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Österreichs Bundeskanzler in NotKurz vor der Anklagebank

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz wird von der Justiz demontiert. Sein Image als smarter Jungpolitiker wird nachhaltig Schaden nehmen.

Er hätte besser den Mund gehalten: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz Foto: Helmut Fohringer/apa

sterreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der auch in Deutschland viele Fans hat, durchlebt eine dunkle Stunde. Alles deutet darauf hin, dass er demnächst vor dem Richter landet. Eine Verurteilung ist nicht ausgeschlossen. Zwar ist eine Haftstrafe unwahrscheinlich, doch auch eine saftige Geldbuße macht sich nicht gut im Lebenslauf eines Spitzenpolitikers.

Denn die Justiz demontiert momentan das erfolgreich aufgebaute Image des smarten Jungpolitikers, der im Wahlkampf „Zeit für Veränderung“ plakatierte und doch die alten Gewohnheiten des Postenschachers, der Vetternwirtschaft und der Klientelpflege fortsetzt. Der Unterschied ist einzig, dass jetzt vor allem Leute aus der Seilschaft des Sebastian Kurz zum Zug kommen: junge, ideologiebefreite Neokonservative, die nach Karriere, Geld und Macht streben.

Posten werden nach Loyalität, nicht nach Kompetenz besetzt. Bedient wird, wer zur „Familie“ gehört, wie aus den von der Justiz durchforsteten Chatprotokollen hervorgeht. Auch Unternehmer, die sich durch großzügige Parteispenden ausgezeichnet haben, dürfen mit Wohlwollen rechnen und Familienmitglieder in gut dotierte Aufsichtsratsposten schicken.

Der Durchmarsch der Kurz-Truppe stieß auf wenig Widerstand. Die mächtigen Landeshauptleute der ÖVP, die berufsständischen Bünde, die in der Partei immer das Sagen hatten, übertrugen dem Jungspund, der den Sieg verhieß, alle Macht. Und das Wahlvolk machte Kurz schon zweimal zum Kanzler. Bisher haben nicht einmal die Skandale im Umfeld des Strahlemanns dessen gute Umfragewerte nachhaltig beschädigen können.

Den saloppen Umgang mit Verfassung und Rechtsstaat nehmen die meisten Wähler achselzuckend hin. Und die mit fetten Inseraten gefütterten Boulevardmedien üben sich in Ablenkung. So titelte die Kronen Zeitung am Tag nach der politischen Bombe: „Unsere Sehnsucht nach einem ganz normalen Sommer“. Sebastian Kurz wird wohl auch eine Verurteilung politisch überleben. Aber der Lack des Messias ohne Fehl und Tadel ist ab.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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12 Kommentare

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  • Na so was.



    Wie´s scheint geht´s in WIen ja fast schon so zu wie in Piefkenesien, Sorry Germany.



    Angekommen, so kurz vor der Anklagebank/Bereicherung/Steuerbetrug/Politikerbereicherung.



    Ist wohl, kurz gesagt, hier wie drüben.

  • Na Servus

    Nachdem die Justiz der Schluchties ganz alpin mit Nachhilfe europäischer Gerichte auf den Pfad des Rechts - insbesondere der Wahrung richterlicher Unabhängigkeit auch bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit verholfen ist. Hab ich keine Sorge - daß diesem Bürschel - das ein oder andere hochgebunden wird. Saubazi.

    kurz - Bin gespannt.

    • @Lowandorder:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch wendet ein:

      “ Na Mahlzeit Wien.

      Hoffentlich haben Sie Recht. Es beseht allerdings Grund zur Sorge. Die deutsche Geschichte lehrt, was ein Österreicher einst aus derJustiz gemacht hat. Mal Fritz Keller fragen.“

      Ok Ok - halte mich an seinen Grundsatz:



      „Grabe, wo Du stehst“.



      Die ersten Schluchtie-Kollegen - die ich erinner - tauchten dementsprechend geladen auf - als - Schland abkupfernd - die Alpine VerwRi Variante aus der Traufe gehoben war - AUF ZEIT FÜR 10 JAHRE & back in die Verwaltung!!!



      & Däh kurze Zeit später - Verdonnert!



      Richterliche Unabhängigkeit herstellen!



      Die hie&da immer wieder sich einfindenden Kollegen machten einen handfesten kritischen Eindruck & fühlten sich unter uns Unfrisierten ersichtlich wohl - (auch gelegentlich eintrudelnde schwyzer “Ich bin schwarz - aber was ihr macht interessiert mich!;)



      &



      Längst las liest man einige davon unter PräsidentIn & drgl. - Paschd scho.

      kurz - Schaugnmer mal - Dann Sehgnmers scho!



      unterm——- Danke für den Hinweis —



      de.wikipedia.org/w...eller_(Historiker)

      • @Lowandorder:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - legt nach:

        “Wiener Würstchen

        Wiener Würstchen, frisch zubereitet: www.youtube.com/watch?v=b8ghF63cL3g







        Na Mahlzeit & MO——-

  • Zitat: ... junge, ideologiebefreite Neokonservative ... Ende Zitat. Bitte liebe TAZ, keine Sprache wie die FAZ, denn seit wann ist neokonservativ ohne Ideologie? Das hatte sogar mein Vater selig noch mit 80 Jahren und als eingefleischter FAZ-Leser verstanden, dass es eine Ideogiefreiheit schlecht geben kann und die Behauptung, ideologiefrei zu sein eine Unwahrheit ist.

  • Tja was soll man jetzt dazu sagen:



    Wenn die "Öschi's" ehrlich wär'n, hättn's halt wieder einen Kaiser gewählt. Die Bauten sind alle noch da und das politische Gehabe liegt näher am monarchischen. -Ironie aus-

  • Was möchten Sie uns damit sagen?



    Wenn ich mich so in der Welt umschaue erkenne ich Unterschiede. Sie nicht?

  • Das sind also unsere neuen "demokratischen Volksvertreter" in Europa. Wer mehr erfahren möchte, der sollte sich die Sendung von Jan Böhmermann anschauen.

    **Sebastian Kurz - der Penatenkanzler & seine türkise Familie | ZDF Magazin Royale** www.youtube.com/watch?v=b8ghF63cL3g

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Ricky-13:

      Dem kann ich mich nur anschließen!



      Sehr gute Sendung!



      Österreich drohen mit Sebastian Kurz polnisch-ungarische Verhältnisse.



      Aber irgendwie scheint das gewollt.

  • Posten werden nach Loyalität, nicht nach Kompetenz besetzt.

    Und das ist bitte wo anders?

    • @danny schneider:

      Was möchten Sie uns damit sagen?

      Wenn ich mich so in der Welt umschaue erkenne ich Unterschiede. Sie nicht?

      • @Nilsson Samuelsson:

        jepp, es gibt offene Korruption und verdeckte... in verschiedenen Graden.