Ökotest warnt vor Kleidung von „Shein“: Giftige Chemikalien in Billig-Mode

Die Produktionszyklen bei Mode werden immer schneller. Nun steht die Ultra-Fast-Fashion-Plattform Shein in der Kritik: vor allem wegen Schadstoffen.

Bunte Textilien liegen übereinander. Symbolbild

Ultra-Fast-Fashion-Anbieter bringen teilweise Tausende neue Produkte täglich auf den Markt Foto: Hubert Psaila Marie/imago

BERLIN taz | Kleidung von der Ultra-Fast-Fashion-Plattform Shein ist teilweise stark mit schädlichen Chemikalien belastet. Zu diesem Ergebnis kommt die Zeitschrift Ökotest, die zur Probe 21 Produkte über die Plattform gekauft und ins Labor geschickt hat. Bei 8 Stücken war die Schadstoffbelastung so hoch, dass die Tes­te­r:in­nen das Produkt abwerteten. Bei 2 Produkten lagen die gefundenen Chemikalienmengen über den gesetzlichen Grenzwerten.

Insgesamt schnitt keines der Produkte besser ab als ausreichend, weil das Unternehmen nicht auf Fragen unter anderem zu den Arbeitsbedingungen einging. „Wir können dann keine bessere Note vergeben, wenn wir zum Beispiel Zwangsarbeit nicht ausschließen können“, so eine Sprecherin von Ökotest.

Die Ultra-Fast-Fashion-Plattform Shein kommt aus China, mittlerweile hat die Firma ihren Sitz in Singapur. Ultra-Fast-Fashion-Anbieter bringen teilweise Tausende neue Produkte täglich auf den Markt. Meist zunächst in kleiner Stückzahl, die sie dann bei steigender Nachfrage schnell erhöhen. Die Preise sind extrem niedrig: Sandalen gibt es für ein-, Anzüge für zweistellige Beträge.

In einer Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH vom Mai gaben 22 Prozent der Befragten an, mindestens einmal im Monat über Shein zu bestellen. Doch an den Produktionsbedingungen und der Warenqualität gibt es immer wieder Kritik – die das Unternehmen bislang nicht ausräumen konnte.

Schadstoffe drin, Sohle gebrochen

Besonders negativ fiel bei dem aktuellen Test beispielsweise ein Paar Sandalen auf: Das habe gleich mehrere der in der EU-Chemikalienverordnung REACH verankerten Grenzwerte überschritten: Die Schwermetalle Blei und Cadmium seien in zu großen Mengen vorhanden gewesen. Blei sei nervengiftig und reproduktionstoxisch, Cadmium könne, wenn man über einen längeren Zeitraum höheren Dosen ausgesetzt sei, zu Nieren und Knochenschäden führen. Beide Chemikalien reicherten sich im Körper an. Zudem habe der in den Sandalen gemessene Wert an Phthalaten den gesetzlichen Grenzwert um das 15-fache überschritten. Die Stoffe stünden im Verdacht, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen und ungeborene Kinder im Mutterleib zu schädigen.

Ökotest kritisierte nicht nur die Belastung mit Schadstoffen, sondern auch Mängel bei der Haltbarkeit und der Herstellungsqualität der Produkte. Bei den Sandalen, die schon wegen diversen Grenzwertüberschreitungen bei Schadstoffen aufgefallen waren, sei im simulierten Lauftest nach rund 14.000 Schritten die linke Sohle gebrochen. Bei einem anderen Paar Sandalen seien beide Schuhe bereits nach rund 5.700 Schritten gebrochen. Wer täglich die häufig empfohlenen 10.000 Schritte geht, kommt damit also nicht weit.

Bei Kleidung weiche teilweise die Waschanleitung auf dem Produkt von der auf der Webseite angegebenen ab: So weise das Produktlabel teilweise Handwäsche aus, während auf der Webseite Maschinenwäsche angegeben worden sei. Ver­brau­che­r:in­nen würden aber beispielsweise ein Babyhandtuch wohl kaum per Hand waschen.

Das Fazit der Zeitschrift: „Shein schützt sich so vor Reklamationen – und produziert im schlechtesten Fall nichts anderes als Einwegtextilien.“ Manche Stücke aus Polyester hätten sich zudem „so gruselig billig“ angefühlt, dass kei­ne:r der Testenden es freiwillig hätte anziehen wollen. Das Unternehmen äußerte sich auf taz-Anfrage nicht zu den Vorwürfen.

Nicht nur in Sachen Schadstoffen und Produktqualität steht Shein in der Kritik – auch die EU-Kommission hat das Unternehmen im Blick: Erst vor wenigen Wochen verlangte sie Auskunft über Maßnahmen zum Schutz von Verbraucher:innen, speziell von Minderjährigen. Im Fokus stehen dabei sogenannte Dark Patterns. Das sind Designtricks, mit denen Webseiten-Beitreiber die Nut­ze­r:in­nen manipulieren können, damit diese beispielsweise eher einen Kauf abschließen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.