Olympia 2014 in Berlin: Ringen um die richtige Antwort
Dem Parlament rennt die Zeit weg, sich zu einer möglichen Olympiabewerbung Berlins zu positionieren. Die Linksfraktion warnt vor einem Alleingang des Senats.
Nur drei Wochen nach dem Tempelhof-Volksentscheid beschäftigt schon wieder ein Großprojekt die Landespolitik: eine erneute Olympiabewerbung Berlins. Am Mittwoch ist sie Thema im Hauptausschuss, zwei Tage später in der Klausurtagung der CDU-Fraktion.
Nach taz-Recherchen deutet sich zudem an, dass es dazu am 3. Juli eine Abstimmung im Abgeordnetenhauses geben wird. Es ist die letzte Möglichkeit, eine Frage des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) nach der Haltung des Parlaments zu einer Bewerbung rechtzeitig zu beantworten.
Olympische Sommerspiele 2024 oder 2028 in Deutschland sind beim DOSB wieder zum Thema geworden, nachdem die Pläne für Winterspiele 2022 in München und Umgebung im November am Bürgerprotest gescheitert sind.
Der Sportverband hatte den Landesregierungen von Berlin und Hamburg Ende Mai einen Katalog mit je dreizehn Fragen geschickt und will die Antworten bis Ende August haben. Weil das Abgeordnetenhaus nach der Sommerpause erst wieder Mitte September tagt, ist die Sitzung am 3. Juli der letztmögliche Termin für eine Positionierung.
Man habe in den vorangegangenen Wochen Gespräche mit den politisch Verantwortlichen und den Präsidenten der Landessportbünde von Berlin und Hamburg geführt, so der DOSB. „Dabei haben beide Städte ihr großes Interesse an einer Olympiabewerbung unterstrichen.“ Neben Fragen zu Motivation, Wettkampfstätten oder Finanzierung will der DOSB in seinem Katalog wissen, wie Parlament, Regierung und die Bevölkerung zu einer Bewerbung stehen.
Henkel optimistisch
Innensenator Frank Henkel (CDU), im Senat auch für Sport zuständig, war jüngst im Parlament Fragen der Linksfraktion ausgewichen, wie er darauf fundierte Antworten geben wolle – Henkel mutmaßte bloß, dass eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus für eine Bewerbung sei.
Auch eine Woche später lässt sein Sprecher Stefan Sukale gegenüber der taz offen, ob und wie aus einer solchen Mutmaßung ein klares Votum werden soll: Das Verfahren laufe noch, es gebe noch keinen Senatsbeschluss.
Fragt man Senatssprecher Richard Meng, so sagt der, die Landesregierung werde sich „zeitnah“ damit befassen. Meng bestreitet einen richtungsweisenden Charakter der Antworten für den DOSB – das seien doch bloß Vorabfragen. Ebenso sei noch offen, ob es um 2024 oder 2028 gehe.
„Das ist doch Quatsch“, sagt dazu Steffen Zillich, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion. „Auf Grundlage dieser Antworten entscheidet der DOSB über eine Bewerbung.“
Seine Fraktion wendet sich grundsätzlich gegen einen erneuten Versuch, zum zweiten Mal nach 1936 die Spiele nach Berlin zu holen. Eine Bewerbung für die Spiele 2000 war 1993 klar gescheitert. „Wir finden es falsch, dass man sich nach dem Tempelhofer Feld gleich auf das nächste Großprojekt stürzt.“ Auch in der Grünenfraktion sehen das viele so.
Linke: „Nur Getue“
Absurd nennt Zillich, dass der Senat meine, die DOSB-Fragen ohne solide Grundlage beantworten zu können. „Wenn der Senat es ernst meint, legt er die Sache dem Parlament vor.“ Laut Zillich müsste das eigentlich schon im Plenum an diesem Donnerstag geschehen, um bis zur Sitzung am 3. Juli, der letzten vor der Sommerpause, darüber beraten zu können. Gebe es keine Beteiligung, sei klar, dass all die neuen Töne in SPD und CDU nach dem Tempelhof-Volksentscheid „nur Getue sind“, so Zillich.
Der sportpolitische Sprecher der SPD als größter Fraktion, Dennis Buchner, geht parallel zu den abwiegelnden Aussagen aus dem Senat davon aus, dass sich das Parlament noch vor dem Sommer positioniert. Eine Volksbefragung hält er aktuell nicht für nötig, weil „ja alles noch unverbindlich ist“. Er bemerke derzeit bei dem Thema keine allgemein feindliche Stimmung. „In einer Stadt wie Berlin wird man aber nicht ausschließen können, dass es Gegner einer Olympiabewerbung gibt.“
Die Haltung der Bevölkerung über eine Volksbefragung bzw. -abstimmung herauszufinden, wie sie Buchners Fraktionschef Raed Saleh jüngst vorschlug, ist auf die Schnelle völlig unrealistisch. Es ist noch offen, wie genau diese Befragungsform aussehen würde und ob ihr vielleicht eine Verfassungsänderung vorausgehen müsste – zu viele Unklarheiten für die vom Deutschen Olympischen Sportbund genannte Antwortfrist am 31. August.
Für BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser, der sich bei den aktuellen Diskussionen über mehr Bürgerbeteiligung stark engagiert, geht Salehs Vorstoß ohnehin in die falsche Richtung: „Ein undemokratischeres Prinzip als eine von oben angesagte Volksbefragung gibt es nicht.“
Die Alternative, ein Meinungsforschungsinstitut mit einer Umfrage zu Olympischen Spielen zu beauftragen, will sich der Senat offenbar sparen: Das würden doch schon die Medien machen, heißt es dort.
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