Online-Wahlkampf in Österreich: Die FPÖ und die blanke Niedertracht
Im Land der FPÖ sind „Dreckskerl“ und „linke Sau“ noch moderat. Nun hat die Partei einen Shitstorm gegen einen unliebsamen Journalisten angefacht.
Anlass war eine Homestory aus dem Heim des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer beim boulevardesken Kanal oe24.tv. Da wurde unter jede Bettdecke geguckt, und auch der Beziehungsstatus der 13-jährigen Tochter erschien den Reportern relevant. „Sie hat einen Freund“, gab Frau Hofer Bescheid.
Martin Thür notierte dazu auf Twitter: „Ich will nicht in einem Land leben, wo Kandidaten die Zimmer und das Liebesleben ihrer 13-jährigen Töchter offenbaren müssen, um zu gewinnen.“ Man kann diesen Kommentar als Kritik am Medium verstehen, das die Nase in die Intimsphäre einer Minderjährigen steckt, und an den Hofers, die darauf eingehen. Einen Angriff auf die Hofer’sche Tochter kann man schwerlich hineininterpretieren.
Genau das tat Norbert Hofer in einem Antwort-Tweet: „Das ist ungeheuerlich! Meine 13-jährige Tochter hat kein ‚Liebesleben‘.Wie können Sie so etwas über mein Kind schreiben?“ Der Skandal war geboren. Zwei Stunden später machte eine gewisse Herta Valentin, offensichtlich eine Hofer-Anhängerin, mobil. Sie verteilte einen Screenshot des Tweets von Thür und versah ihn mit dem Etikett „Tiefpunkt“. Der Autor sei eine „linke Kreatur“ und ein „Volltrottel“, der „sofort angezeigt“ gehöre. Wenig später lief Twitter heiß. Eine weitere Posterin aus dem Hofer-Netzwerk rief zum Shitstorm gegen Martin Thür auf.
Gezielte Verdrehungen
Der Shitstorm brach daraufhin über den Journalisten herein mit Invektiven wie „unterste Schublade“, „tief gesunken“ oder „sollten sich schämen“. Dass die FPÖ durch gezielte Verdrehungen Shitstorms gegen unbequeme Meinungsmacher auslöst, hat Methode.
So machte Falter-Chefredakteur Florian Klenk kürzlich auf Twitter den Vorschlag, österreichische Nachrichtensendungen türkisch zu untertiteln. Damit würden Gegeninformationen zur türkischen Propaganda verbreitet. Wiens FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus fühlte sich berufen, die Intention dieses Tweets auf den Kopf zu stellen. Klenk sei „immer für einen Quatsch zu haben. Vielleicht arbeite er ja optional für den kranken Mann am Bosporus“.
Es folgte eine Welle von Beschimpfungen, unter denen „linke Sau“, „Dreckskerl“ und „Bolschewik“ noch die höflichsten waren. Einen Mann, der fragte: „Kann man den anzünden, bitte?“, forschte Klenk aus und besuchte ihn in Oberösterreich. Er fand einen zerknirschten Mann, der nicht ins Klischee der bildungsfernen Globalisierungsverlierer passte, sondern wirtschaftlich erfolgreich in einer heilen Welt lebte. Wer in einer Echokammer der FPÖ steckt, kommt da offenbar schwer wieder raus.
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