Ökoanleihen des Bundes: Wie man die Wähler täuscht
Künftig wird ein Teil der Staatsschulden in neue Ökopapiere umgewandelt. In den Umweltschutz wird aber kein einziger Extra-Cent fließen.
A uf den allerersten Blick wirkt die Idee grandios: Ab 2020 will der deutsche Staat „Umweltanleihen“ auflegen, um damit Geld einzusammeln, das dann gezielt in Ökomaßnahmen investiert werden soll. So hat es Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in einem Interview verkündet. Das Label „Öko“ macht sich derzeit immer gut.
Doch bei näherem Hinsehen fällt auf: In Wahrheit sind diese geplanten Ökoanleihen nur ein billiger Marketing-Gag der Regierung. Faktisch wird sich in der bundesdeutschen Umweltpolitik gar nichts bewegen.
Die Staatsausgaben werden bekanntlich vom Parlament beschlossen. Der Bundestag entscheidet, wie viel Geld in den Umweltschutz fließt. An diesen Einzeletats ändert sich überhaupt nichts, wenn der Finanzminister plötzlich eine Ökoanleihe auflegt.
Beispiel Klimaschutz: Die meisten Maßnahmen finanziert die Bundesregierung über den „Energie- und Klimafonds“. Für das Jahr 2019 sind dort matte 4,6 Milliarden Euro eingestellt. Diese lächerliche Summe soll auch in den nächsten Jahren kaum steigen, wie man in der mittelfristigen Finanzplanung nachlesen kann. Es wäre also ein immenser Irrtum zu glauben, dass Ökoanleihen plötzlich zu mehr Umweltschutz führten.
Genauso seltsam: Momentan nimmt der Bund überhaupt keine neuen Schulden auf. Stattdessen wird bekanntlich die „Schwarze Null“ angehimmelt. Ziel ist der ausgeglichene Haushalt, der sich komplett aus Steuermitteln finanziert. Wenn der Staat aber gar keine weiteren Darlehen aufnehmen will – was soll dann eine Ökoanleihe bewirken? Die Antwort ist bitter: Mit der Zukunft hat die Ökoanleihe gar nichts zu tun – sondern nur mit der Vergangenheit.
In früheren Jahrzehnten hat Deutschland Staatsschulden von etwa 1,9 Billionen Euro aufgehäuft. Diese Kredite werden regelmäßig umgeschichtet, weil alle Anleihen befristet sind und irgendwann auslaufen. Alte Papiere werden also durch neue ersetzt.
Hier kommen nun die geplanten Umweltanleihen ins Spiel. Künftig wird ein Teil der alten deutschen Staatsschulden in neue Ökopapiere umgewandelt. In den Umweltschutz wird aber kein einziger Extra-Cent fließen.
Immerhin: Für diesen Marketing-Gag will Scholz kein Geld ausgeben. Die Zinsen für die Ökopapiere sollen genauso niedrig sein wie für normale Staatsanleihen. Die CSU hingegen fordert, dass die unsinnigen Ökopapiere üppige 2 Prozent Zinsen bringen sollen – was vor allem Vermögende beglücken würde. Aber auch für Scholz gilt: Selten wurden die Wähler so getäuscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance