Olaf Scholz reist nach Peking: Glattes Parkett China

Schon im Vorfeld seiner Reise nach Peking sieht sich der Kanzler heftiger Kritik ausgesetzt. Wieder hat er verpasst, sich zeitnah zu erklären.

Olaf SCholz im Deutschen Bundestag, nachdenklich

Olaf Scholz im Bundestag Foto: Bernd Elemnthaler/imago

Noch vor wenigen Jahren wäre die Antrittsreise von Olaf Scholz nach Peking wohl als voller Erfolg gefeiert worden: Chinas Staatschef Xi Jinping lädt den deutschen Kanzler ein, als erster westlicher Regierungsvertreter nach zweieinhalb Jahren Pandemie-bedingter Isolation China zu besuchen. Was für eine Ehre!

Anno 2022 jedoch steht die Reise bereits im Vorfeld unter keinem guten Stern: Noch hallt die „Zeitenwende“-Rede in den Köpfen der deutschen Öffentlichkeit nach, da kommt Scholz kurz nach Xis autoritärer Krönung beim Pekinger Parteikongress zum Gratulieren vorbei. Dass der Hanseat zudem eine große Wirtschaftsdelegation im Tross hat, hinterlässt ebenfalls einen fahlen Beigeschmack.

Die Reise selbst wird ohne Zweifel für noch mehr Kopfschütteln sorgen: Ein Tagestrip innerhalb einer vollständig abgeschirmten Corona-Bubble, bei der weder die Korrespondenten vor Ort nennenswerten Zugang haben werden noch vertrauliche Gespräche zu kritischen Vertretern innerhalb der Zivilgesellschaft möglich sein werden, wirft eine ganze Menge Fragen auf. Allen voran: Warum muss es ausgerechnet jetzt sein?

Grundsätzlich gibt es natürlich gute Gründe, nach China zu reisen. Die Beziehungen der Volksrepublik zum Westen sind in den letzten zwei Jahren auf ein gefährliches Niveau gesunken. Gespräche sind zu dem jetzigen Zeitpunkt notwendiger denn je. Doch Olaf Scholz hat es erneut versäumt, sich der deutschen Öffentlichkeit im Vorfeld ausreichend zu erklären und seine Beweggründe offenzulegen.

Es steht außer Frage, dass die chinesischen Staatsmedien den Besuch von Scholz als riesigen Propagandagewinn ausschlachten werden: Der deutsche Kanzler muss als Beweis für die erfolgreiche Öffnung des Reichs der Mitte herhalten. Bislang jedoch machte Scholz wenig Anstalten, sich gegen eine solche Vereinahmung zu wehren. Damit sorgte er in einigen europäischen Botschaften vor Ort schon für deutliche Irritation.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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