Omnipräsente von der Leyen: Die unerschrockene Frau im Blazer
Erst zwei zugetane Biografien, nun ein Fernsehporträt: Ursula von der Leyen in „Frontfrau – Deutschlands erste Verteidigungsministerin“.
Zurzeit laufen die Ursula-von-der-Leyen-Wochen. Und ja, sie laufen gut. Für von der Leyen. Nachdem gerade zwei recht zugetane Biografien über die Bundesverteidigungsministerin erschienen sind, sendet das Erste an diesem Montagabend ein opulentes 45-minütiges Porträt der CDU-Politikerin.
Ursula von der Leyen, die Frau mit der Föhnfrisur, ist seit mehr als einem Jahr die Chefin im Bendlerblock. Immer lauter werden seither Stimmen, die ihr das Zeug zur Kanzlerin nachsagen.
Gesine Enwaldt, die Autorin des Films, erspart uns in „Frontfrau“ die Herkunftsgeschichte, die Story vom Aufstieg der Albrecht-Tochter und Mutter von sieben Kindern. Stattdessen geht Enwaldt direkt in die Vollen. Von der Leyen, so gehe die transportierte Erzählung der ministeriellen Meinungsmacher, hat in der schwarz-roten Regierung mit dem Verteidigungsministerium eines der schwierigsten Ressorts übernommen: Riesenetat, undurchdringliche Hierarchien, jede Menge Stolperdrähte.
Aber eine löst das jetzt: die unerschrockene Frau im Blazer. Sie feuert Staatssekretäre und Abteilungsleiter, macht Missmanagement öffentlich und sorgt für familienfreundliche Dienstzeiten. Am Ende ihrer Amtszeit wird von der Leyen es wieder mal geschafft haben: die pragmatische Dauerlächlerin gegen das aufgeblasene Beamten- und Rüstungsestablishment. So eine könnte doch auch Kanzlerin, oder?
Enwaldt lässt sich damit nicht abspeisen. „Was macht sie mit uns – nutzt sie uns nur für ihre Zwecke?“, fragt die Autorin angesicht der schönen Bilder, zu denen von der Leyen das WDR-Team einlädt. Ja, sie nutzt sie aus. Doch auch die Filmemacherin kennt ihre Möglichkeiten.
Das machiavellistische Machtverständnis
Sehr genau wird das machiavellistische Machtverständnis der Ursula von der Leyen beleuchtet. Wie sie Bremser entsorgt und durch Treiber ersetzt. Wie sie allein vorprescht, ohne sich abzustimmen. Wie sie Gegner zu Verbündeten umnutzt. Und immer wieder: ihre hochprofessionelle, zielgerichtete Kommunikation. Die Bundeswehr hat ein Materialproblem? Die Ministerin räumt das ein und kriegt am Ende zusätzliche acht Milliarden Etat. Die Armee hat ein Nachwuchsproblem? Sie verspricht WLAN auf der Stube. Sie selbst hat ein Imageproblem? „Das hat natürlich was mit Frau zu tun“, kanzelt sie Kritiker ab.
Oh ja, es gibt sie, die Neider. Aber vor die Kamera trauen sich nur Sozialdemokraten und Grüne. Dass die Filmautorin keinen aus der Union gefunden hat, der öffentlich Kritik an Ursula von der Leyen üben mag, sagt viel aus über die innere Verfasstheit der Regierungspartei. Einziges sichtbares Zeichen dafür, dass es von der Leyen in der CDU an Rückhalt fehlt, bleibt das Ergebnis der Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden auf dem Kölner Parteitag: miserable 70 Prozent.
„Die Story im Ersten“: Frontfrau – Deutschlands erste Verteidigungsministerin; Montag, 30. März, 22.45 Uhr, ARD
Am Ende des Films kocht die Ministerin der Journalistin einen Kaffee. Es ist ein schönes Bild. Die beiden stehen in der Büroküche, von der Leyen spricht über die „vorübergehenden“ Einschränkungen ihres Privatlebens. Der Subtext lautet: Wir sind uns jetzt nah, ich koch dir was Warmes. Es mag ungerecht erscheinen, einer Spitzenpolitikerin soziale Zuwendung vorzuwerfen. Verhält sich von der Leyen hier nicht in einer Weise, die ihr ohnehin eigen ist? Ja. Aber wer ihre Miene sieht, als Enwaldt die Kanzlerinnenfrage stellt, versteht: Diese Frau hat lieber immer alles unter Kontrolle.
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