piwik no script img

Open House des Bauhaus-ArchivsIm Raum ein Rad schlagen

Ab Mittwoch können sich die Berliner von den leeren Räumen des Bauhaus-Archivs verabschieden. Es wird bis 2022 saniert.

Innenansicht des Archivbaus Foto: Hans Glave/Bauhaus Archiv

Berlin taz | Eine Schar Besucher teilt sich in zwei Gruppen und begibt sich an die gegenüberliegenden Stirnseiten des großen, lichtdurchfluteten Raums im Bauhaus-Archiv. Nach kurzer Besinnungspause sprechen sie abwechselnd im Chor einen Satz aus einem Gespräch von Ludwig Mies van der Rohe aus dem Jahr 1964: „Ich weiß nicht, ob das bewusst alles war.“

Der Text, der nun wie ein leiser werdendes Echo klingt, stammt aus der Partitur zu einer Klanginstallation der Künstler Bill Dietz und Janina Janke. Sie ist ab heute und bis zum 29. April unter dem Titel Open House im leeren Raum des Gebäudes am Landwehrkanal zu erleben. Der Text, den man als Besucher eingeladen ist, auf diese Weise zu interpretieren, geht so weiter: „Ich habe immer also große Räume gehabt, wo ich drinnen machen konnte, was ich wollte. Ich habe gesagt, Menschenskind, mach doch die Bude groß genug, da kannst du drin hin und her laufen, nicht wahr?“

Das sind natürlich tolle Sätze, die den berühmten, den weiten, lichten Raum im Gebäude von Walter Gropius aus dem Jahr 1979 wunderbar füllen. Der Hintergrund: Nach dem 29. April wird das Bauhaus-Archiv schließen. Anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses 2019, der bedeutendsten Schule für Architektur, Design und Kunst des 20. Jahrhunderts, wird das Museum für 56,2 Millionen saniert und um einen gläsernen Museumsturm nach dem Entwurf des Berliner Architekten Volker Staab erweitert – je zur Hälfte wird das Ganze finanziert von Land und Bund.

Bis zur anvisierten Schlüsselübergabe im Jahr 2022 wird das Bauhaus-Archiv – übrigens gemeinsam mit den Ku’damm-Bühnen – im Schillertheater residieren. Außerdem wird es Teile des ehemaligen Buchladens Kiepert am Ernst-Reuter-Platz und die Berlinische Galerie mit Ausstellungen und Veranstaltungen bespielen.

Das Bauhaus-Archiv

Anfang Das Haus mit den markanten Shed-Dächern wurde von Walter Gropius gebaut und eröffnete 1979. Es beinhaltete seither die weltweit größte Sammlung der Bauhausschule, ein Museum, ein Café und einen Shop. Am 29. April wird es wegen Sanierung und Erweiterung um einen Neubau geschlossen. Wiedereröffnung ist voraussichtlich Ende 2022. Bis dahin residiert das Bauhaus-Archiv vor allem im Schillerthater.

Pause Von heute bis zum 29. April sind die Berliner eingeladen, sich unter dem Motto „Open House“ von den entkernten Räumen des Hauses am Landwehrkanal zu verabschieden. Der Eintritt ist frei, unter anderem gibt es Klanginstallationen, am letzten Tag, dem 29. April, ein großes Programm inklusive Yoga, Konzerten und mehr. Programm unter www.bauhaus.de, Öffnungszeiten Mittwoch bis Montag 10 bis17 Uhr, dienstags geschlossen. (sm)

Bei der Pressekonferenz am Dienstagvormittag ist viel Bedauern in der Stimme von Museumsdirektorin Annemarie Jaeggi zu hören, ausgerechnet den runden Geburtstag im Exil feiern zu müssen – aber auch viel Vorfreude über das Geschenk des Neubaus. Von Anfang an seien die 700 Quadratmeter zu klein gewesen für die weltweit größte Sammlung zur Geschichte des Bauhauses. Im Neubau wird es ab 2022 etwa 2.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche geben, der Altbau wird nur noch für Archiv und Bibliothek genutzt werden.

Jaeggi erzählt, wie vollgestopft der Raum, der jetzt so riesig wirkt, bis vor Kurzem noch war, alles voller Stellwände und anderer nachträglicher Einbauten, die großen Fenster völlig vernagelt. Nun zeigt sich erstmals seit Fertigstellung der größte Ausstellungsgegenstand der Sammlung, das Haus, in all seiner Pracht: Wie das Licht durch die markanten Shed-Dächer dringt, die Transparenz der niedrigen Halle mit der Glasfront, die die beiden Bauteile mit den Shed-Dächern verbindet: Man möchte direkt losrennen, ein Rad schlagen, was auch immer.

Das Programm, mit dem vor allem die Berliner eingeladen sein sollen, ist extrem partizipativ. Man wird gebeten, sich den Raum selbst anzueignen. Der Eintritt ist kostenlos, ebenfalls die Architekturführungen. Und: In einer Kabine kann man Texte wie den eingangs erwähnten von Mies van der Rohe selbst einsprechen und damit die Klanginstallation verändern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!