der UPZ MP, aus eben den Gemeinden, oder aus der PZU? Wie äußert sich die PZU zu dem Verbot der UPZ MP? Ich hatte eben auch im März oder April im DLF „Tag für Tag“ gehört, die unsäglichen Äußerungen Kyrills und der russische Angriff hätten die konfessionellen Konflikte und Machtfragen zurückgedrängt und die ukrainische Ökumene gefördert. Wird in den beiden genannten Orten die Ortsgemeinde in eine falsche Mithaftung, gar Sippenhaft genommen, oder ist die dortige UPZ MP ein Sprachrohr Kyrills?



    Das hinterlässt alles mehr Fragen als es beantwortet.

  • Geld verdirbt den Kyrill - er kommt nicht in den Himmel.

  • Den Mann sofort in Haft nehmen!

  • Die Behauptung, Russland habe in 75 Jahren nie jemanden angegriffen, ist auch in Deutschland durchaus populär, wie ich kürzlich in einem Gespräch mit einer Freundin feststellen musste. - Ganz falsch. Angriff auf das Baltikum und Polen zu Beginn von WW2 in konzertierter Aktion mit Hitler, ebenso Angriff Finnlands. 1956 Einmarsch in Ungarn zur Niederschlagung eines Aufstandes, 1980 Einmarsch in Afghanistan. Die Liste lässt sich mit Georgien, Tschetschenien, Syrien erweitern. Jetzt die Ukraine !

  • Ein Krieg Orthodoxer gegen Orthodoxe



    in einer Zeit, wo man besser fasten sollte, als andere Länder zu



    überfallen u besser beten sollte,als das Volk in einen gotteslosen Raubkrieg zu hetzen. Bei den Russen



    gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass deren Religion äußerlich orthodox-christlich glänzt, innen aber satanistisch-dunkel u



    sektenhaft ist. Die Priester lassen lieber ihre von Putin gelieferten,



    neuen goldenen Kuppeln putzen, als sich um die eigentliche Aufgabe zu kümmern: Den Teufel bei Putin und seiner Brut hätten sie austreiben



    müssen. Statt dessen multiplizieren sie unablässig das Böse mit neuen



    Lügen und revanchistischem Hass. Kirill gehört lebenslänglich hinter ICC Gitter. Die richtige Strafe bekommt er aber ganz sicher erst bei seinem Termin beim Allmächtigen.

  • Ob alles, was Patriarch Kirill erzählt, um Putins Krieg zu rechtfertigen, auf seinem eigenen Mist gewachsen ist, möchte ich bezweifeln. Eher vermute ich, dass Putin, der sich in seinem Machtbereich neuerdings wohl selbst fast als Gott fühlt, entsprechenden Gehorsam auch von den Kirchenleuten einfordert. Anderenfalls . . .



    Stalin und die anderen Sowjet-Führer hatten den Fehler gemacht, die Kirche zu verfolgen und dabei deren Potential als Multiplikator für das Volk übersehen. Putin dagegen gibt der Kirche alle Möglichkeiten der Entfaltung. Er erwartet wohl im Gegenzug, dass die Gläubigen seine Worte nicht nur über Radio und Fernsehen erfahren, sondern zusätzlich auch religiös „begründet“ von Leuten wie Kirill. Anscheinend funktioniert es!



    Wenn Putin eines Tages keine Gefahr mehr darstellt, wird sich zeigen, ob die Kirche Reue zeigt, Buße tut und fortan auf den „rechten Weg“ zurückkehrt!

    • @Pfanni:

      Patriarch Kyrill ist selbst Oligarch. Die russisch-orthodoxe Kirche hat erhebliche Privilegien, zum



      Beispiel kann sie steuerfrei Tabak einführen und dominiert damit den Zigarettenhandel. Kyrill selbst soll ein Milliardenvermögen haben. Das allein dürfte Grund genug für seine Willfährigkeit sein.

  • Kyrill hat Milliarden an die Seite geschafft. Eines seiner über 20 Luxusanwesen befindet sich im Westen Moskaus in einer ganz besonders pompösen Nobelgegend, wo auch Putin und weitere Superreiche wohnen. Putin ist für Kyrill ein "Wunder Gottes".

    www.wiwo.de/techno...uxus/28311860.html

    www.spiegel.de/aus...-b8e7-8766b91e5d91

  • Es wird mir regelmäßig schlecht, wenn ich diese Voodoopriester mit ihren dubiosen Insignien, Figürchen, Bildchen und sonstiger Symbolik sehe - religionsübergreifend.

    Und es ist unerträglich, daß Staaten sich von Leuten manipulieren lassen, die an imaginäre Wesen glauben!!

    Wieviele Jahrtausende braucht die Erdbevölkerung noch, um diesen Quatsch endlich abzulegen?

    • @Juhmandra:

      Nicht alles an Religion ist Quatsch. So missbräuchlich, ja verbrecherisch auch im Namen der Religion gehandelt wird. Wir Menschen haben eine religiöse Dimension in unserer Existenz - seit tausenden von Jahren und auch in Zukunft, solange es uns gibt. Daraus können wir Kraft beziehen, ganz besonders auch im Leid. Viele sagen, Religion, das sind doch nur Märchen - ja, schon, aber Märchen haben eine innere Wahrheit , sozusagen eine tiefere Wahrheit und Bedeutung.

    • @Juhmandra:

      Wenn Religion abgeschafft ist, wird die Welt ja nicht besser.

      Chesterton soll gesagt haben:



      "Seitdem die Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie nicht etwa an nichts, sondern an alles."

      Wir konnten gerade in den letzten Jahren erleben, wie sehr Menschen auch das abstruseste Zeug glauben wollen.

    • @Juhmandra:

      Die Aufklärung war doch grade erst ...



      Und aus der ganz un-metaphysischen Lebensphilosophie eines Gautama hamse ja paartausend Jährchen zuvor auch sofort wieder nen bunten Straus Religionen gebastelt. Geduld also ! Aber zu optimistisch solltenwer diesbezüglich nich sein .... Goethe und wir sin halt nach wie vor ne radikale Minderheit.

    • @Juhmandra:

      In dem Fall ist es anders rum. Die Kirche lässt sich von Putin manipulieren. Kyrill glaubt mehr an sein reales Bankkonto und ist mehrfacher Milliardär.

  • Die Führung der russisch-orthodoxen Kirche hatte bereits den genozidalen Krieg in Tschetschenien unterstützt. Auch damals schon wurden Waffen gesegnet und die "Verteidigung der heiligen russischen Erde" im Kaukasus ausgerufen. Die ROK, zumindest die Führung, gleicht mehr einer totalitären Sekte als einer Kirche. Patriarch Kirill soll zu Sowjetzeiten im Dienst des KGB gestanden haben. Er ist genauso korrupt wie der Ex-Kollege Putin und genauso kriminell. In einem zukünftigen demokratischen Russland blüht dem unheiligen Popen der Prozess wegen Propaganda für Kriegsverbrechen. Auch deshalb halten Figuren wie Kirill zu Putin: sie wissen ganz genau, dass der Untergang Putins auch ihr eigener Untergang bedeutet.