piwik no script img

Oppositionsführer im KongoStachel in Kabilas Sitzfleisch

Dem exilierten und beliebten Politiker Moise Katumbi wird in Abwesenheit der Prozess gemacht. Damit rückt die Wahl im Kongo in weite Ferne.

Moise Katumbi, hier vor Journalisten in Paris Mitte Juni Foto: ap

Brüssel taz | Niemand glaubt mehr an Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo dieses Jahr. Präsident Joseph Kabila, dessen reguläre Amtszeit 2016 ablief, bleibt weiter im Sessel.

Sein Herausforderer, ginge es nach der Opposition, wäre Moise Katumbi, der von der Persönlichkeit her einen Gegenpol zu Kabila darstellt. Viele Kongolesen sehen in dem 52-jährigen charismatischen Geschäftsmann, Sohn eines im Zweiten Weltkrieg ins damalige Belgisch-Kongo geflohenen griechischen Juden, einen Helden.

Genau deswegen, so mutmaßen viele, will das Kabila-Lager einen Wahlkampf gegen Katumbi unter allen Umständen vermeiden.

Am Mittwoch begann im südkongolesischen Lubumbashi ein Prozess in Abwesenheit gegen den Oppositionsführer, der seit einem Jahr in Europa im Exil lebt.

Erfolgsstory und Popularität

Katumbis Erfolgsstory gründet auf seinem unternehmerischen Erfolg – von seinem Bruder Raphael Katebe Katoto wurde er in die Geschäftswelt eingeführt, zunächst mit Fischhandel auf dem Mwerosee an der Grenze zu Sambia in den 1990 er-Jahren, unterstützt vom damaligen sambischen Präsidenten Frederick Chiluba.

In der Öffentlichkeit hat sein gutes Image mit dem Erfolg des Fußballvereins Tout-Puissant Mazembe von Lubumbashi zu tun, mehrfacher Afrika-Meister, dessen Präsident Katumbi ist – am Donnerstag wurde er von dem Verein ausdrücklich in diesem Amt bestätigt.

Noch vor ­Verhandlungsbeginn wurde ein Richter ­angeschossen

Popularität genießt er auch, weil er sich als Provinzgouverneur von Katanga zwischen 2007 und 2015 für den Verbleib von Staatseinnahmen in der Provinz einsetzte und Steuern senkte. Der Kulturverband Sempia, der die traditionellen Führer Katangas vereint, gehört zu den Stützen Katumbis ebenso wie die Bergbaufirmen, die in Katanga Kupfer, Kobalt und andere Erze abbauen – eine Säule der kongolesischen Wirtschaft.

Zu einer landesweit ernstzunehmenden Alternative zu Kabila wurde Katumbi durch den Tod des historischen kongolesischen Oppositionsführers Étienne Tshisekedi am 1. Februar 2017. Da Katumbi keine eigene Partei hat, ist er allerdings vom Wohlwollen seiner Verbündeten in der Opposition abhängig.

Katumbi kann vor allem auf viele internationale Freunde zählen. Sein gutes Verhältnis zur Bergbauindustrie in Katanga hat seinen Amtsverlust als Provinzgouverneur überdauert.

Rick Gittleman, ehemaliges Führungsmitglied der Bergbaufirmen Glencore und Freeport McMoran, hat die Lobbyorganisation United for Africa’s Democratic Future gegründet, die Wertschätzung in Washington genießt und für den Abgang Kabilas trommelt. In ihrem Beirat sitzen Figuren wie Johnnie Carson, ehemaliger stellvertretender Afrika-Staatssekretär der USA unter Barack Obama, und General James Jones, ehemaliger Sicherheitsberater Obamas.

Wertvoll für Katumbi ist seine Freundschaft mit dem Mäzen Sindika Dokolo, kongolesischstämmiger Ehegatte der angolanischen Präsidententochter Isabel dos Santos, die reichste Frau Afrikas. Diese Achse gewährleistet Katumbi das Wohlwollen Angolas, mächtigster Nachbarstaat des Kongo.

Vorwürfe und Verfolgung

All dies nährt in Kabilas Machtzirkeln die Überzeugung, Katumbi sei das Instrument einer ausländischen Verschwörung. Deswegen ist Katumbi permanent Opfer von Verfolgung. Er selbst gibt an, mehrere Attentatsversuche überlebt zu haben.

Im Mai 2016 warf die Staatsmacht ihm vor, ausländische Söldner rekrutiert zu haben – es handelte sich um US-Mitarbeiter eines privaten Wachdienstes – und stellte ihn in seiner alten Provinzhauptstadt Lubumbashi vor Gericht. Bei Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und der Polizei wurde er so schwer verletzt – angeblich durch ein mit Giftstoffen versetztes Tränengas – dass er mit Zustimmung der Behörden nach Südafrika ausgeflogen wurde und nach Belgien ausreisen durfte.

In Abwesenheit wurde er dann wegen eines obskuren, alten Immobiliendeals zu drei Jahren Haft verurteilt. All dies disqualifiziert ihn rein rechtlich von einer Präsidentschaftskandidatur.

Nun werden erneut die Daumenschrauben angezogen. Der neue Prozess in Abwesenheit gegen ihn folgt auf Medienauftritte in Paris, Brüssel und London, in denen Katumbi Kabila die Legitimität als Präsident absprach. Damit, reagierten die Behörden, habe er die Auflagen seiner Ausreise gebrochen.

Richter angeschossen

Das Prozessklima ist angespannt. Noch vor Verhandlungsbeginn wurde einer der Richter angeschossen und so schwer verletzt, dass ein Ersatzrichter benannt werden musste – ein Verwandter von Präsident Kabilas Kabinettschef.

Am Donnerstag abend gaben die Richter in Lubumbashi einem Antrag von Katumbis Anwälten statt, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens vom Obersten Gericht prüfen zu lassen. Es ist ein kleiner Sieg. Aber es ist noch nicht das Ende der Geschichte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Also, bei der Aufzählung der Unterstützer kommt schon ein mulmiges Gefühl auf. Aber nichts desto trotz wohl alles besser als der Status Quo. Schlechter kanns kaum werden.

    • @Ute Krakowski:

      Ja, da kann ich Dir Recht geben. Aber der "Kongo" wird ohnehin nie mehr in den vollen und souveränen Besitz seiner Bodenschätze gelangen. Dennoch denke ich, dass es der "Demokratischen" Republik Kongo gelingen könnte, nicht nur Bodenschätze ins Ausland zu liefern, sondern auch ein Produzent von Gütern und Dienstleistungen in der Ost-, Zentral-, Süd- und Westafrikanischen Region zu werden, Und natürlich Einkäufer von US-amerikanischen und europäischen und ggf. angolanischen Produkten zu werden - aber das sei unter dem Strich immer noch weitaus besser als das von Korruption und willentliche Unfähigkeit durchsetzte Regime von Kabila.

    • @Ute Krakowski:

      Ja, da kann ich Dir Recht geben. Aber der "Kongo" wird ohnehin nie mehr in den vollen und souveränen Besitz seiner Bodenschätze gelangen. Dennoch denke ich, dass es der "Demokratischen" Republik Kongo gelingen könnte, nicht nur Bodenschätze ins Ausland zu liefern, sondern auch ein Produzent von Gütern und Dienstleistungen in der Ost-, Zentral-, Süd- und Westafrikanischen Region zu werden, Und natürlich Einkäufer von US-amerikanischen und europäischen und ggf. angolanischen Produkten zu werden - aber das sei unter dem Strich immer noch weitaus besser als das von Korruption und willentliche Unfähigkeit durchsetzte Regime von Kabila.