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Gefährliche Stoffe in AlltagsproduktenFrankreich verbietet Ewigkeitschemikalien weitgehend

Die Nationalversammlung in Paris hat für ein Gesetz gestimmt, das sogenannte PFAS bald als Bestandteile von Kosmetik und anderen Waren ausschließt.

Nicht nur in Frankreich ein Problem: Greenpeace wies hohe PFAS-Konzentrationen im Meeresschaum auch an deutschen Küsten nach Foto: imageBRoker/imago

Paris taz | Die französische Nationalversammlung hat am Donnerstag einem Gesetz zugestimmt, das die sogenannt Ewigkeitschemikalien der PFAS-Gruppe (die Abkürzung steht für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) explizit „zum Schutz der Bevölkerung gegen die mit diesen Substanzen verknüpften Risiken“ aus der Produktion und dem Verkauf verbannen soll.

Dass eine breite Mehrheit der Abgeordneten von links bis hin in die konservative Rechte mit Ja gestimmt hat, ist bemerkenswert. Seit Monaten ist diese Parlamentskammer in fast allen Fragen total gespalten und die Regierung verfügt nicht über eine absolute Mehrheit.

Bezeichnend ist auch, dass die extreme Rechte, die Fraktion von Marine Le Pens Rassemblement national, gegen diese Umweltschutzmaßnahme war. Es sind diese Gegner eines PFAS-Verbots, die sich – angeblich im Interesse der Landwirte – immer wieder auch im Kampf gegen gesundheits- und umweltschädliche Pestizide quer stellen.

Die Tatsache, dass die Gesetzesvorlage gegen diese Chemikalien von der Fraktion der französischen Grünen eingebracht worden war, stellte wohl noch ein zusätzliches Motiv für die Rechten dar, die Interessen der Chemie- und Agrarlobby über diejenigen der öffentlichen Gesundheit zu stellen.

Praktisch, aber gefährlich

Die Gefahren dieser rund 10.000 in verschiedensten Bereichen verwendeten PFAS-Moleküle sind seit Langem bekannt. Die Substanzen werden wegen ihrer wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaft unter anderem in der Herstellung von Verpackungen, Waschmitteln, Kosmetika, Farben, Brandschutzschaum oder Antihaft-Pfannenbelag benutzt. Sie gelten aber als potenzielle Krebserreger, schaden der Leber und dem Hormonsystem.

Bedenklich sind diese Risiken erst recht, weil diese „ewigen“ Substanzen kaum abgebaut werden, sondern auf unabsehbar lange Zeit in der Umwelt bleiben, wo sie sich im Boden und im Grundwasser ansammeln. Das vom Senat ebenfalls verabschiedete Gesetz sieht auch vor, dass das Trinkwasser auf den Gehalt dieser Substanzen kontrolliert wird.

Das Verbot soll in Frankreich nun schrittweise in Kraft treten: Ab 2026 ist die Produktion, Ausfuhr und Einfuhr PFAS-haltiger Kosmetikprodukte, Schuhe und Kleider sowie gewisser Gleitmittel für den Wintersport untersagt. Ausgenommen vom Verbot sind vorerst Schutzanzüge für das Militär oder Rettungsmannschaften.

Weil auch Küchenutensilien mit PFAS zunächst weiter produziert und verkauft werden dürfen, vermutet die Zeitung Libération ein erfolgreiches Lobbying des französischen Pfannenherstellers SEB. Allerdings wird mit dem französischen Gesetz durchgesetzt, dass Industrie nach dem Verursacherprinzip für die Umweltverschmutzung mit PFAS aufkommen muss.

Ewigkeitschemikalien sind nicht nur in Frankreich ein Problem. Kürzlich wies die Umweltorganisation Greenpeace hohe Konzentrationen der Stoffe im Meeresschaum an deutschen Küsten nach. In den Niederlanden warnt bereits das Gesundheitsministerium vor Kontakt mit dem Meeresschaum in der Nordsee.

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8 Kommentare

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  • "... Allerdings wird mit dem französischen Gesetz durchgesetzt, dass Industrie nach dem Verursacherprinzip für die Umweltverschmutzung mit PFAS aufkommen muss. ..." Das würde ich jetzt mal in Zweifel ziehen, da das Zeug ja überall ist und man wahrscheinlich die einzelnen Moleküle nicht dem Hersteller zuordnen kann, wie sollte das passieren.

  • Unser Noch- Wirtschaftsminister Habeck hat sich hierzulande von der Chemielobby überzeugen lassen, dass die Chemikalie PFAS unbedenklich ist. Man solle doch nicht zu viel regulieren...



    Wes Geistes Kind muss man sein?

    • @skytalker07:

      Ja klar, die GRÜNEN sind Schuld. Keineswegs etwa die Lobby, die zuverlässig dafür sorgt, dass solche Verbote nicht die geringste Chance haben. Und da die GRÜNEN ja über die absolute Mehrheit verfügen sind sie -logisch- auch hier verantwortlich. Welche kruder Einwand....

  • Man sollte immer wieder laut wiederholen, die CDU hat das EU-Verbot von PFAS verhindert! Ebenso verschleiern sie die Probleme mit PFAS in Deutschland so gut es geht. Geld mit schlimmen Folgeerkrankungen zu verdienen hat ja Tradidiot. Der Bayer-Kauf von Monsanto kommt noch oben drauf und fertig ist der neue chemische Coctail für die Welt.

  • Hoffentlich ist das ein Weckruf, um dieses gefährliche und weitgehend überflüssige Zeug in der ganzen EU zügig zu verbieten.

  • Eine Ewigkeits-Chemikalie, ubiqitär und nicht erst seit gestern.



    "Im Jahr 2022 fanden Forschende der Universität Stockholm und der ETH Zürich heraus, dass auch Regen gefährlich hoch mit den Schadstoffen belastet ist. Durch den Wasserkreislauf gelangen die Chemikalien selbst in die entlegensten Regionen der Erde und wurden bereits in der Antarktis und der Tibetanischen Hochebene nachgewiesen. „Basierend auf den neuesten US-Richtlinien für PFOA – also Perfluoroctansäure – im Trinkwasser, müsste Regenwasser überall als nicht trinkbar eingestuft werden“, sagt Ian Cousins, Umweltwissenschaftler an der Universität Stockholm und einer der Hauptautoren der Studie."



    nationalgeographic.de als Quelle



    Für Indigene und Outdoor sowie die gesamte Natur eine Katastrophe, für Unwissende ggfs eine gefährliche Falle.

    • @Martin Rees:

      Kleine Ergänzung mit Überraschung



      Bei ndr.de



      "Stark unterschiedliche Anteile von PFAS



      In Kombination mit Daten zum Pro-Kopf-Toilettenpapierverbrauch in verschiedenen Länder berechneten die Forschenden, dass alleine Toilettenpapier mitunter für einen nicht unerheblichen Anteil an PFAS im Abwasser verantwortlich ist. In Frankreich ist Toilettenpapier für 89 Prozent des 6:2 diPAP (einer Unterart der PFAS) im Abwasser verantwortlich. In Schweden liegt dieser Anteil bei 35 Prozent und in den USA bei vier Prozent. Zahlen für Deutschland wurden nicht erhoben.



      Das Forscherteam resümiert angesichts dieser stark schwankenden Werte, dass Toilettenpapier an einigen Orten der Welt sogar als Hauptquelle für PFAS im Abwasser gelten können – an anderen Orten wiederrum spiele es eher eine untergeordnete Rolle."



      Man könnte sagen: So'n Scheiß!

      • @Martin Rees:

        Ist das PFAS im Toilettenpapier oder fällt das bei der Produktion an?