Opposition in Russland: Aktivist Sergej Davidis in Haft
Dem Menschenrechtler wurde die Verbreitung einer Protestaktion zum Verhängnis. Behörden ahnden immer öfter Aktivitäten in sozialen Medien.
Die russischen Behörden werfen ihm die Organisation einer öffentlichen Veranstaltung ohne Anmeldung vor, zitiert OVD-Info seinen Anwalt Sergej Telnow. Welche Handlung ihm konkret zur Last gelegt wird, ist bisher nicht bekannt. Grigorij Durnovo von OVD-Info vermutet, dass Davidis’ Veröffentlichung zu geplanten Protestaktionen für die Freilassung des inhaftierten Kremlkritikers Alexei Nawalny in den sozialen Netzwerken der Grund für die Festnahme sei, erklärte er telefonisch gegenüber der taz.
Seit Ende 2017 mache sich bei russischen Behörden immer mehr die Praxis breit, Berichte über geplante Protestaktionen genauso zu ahnden wie eine Teilnahme oder eine Organisation einer solchen, so Durnowo. Sogar ein Verbreitung von Informationen zu geplanten Aktionen in den sozialen Medien sei mittlerweile strafbar.
Diese Praxis führe dazu, dass Versammlungs- und Meinungsfreiheit faktisch nicht mehr existierten, sagte Memorial-Vorsitzender Jan Ratschinskij gegenüber der taz. Auch wenn bei Protestaktionen niemand festgenommen werde, bedeute dies nicht, dass die Beteiligung folgenlos bleibt. Sehr genau studierten die Behörden die Aufnahmen der Überwachungskameras und Veröffentlichungen in den sozialen Medien. Zahlreiche Demonstrierende seien wegen dieser Aufnahmen zu mehrtägigen Arreststrafen verurteilt worden, so Ratschinskij.
Weitere Festnahmen
Kaum jemand kennt die ganze Bandbreite der russischen Protestbewegung so gut wie Davidis. Und er ist nicht der einzige Aktivist, der in den vergangenen Tagen festgenommen wurde. Auch Anna Samkowa, Managerin der regionalen Stäbe von Alexei Nawalny, Alexandra Solowjewa, ehemalige Kandidatin bei den Wahlen zur Stadtduma von Moskau und Sergej Bojko, Chef der libertären Partei, wurden festgenommen.
Unterdessen hat am Montag ein russisches Gericht eine Tätigkeitssperre für das Nawalny-Büro und der 2011 von Nawalny gegründeten Antikorruptionsstiftung FBK angeordnet. Wer trotz des Arbeitsverbots weitermacht, muss mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen.
Einen Präzedenzfall gibt es schon. Nachdem die Zeugen Jehovas 2017 vom obersten Gericht zu Extremisten erklärt worden waren, sind mehrere Mitglieder zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
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