Opernsänger auf Drogen kontrolliert: Rassismus beim Kieler Zoll?
Morris Robinson wird bei der Anreise zum Schleswig-Holstein Musik Festival auf Waffen und Drogen kontrolliert. Er wirft dem Zoll Racial Profiling vor.
Ein Auftritt in Deutschland brachte für den Opernstar nun zwei unschöne Erfahrungen mit sich. Robinson übernahm auf dem Schleswig-Holstein Musik Festival die Titelrolle „Porgy“ im Stück „Porgy and Bess“, das er zusammen mit dem NDR-Elbphilharmonie-Orchester aufführte. Auf der Fahrt zum Festival wurden er und andere Mitglieder des Ensembles vom Zoll auf Waffen und Drogen kontrolliert.
„Ich habe schon einmal Racial Profiling erlebt und das fühlte sich genau so an“, sagte Robinson hinterher dem NDR. Das Hauptzollamt Kiel widerspricht dieser Darstellung auf taz-Nachfrage. Der Van, in dem sich die Musiker befanden, hätte einem Risikoprofil entsprochen. Die Hautfarbe der Insassen sei von außen gar nicht zu erkennen gewesen.
In Hamburg verweigerte ihm ein Taxifahrer aufgrund seines Gewichts die Mitfahrt – die zweite Diskriminierungserfahrung, die Robinson in Deutschland machen musste. „Ich lasse mir von diesen abscheulichen Vorfällen nicht den ganzen Trip vermiesen. Wir hatten eine tolle Zeit hier und das Publikum hat uns sehr freundlich empfangen“, blickt Robinson im NDR-Interview trotzdem positiv auf den Auftritt in Deutschland zurück. In der Welt war die Rede vom „umwerfenden Robinson“ und vom Publikum gab es stehende Ovationen für die Inszenierung.
Die Unannehmlichkeiten werden wohl nur eine Randnotiz in Robinsons Karriere als Sänger bleiben. Die begann er erst mit 30 Jahren – nachdem sich seine Football-Karriere zerschlug und er als Vertriebler bei 3M gearbeitet hatte. Seine Frau Denise meldete ihn bei einem Chorcasting für das Stück „Aida“ an der Boston Lyric Opera an. Er bekam direkt eine Solorolle zugeteilt. Die LA Times nannte ihn „den zufälligen Opernstar“. Robinson konnte seinen Erfolg kaum fassen: „All die großartigen Bass-Sänger, die ich vergöttert habe, auf einmal traf es mich: Ich bin jetzt Teil dieses Clubs“, sagte er der LA Times. Den nächsten großen Auftritt hat er in Los Angeles. Im September singt er dort den Ferrando in Verdis „Il Trovatore“.
In einer früheren Version dieses Textes stand irrtümlich, Robinson sei der erste Afroamerikaner, der bei einem großen Klassiklabel unter Vertrag genommen wurde. Wir haben den entsprechenden Halbsatz gelöscht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen