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Olaf Scholz reist nach PekingGlattes Parkett China

Fabian Kretschmer
Kommentar von Fabian Kretschmer

Schon im Vorfeld seiner Reise nach Peking sieht sich der Kanzler heftiger Kritik ausgesetzt. Wieder hat er verpasst, sich zeitnah zu erklären.

Olaf Scholz im Bundestag Foto: Bernd Elemnthaler/imago

N och vor wenigen Jahren wäre die Antrittsreise von Olaf Scholz nach Peking wohl als voller Erfolg gefeiert worden: Chinas Staatschef Xi Jinping lädt den deutschen Kanzler ein, als erster westlicher Regierungsvertreter nach zweieinhalb Jahren Pandemie-bedingter Isolation China zu besuchen. Was für eine Ehre!

Anno 2022 jedoch steht die Reise bereits im Vorfeld unter keinem guten Stern: Noch hallt die „Zeitenwende“-Rede in den Köpfen der deutschen Öffentlichkeit nach, da kommt Scholz kurz nach Xis autoritärer Krönung beim Pekinger Parteikongress zum Gratulieren vorbei. Dass der Hanseat zudem eine große Wirtschaftsdelegation im Tross hat, hinterlässt ebenfalls einen fahlen Beigeschmack.

Die Reise selbst wird ohne Zweifel für noch mehr Kopfschütteln sorgen: Ein Tagestrip innerhalb einer vollständig abgeschirmten Corona-Bubble, bei der weder die Korrespondenten vor Ort nennenswerten Zugang haben werden noch vertrauliche Gespräche zu kritischen Vertretern innerhalb der Zivilgesellschaft möglich sein werden, wirft eine ganze Menge Fragen auf. Allen voran: Warum muss es ausgerechnet jetzt sein?

Grundsätzlich gibt es natürlich gute Gründe, nach China zu reisen. Die Beziehungen der Volksrepublik zum Westen sind in den letzten zwei Jahren auf ein gefährliches Niveau gesunken. Gespräche sind zu dem jetzigen Zeitpunkt notwendiger denn je. Doch Olaf Scholz hat es erneut versäumt, sich der deutschen Öffentlichkeit im Vorfeld ausreichend zu erklären und seine Beweggründe offenzulegen.

Es steht außer Frage, dass die chinesischen Staatsmedien den Besuch von Scholz als riesigen Propagandagewinn ausschlachten werden: Der deutsche Kanzler muss als Beweis für die erfolgreiche Öffnung des Reichs der Mitte herhalten. Bislang jedoch machte Scholz wenig Anstalten, sich gegen eine solche Vereinahmung zu wehren. Damit sorgte er in einigen europäischen Botschaften vor Ort schon für deutliche Irritation.

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Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
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3 Kommentare

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  • Die 'deutsche' (weniger EU-) Außenpolitik ist inzwischen zu einem Bittsteller-Ritt (zugunsten der global aktiven Unternehmen) geworden, um nicht vollends abgehängt zu werden. Schließlich sind VW, Siemens, BASF/Wintershall etc. nicht gewohnt, auf Probleme zu stoßen, sowohl in Bezug auf die Verfügbarkeit von Rohstoffen aller Art, aber in China insbesondere, dass dort der Staat ihnen ins Gewerk pfuscht und eigene Massstäbe setzt und die Investoren nur dazu nutzt, um selbst aktiv zu werden und ihnen letztlich das Wasser abgräbt. Auch wenn Lauterbach gestern abend bei Lanz lästert, dass die Innovationen bisher immer von den (vom Steuerzahler der jeweiligen Staaten gepuschten) Thinktanks in den früher einmal entwickelteren Ländern ausging: Am Beispiel Südkoreas oder Japans zeigte sich schon früher, dass sich Patente und wissenschaftliche Errungenschaften nicht in nationalen Grenzen festhalten lassen. Und China muss nun einmal seinen eigenen Weg suchen und seinen 1,4 Milliarden Menschen Arbeit und Brot zu geben, was auch ihnen immer schwerer fällt, wenn Roboter und Automaten für sie eben keine Existenzgrundlage bieten. Wenn es für 20 % gut ausgebildeter und hoch motivierter junger Menschen keine Jobs gibt, ist das eine Zeitbombe für jede Regierung. Nein, das Herumgereise bringt nichts: Deutschland wurde von den Investoren als Sprungbrett für eine Globalisierung genutzt, die am Beispiel China jetzt ihre Grenzen gesetzt bekommt und keine deutsche Regierung kann das revidieren, wenn die früheren Existenzgrundlagen aufgrund der viel zu hohen Anhängigkeiten und Risiken das Luxusleben hier zu einem Ende bringen. Selbst in Kasachstan hat hat man verstanden, das die EU kein besonders interessanter Partner mehr sein kann.

  • Scholz erklärt sowieso nie sondern behauptet irgendwas.



    Es wäre schön, wenn mal jemand seine Behauptungen in eine Liste eintragen würde und nachfolgend die Wahrheit bzw. das Zutreffen der Behauptungen überprüfen würde. Ich befürchte wir hätten Falschbehauptungen die quotal nicht weit hinter den tatsächlichen Lügen eines ehemaligen US Präsidenten liegen würden.



    Schlimm, dass so eine Figur bis ganz nach oben gespült werden konnte. SPD halt und die mündigen Wähler, die stehen auf solche "Macher".

  • Er fährt, er spricht, er schaut. Kein Zeitpunkt wäre besser als der jetzige. Konfrontaton haben wir an anderer Stelle genug. Geradezu chinesische Diplomatie.



    Was Medien in China draus machen, ist doch allen klar. Auch den Chinesen selbst - und denen es nicht klar ist werden auch vom nicht-kommen genauso "beheizt" werden.



    "Kritische Gespräche mit Vertretern der Zivilgesellschaft..." die Idee, dass dies in China möglich sein könnte ist, oder auf der Agenda von Hrn. Scholz zu stehen hätte, wenn er schon reist... Weihnachtswünsche an Xi Jinping. Chinesen feiern Weihnachten teilweise verkleidet... da hätte ich ein paar Ideen...