Ölkonzern wird Spionage vorgeworfen: Mit MI6-Agenten gegen Greenpeace
Der Mineralölkonzern OMV soll Umweltschützer bespitzelt haben. Die Vorwürfe kann das Unternehmen nicht glaubwürdig ausräumen.
![Rot gekleidete Menschen vor kahlen Bäumen Rot gekleidete Menschen vor kahlen Bäumen](https://taz.de/picture/4805935/14/27240831-1.jpeg)
Im vergangenen Frühjahr wurde den Büros von Greenpeace und FFF in Wien eine beunruhigende E-Mail zugespielt. Darin fragt ein OMV-Security-Manager am 24. Februar 2020 zwei Kollegen, ob sie in einen Verteiler aufgenommen werden wollen, in dem Welund regelmäßig über Umweltaktivisten berichtet. Welund wird darin als „our target activism intelligence provider“ beschrieben. Es geht also um „gezielte geheimdienstliche Überwachung“.
Ganz anders stellt es die OMV in einem Antwortschreiben dar, das der Konzern auf eine Anfrage von Greenpeace Österreich abschickte. Darin ist von normaler Pressebeobachtung die Rede. Jasmin Duregger, Pressesprecherin für Greenpeace Ost- und Mitteleuropa, fragt sich: „Wenn ich normales Pressemonitoring mache, warum muss ich eine spezialisierte Firma anheuern, die von einem MI6-Agenten gegründet wurde?“. MI6, wie jeder James-Bond-Kenner weiß, ist der britische Auslandsgeheimdienst. Auch die Auskunft, dass nur die sozialen Medien durchforstet würden, hält Duregger für „fadenscheinig“.
„Wenn wir Protestaktionen planen, ist das extrem vertraulich“, erklärt die Sprecherin, „die Information darüber wird mit sehr wenigen Leuten geteilt. Es ist öffentlich nicht ersichtlich, was unsere Pläne sind, da wir sie über verschlüsselte Kommunikation vorbereiten“. Bisher habe es keine Hackerangriffe gegeben, auch Maulwürfe seien keine eingeschleust worden. Dass sich Welund illegaler Methoden bedient, um die Klimaaktivisten zu bespitzeln, könne man also nicht beweisen. Deswegen wolle man wissen, was genau in den Verträgen mit Welund vereinbart ist. Von der OMV wurde auf die Vertraulichkeit dieser Verträge verwiesen. Welund habe auf diese und auf Presseanfragen nicht geantwortet.
Spionagemethoden sind nicht neu
Dass Greenpeace weltweit unter Beobachtung der Ölindustrie steht, ist 2017 in Neuseeland nachgewiesen worden. Dort konnten die lokalen Aktivisten mit einer Gegenüberwachung nachweisen, dass die Security-Firma Thompson + Clark über vertrauliche Archive und mittels GPS-Trackers ihre Bewegungen überwacht hatte. Für eine vergleichbare Recherche habe man in Wien weder die Ressourcen, noch die Zeit.
Greenpeace und FFF wandten sich an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) um Unterstützung. Einzig Kogler hat am 7. April mit einem Schreiben an OMV-Generaldirektor Rainer Seele darauf reagiert: „Da die OMV ein sehr exponiertes und wichtiges Unternehmen ist, an dem die Republik Österreich mit 31,5 Prozent beteiligt ist, halte ich eine rasche Behandlung der Thematik und entsprechende Aufklärung der in den Raum gestellten Vorwürfe im Sinne der öffentlichen Relevanz, Transparenz und gesellschaftlichen Vertrauensbildung für wichtig.“ Die Antwort eine Woche später war aber nichts sagend. Nach einem Bekenntnis zu Klimaschutz und Transparenz wird beteuert: „Den Vorwurf, dass NGOs oder Privatpersonen ausspioniert würden oder in der Vergangenheit wurden, weist die OMV entschieden zurück.“ Sie schließt mit einem Gesprächsangebot an die Betroffenen.
Das ist nicht das, was sie sich gewünscht hatten. Jasmin Duregger: „Man hat uns einen allgemeinen Termin mit der Pressestelle angeboten.“ Sie wollen aber von den Verantwortlichen wissen, was in den Verträgen steht.
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