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Opposition in RusslandVorwurf Landesverrat

Der Ex-Journalist und Mitarbeiter einer Raumfahrtbehörde Iwan Safronow soll Informationen an die Nato weiter gegeben haben. Nun wurde er angeklagt.

Iwan Safronow vor einer Anhörung im Gericht in Moskau am 7. Juli Foto: Evgenia Novozhenina/reuters

Moskau taz | Dutzende Sympathisanten aus dem journalistischen Umfeld Iwan Safronows hatten sich am Montagabend zur Verkündung der Anklage gegen den russischen Exjournalisten und jetzigen Mitarbeiter der Raumfahrtbehörde Roskosmos vor dem Untersuchungsgefängnis Lefortowo in Moskau eingefunden. Mit T-Shirts auf denen stand: „Schpionowanija – Freiheit für Safronow“ – einem Wortspiel aus „Iwan“ und dem deutschen Lehnwort „schpion“.

Iwan Safronow sei des Landesverrats angeklagt worden, betätigte sein Anwalt Iwan Pawlow. Die Verteidigung hatte schon vorher befürchtet, dass sie in diesem Verfahren kaum Hinweise oder Angaben erhalten würde, um eine Verteidigungsstrategie aufbauen zu können. Im Falle eines Urteils drohen Safronow 20 Jahre Haft. Wie schon bei der Festnahme vor einer Woche wies der 30-Jährige alle Vorwürfe zurück.

Bevor Safronow im Mai als Berater zur Raumfahrtbehörde wechselte, hatte er bei den Zeitungen Kommersant und Wedomosti im Rüstungs- und Raumfahrtbereich gearbeitet. Bereits der Vater berichtete über ähnliche Themen für den Kommersant, bevor er 2007 einem mysteriösen Fenstersturz zum Opfer fiel.

Safronow soll angeblich seit 2012 mit dem tschechischen Geheimdienst zusammengearbeitet und über das Nato-Mitglied Informationen an die USA weitergeleitet haben, behaupten Ermittler. Darunter fallen Hinweise über Einsätze russischer Streitkräfte im Nahen Osten und in Afrika. Auch Einzelheiten eines Verkaufs von russischen SU-35-Kampfjets an Ägypten wurden erwähnt – ein Deal, der Washington gegen Kairo aufbrachte.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Der russische Geheimdienst will auch Mails entdeckt haben, die von den Tschechen an die USA weiter geleitet wurden, ursprünglich aber von Safronows Heimcomputer stammten. Für die Übermittlung wurde VerCrypt verwendet, ein Verschlüsselungsprogramm, das jedoch nicht nur Geheimdienste anwenden.

Voraussichtlich wird auch die Gerichtsverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das ermögliche Manipulationen, vermuten Safronows Unterstützer. Erschwerend kommt hinzu, dass seit 2012 auch Journalisten des Verrats angeklagt werden können. Bis dahin konnte nur der Informant strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Safronow vermutet, dass wegen seiner journalistischen Arbeiten von 2017 gegen ihn ermittelt wird. Da er in der U-Haft keinen Zugang zum früheren Material hat, konnte er den Beweis noch nicht antreten. Geheimdienst und Kreml hingegen wiesen Vermutungen zurück, Safronow werde aufgrund journalistischer Recherche verfolgt. Die schnelle und einmütige Reaktion beider Stellen stimmt nachdenklich.

Der Geheimdienstexperte Andrej Soldatow hält den Fall Safronow für eine „neue Stufe der Repression gegen Journalisten. „Man will uns eins klarmachen: Diese wichtigen gesellschaftlichen Themen sind für alle gesperrt, die nicht dazu gehören.“

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