Oppositionelle Medien in Aserbaidschan: Nachrichtenagentur Turan kaltgestellt
Der Besitzer des regierungskritischen Portals, Mehman Alijew, sitzt seit einigen Tagen in U-Haft. Angeblich soll er Steuern hinterzogen haben.
Das Nachrichtenportal, das mit führenden internationalen Nachrichtenagenturen zusammen arbeitete, war 1990 gegründet worden und publizierte Berichte in azerischer, russischer sowie englischer Sprache. Vor allem durch eine kritische Berichterstattung über den seit 2003 herrschenden autoritären Präsidenten İlham Alijew sowie dessen Klan hatte sich Turan einen Namen gemacht.
Doch mediale Kritik – sei es an den korrupten Machenschaften von Alijew oder fast alltäglichen Menschenrechtsverletzungen – endet für die jeweiligen Journalisten nicht selten im Gefängnis. So auch im Falle von Turan. Bereits am vergangenen Donnerstag war dessen Direktor und Eigentümer, Mehman Alijew, unter dem Vorwurf der Steuerhinterziehung festgenommen worden.
Einen Tag später verhängte ein Gericht in der Hauptstadt Baku eine dreimonatige Untersuchungshaft gegen den 60-Jährigen, nachdem die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift um den Punkt „illegales Unternehmertum“ erweitert hatte. Im Falle einer Verurteilung drohen Alijew bis zu sieben Jahren Haft. Mittlerweile hat die Justiz auch die Konten von Turan eingefroren, da angeblich Steuern in Höhe von umgerechnet 19.000 Euro nicht bezahlt worden seien.
Anschuldigungen frei erfunden
Für die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen besteht kein Zweifel daran, dass die Anschuldigungen frei erfunden und politisch motiviert sind. „Alijew ist ein journalistischer Pionier in Aserbaidschan. Sein einziges Verbrechen ist, das letzte unabhängige Medium geleitet zu haben“, heißt es in einer Erklärung. Alijew müsse sofort freigelassen werden.
Thorborn Jagland, Generalsektretär des Europarates, rief Aserbaidschan dazu auf, vollständig seinen Verpflichtungen gemäß der Europäischen Konvention in Bezug auf die Menschenrechte nachzukommen und alle weiteren Fälle eines unrechtmäßigen Freiheitsentzuges zu vermeiden. Der habe in demokratischen Gesellschaften keinen Platz.
Unterdessen teilten die Mitarbeiter von Turan mit, sie hofften in naher Zukunft ihre Tätigkeit wieder aufnehmen zu können – mit eigenen Ressourcen und Enthusiasmus. Die Hoffnung stirbt eben zuletzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!