piwik no script img

Offener Brief von 50 OrganisationenFracking nicht erlauben

50 Organisationen fordern eine klare Positionierung der Bundesregierung. Fracking soll verboten bleiben, auch wenn Rufe danach lauter werden.

Eine Ölpumpe in Texas Foto: Eli Hartmann/ap

Berlin taz | 50 Bürgerinitiativen, Kirchengruppen und Umweltverbände fordern in einem offenen Brief an vier Bun­des­mi­nis­te­r:in­nen ein klare Absage an Fracking. Sie reagieren damit auf die immer lauter werdenden Rufe nach einer Erlaubnis für diese Fördertechnik, die in Deutschland verboten ist.

Beim Fracking wird für die Gewinnung von Gas ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien in den Boden gepumpt. So entstehen Risse im Gestein, durch die Gas entweicht. Nach einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) von 2016 könnten in Deutschland zwischen 380 und 2.340 Milliarden Kubikmeter Gas mittels Fracking gefördert werden. Die Methode gilt als extrem umweltzerstörend, sie kann zu Erdbeben führen. In der aktuellen Energiekrise werden trotzdem Forderungen lauter, auch in Deutschland auf diese Art Gas zu gewinnen. Vor allem die FDP versucht sich mit diesem Thema zu profilieren.

„Fracking schafft keine Abhilfe in Sachen aktueller Energiekrise“, heißt es in dem Brief an das Wirtschafts-, das Umwelt-, das Landwirtschafts- und das Gesundheitsministerium. Bis das so gewonnene Gas zur Verfügung stände, würden bis zu zehn Jahre vergehen. „Dann aber wird es aufgrund des massiven Ausbaus der erneuerbaren Energien gar keinen Engpass mehr geben“, schreiben die Unterzeichnenden, zu denen der Naturschutzbund Deutschland, die Organisationen Urgewald, PowerShift und Forum Umwelt und Entwicklung sowie die Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Evangelischen Kirchen gehören.

Diese Fördertechnik beschleunige die Erderhitzung. Studien belegten negative Gesundheitsauswirkungen, heißt es. „Fracking ist keine vertrauenswürdige Technologie und droht die Klima- und Ressourcenkrise weiter zu verschärfen“, so der Vorsitzende des Umweltverbands BUND, Olaf Brandt, der den offenen Brief ebenfalls unterzeichnet hat. Der Wasserbedarf beim Fracking sei enorm. „Gerade nach einem erneuten dramatischen Dürrejahr wie 2022 wäre es grotesk, diesen Aspekt zu ignorieren und Fracking die Tür zu öffnen“, sagte er.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Ich bin auch sehr dafür, andere Länder die Risiken auf sich nehmen zu lassen.

    Gleichzeitig unterstütze ich Robert Habeck in seiner Kritik, daran, dass diese, unter anderem, mit uns befreundeten Länder uns diese unter Inkaufnahme großer Risiken gewonnen Kohlenwasserstoffe nicht günstig an uns abgegeben werden!

    Ansonsten finde ich die Forderung nach einer kompletten Absage auch für sinnvoll, denn so bleibt der Preis für Gas schön weit oben, es ist ja nicht so, dass wir uns Jahrzehntelang für russisches Gas entschieden hätten, weil dieses so schön billig war.

    Und jetzt bitte keine Kritik an meiner Bigotterie, das habe ich von den Grünen gelernt!

  • Fracking - Spekulation zu Lasten unserer Kinder.

    Kein Mensch, kein Wissenschaftler kann zu 100% ausschließen, dass Fracking nicht doch das Grundwasser versaut.



    Gibt es etwas schlimmeres als nicht mehr genießbares Grundwasser?

    Hier lauert ein mögliches Rest-Gefahrenpotential für die Generation nach uns und deshalb bin ich gegen jede Form des Frackings.

    • @Rudi Hamm:

      Ihre Risikoananalyse darf ich noch ergänzen. Bei Windrädern sind Havarien möglich. Praktisch gesprochen könnten unseren Kindern und den nachfolgenden Generationen die Rotorblätter auf die Köpfe fallen - man kann das nicht zu 100% ausschließen. Deshalb sollten wir Windräder in geeigneter Form verhindern. Am besten durch Verwaltungsauflagen, die die Genehmigungen mindestens auf 6-7 Jahre hinauszögern. Wie ich hörte, hat die Koaltion dieses Problem erkannt und ignoriert gekonnt die Verwaltungsverfahren - natürlich unter Hinweis auf den raschen Ausbau der Windenergie. Deswegen brauchen wir ja demnächst auch kein Gas mehr.

      • @Nachtsonne:

        Ein Windrad kann bei einer Havarie wenige Menschen töten, verdrecktes Grundwasser aber hunderttausende.



        Ein havariertes Windrad ist eine Gefahr für Stunden, versautes Grundwasser für Jahrzehnte.

  • Die aktuelle Argumentation der Frackingfreunde ist ja grob gesprochen, dass die Technik vorangeschritten sei und nicht mehr (so) umweltschädlich, was mich dann jedesmal argumentativ verunsichert zurücklässt.



    Diese Argumentation wird im Artikel und offenbar auch im Brief überhaupt nicht erwähnt, geschweige denn Gegenargumente dazu.



    Hier wäre ein fundiertes Statement echt wichtig gewesen.

  • Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt hat, darf man sich die Frage stellen, wie die Absender des Briefes ihre ohnehin schon pauschalierten Aussagen belegen wollen. Das bedeutet nicht, dass Fracking die Lösung aller Probleme darstellt, aber etwas mehr Differenzierung tut not. Ab gesehen davon würde ich gerne mal wissen, warum der Import von Fracking GAS OK ist, aber die Gewinning in Deutschland unter Einsatz neuester Technologien nicht. Das erinnert mich doch stark an die Kernenergiedebatte - im Winter Kernenergie aus Frankreich importieren, Kolhekraftwerke einschalten und sich dann gegenseitig auf die Schulter klopfen - wir sind ja die guten. Das die deutsche CO2 Bilanz dabei International international gerade mal im Mittelfeld liegt, scheint ja niemanden zu interessieren. Aber es gibt einen Trost, denn mit Illusionen wird man nicht Bürgermeister, siehe Boris Palmer vs. Grüne.

    • @Nachtsonne:

      Ich habe ein fundiertes Statement mit dem offenen Brief abgegeben. Leider wurde der der Brief hier weder verlinkt noch auf diese Argumente verwiesen. Anbei der LInk: www.duh.de/fileadm...ehnen_-_241022.pdf

      Der sog. "Experte" Holger Weiß (der in letzter Zeit die Medienlandschaft tourt und behauptet, man würde nur noch "Spüli" einsetzen) hat übrigens auf die Frage, welche Chemikalien den nun eingesetzt werden, die Antwort verweigert (den Schriftwechsel kann ich gerne zukommen lassen).