piwik no script img

Öko- versus konventionelle LebensmittelInflation bei Bio geringer

Der Preisabstand zwischen zahlreichen Öko- und herkömmlichen Lebensmitteln verringert sich. Ein Grund ist der Verzicht auf teure Kunstdünger.

Discounter erhöhten die Preise für konventionelle Eier um 18, für Bioeier um 12 Prozent Foto: Arno Burgi/dpa

Berlin taz | Viele Biolebensmittel haben sich in den vergangenen Monaten weniger stark verteuert als konventionelle. Das geht aus einer Übersicht hervor, die der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Mittwoch unter dem Titel „Bio wirkt als Inflationsbremse“ veröffentlicht hat. Ökolandwirtschaft ist laut einer Studie des bundeseigenen Thünen-Agrarforschungsinstituts positiv für Artenvielfalt, Wasser und Böden.

Dem BÖLW zufolge war der Preis für konventionelle Butter von September bis November 2022 im Discounter rund 58 Prozent und in anderen Supermärkten 59 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Für Biobutter dagegen berechneten Discounter 35 Prozent mehr und Supermärkte 29 Prozent. Mit 19 Prozent war der Preisanstieg im Ökofachhandel am geringsten.

„Im Discounter mussten im Herbst 2022 für konventionell erzeugte Möhren 60 Prozent mehr bezahlt werden als im Vorjahreszeitraum, im Supermarkt stieg der Möhrenpreis um 20 Prozent“, so der BÖLW. „Durchweg geringer fielen die Zuschläge für Biomöhren aus. Sie lagen im Discounter bei 45 Prozent und im Supermarkt bei 12 Prozent. Der Biofachhandel hielt den Preis für Biomöhren mit 2 Prozent nahezu stabil.“

Die Preise für konventionelle Eier stiegen den Angaben zufolge im Discounter um 18 Prozent, in Supermärkten um 10 Prozent. Bei Bioeiern dagegen betrug der Zuschlag im Discounter 12, im Fachhandel 5 und in Supermärkten 4 Prozent.

Ausnahme: Frischmilch

Biofrischmilch dagegen verteuerte sich im Discounter fast genauso stark wie konventionelle: um rund 36 Prozent. Im übrigen Lebensmitteleinzelhandel legte das Ökoprodukt sogar etwas stärker zu als die konventionelle Milch. Am geringsten fielen auch hier die Preisaufschläge im Biofachhandel aus.

Seit Mai 2022 ist die Inflationsrate bei Lebensmitteln zweistellig. Das liegt besonders daran, dass Energie vor allem seit Russlands Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 teurer geworden ist. Energie braucht man, um Lebensmittel zu erzeugen und zu transportieren.

„Dabei zeigt sich, dass Bio besser gewappnet ist: durch kurze, regionaler ausgerichtete Wertschöpfungsketten und eine ressourcenschützende Kreislaufwirtschaft, die keinen teuren, synthetisch erzeugten Stickstoffdünger oder Pestizide benötigt“, erklärte der BÖLW. „Auch die hohe Verbindlichkeit im Biomarkt durch längerfristige Verträge wirkt inflationsdämpfend. Ebenso die höhere Vielfalt der Handelsstruktur.“

Trotzdem bleibt Bio meistens teurer. Während etwa konventionelle Butter derzeit zum Beispiel rund 8 Euro pro Kilogramm kostet, schlägt die Biovariante immer noch mit knapp 12 Euro zu Buche.

Schlechtere Entwicklung erwartet

Die Branche macht sich auf eine schlechtere Geschäftsentwicklung als während des Booms in der Coronazeit gefasst. „Jetzt erleben wir eine erwartbare Korrektur“, so der BÖLW. Denn nun sind etwa Restaurants wieder geöffnet, ein Bereich, in dem weniger Bio gegessen wird als zu Hause. Der Bauernverband hatte im Dezember mitgeteilt, bis Ende Oktober sei der Ökoumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 4,1 Prozent gesunken. Diese Zahlen wollte der BÖLW am Mittwoch aber nicht bestätigen. Sie würden wahrscheinlich den Fachhandel nur ungenügend abbilden, verlässlichere Zahlen sollten bei der Messe Biofach im Februar veröffentlicht werden.

Der BÖLW kritisierte, Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) engagiere sich zu wenig für „die ökologische Transformation“ der Landwirtschaft. „Dazu muss die Mehrwertsteuer für Bioprodukte gestrichen werden“, sagte die BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres. Der Bioanteil am Agrarforschungsbudget müsse noch stärker ­steigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • her mit mehr bio in der landwirtschaft, weg mit der mehrwertsteuer auf bioprodkte - alles gut + schön.



    +or allem: die "diversivität" in den biodiscountern ist eher kontra umwet+klimaschutz. was es da an fertigprodukten gibt - gruselig. weg damit. brauchen wir nicht. ist für die hochfaule, reiche klientel.



    lieber mehr bio-massenproduktion + kochunterriht für jungs + mädels als pflichtfach an allen schulformen.



    bio in kita-+schulkantinen, werkskantnen, mindestens 1.bio-veggy day ....

  • Diesen Effekt konnte man schon im Frühjahr 2022 sehen.

    Damals waren Bio-Gewürze (zumindest zeitweise) billiger als konventionelle Gewürze.

    War damals ziemlich überrascht aber nicht unbedingt erstaunt.

  • Neben 'Bio' muss auch die Bedeutung 'regional' mehr berücksichtigt werden, Erzeuger und Verbraucher müssen wieder mehr zusammenrücken und der Einfluß der Supermarkt-Ketten, die sowohl Hersteller wie Kunden 'im Griff' haben, muß reduziert werden. Insbesondere, wenn die Erzeugnisse Tausende von Kilometern (auf überlasteten Straßen) durch die Wallachei transportiert werden, was letztlich ja auch die Produkte verteuert. Auch im Lebensmittelbereich wirkt die Abhängigkeit von den Ketten nicht zuletzt dadurch, dass in den Lieferketten Preisabsprachen stattfinden, auf die der Verbraucher kaum noch Einfluß hat. Regionale Erzeuger- Verbrauchergemeinschaften und ein Einkauf nach Jahreszeiten können hier Abhilfe schaffen.

  • Vielleicht hat die geringere Preissteigerung bei Biolebensmitteln einfach damit zu tun, dass höhere Preissteigerungen schlicht nicht durchsetzbar wären. Da Bio in der Regel deutlich teurer ist, führen weitere Preissteigerungen zu Substitutionseffekten - man kauft dann halt die konventionelle Butter.

  • Auch so kann man sich selber in die eigene Tasche lügen, BIO ist der große Verlierer des Jahres 2022 !! Schon zuvor ein Nischenprodukt, Marktanteil Lebensmittel 6,8 % 2021, verliert BIO an Anteilen während Konventionelle Produkte im Preis und Nachfrage steigen. Dies jetzt als Inflationsbremse zu verkaufen ist sehr Abenteuerlich.



    BIO Landwirte bekommen schon heute rund 100 % mehr Subventionen als Konventionelle Betriebe, trotzdem soll jetzt die MWST gesenkt werden ?? Was aber unbestritten ist, dass BIO jetzt die Macht des Lebensmitteleinzelhandels zu spüren bekommt. Hauseigene Marken und Lockaktionen zerstören Bio Geschäfte und BIO - Ketten. Der Handel spielt die beiden Erzeugungsrichtungen gegeneinander aus, Hauptsache sein Umsatz passt.

  • Man soll bitte nicht so tun, als hätten höhere Ausgaben irgendwas zu tun mit höheren Preisen.



    Bio steigt nicht so hoch, weil Biobauern ein Gewissen haben und als Betrofffene nicht genauso dumm handeln wollen wie die Monopolisten! Ausserdem sind sie es gewohnt, für lau zu arbeiten und "Geld" nicht an die erste Stelle setzen. Also: Hier wurde Wirkung und Ursache in einen falschen Zuaammenhang gebracht, weils sichs grad "so gut anhört". PS: Die Landmaschinen kosten auch für Biobauern mehr!

    • @Ungehorsam Bleiben:

      Naja, ob man als Bio-Bauer grundsätzlich ein Gewissen hat scheint mir eher wunschvorstellung zu sein. Oder wie komm onst sowas hier zu Stande?



      ...„Kranke und verletzte Tiere gibt es auf kleinen Biohöfen genauso wie in großen Tierfabriken“, erklärte Foodwatch-Expterin Annemarie Botzki.



      taz.de/Ob-Biohaltu...ntionell/!5906402/

      • @mike müller:

        Weil Verletzungen bei Tieren immer passieren? Oder sollen die Hühner nu Sturzhelm und Gummiweste tragen? Man KANN auch durch beste Haltungsformen Verletzungen nicht verhindern. Tiere kann man nicht wie derzeit Kindergartenkinder vor ALLEM schützen- schon alleine aus bioethischen Gesichtspunkten. weil "overprotection" naturwidrig ist. Leider redet Foodwatch hier der Massentierhaltung das Wort, weil "bio ja eh nix bringt" oder??? ABER in einem stimme ich zu: Die Biomillionäre mit 20 000 Hektar irgendwo in der EX- DDR habe ich nicht immer aufm Schirm.

  • Unter Umständen wurde aber auch einfach auf Ertragsmarge verzichtet, weil Handel und Produzenten sich schon bewusst sind, dass bei noch höheren Preisen der Absatz noch weiter zurückgegangen wäre.

    • @unbedeutend:

      Die "Ertragsmarge" differiert im Kapitalismus tradionell zwischen "erzeuger" und "Massenhandel"

  • Bio war halt vorher schon überteuert weil der Distinktionsgewinn eingepreist war. Allerdings sparen die Deutschen gerade massiv beim Essen. Das Sterben in der Gastro und dem Lebensmittelhandel wird in 2023 interessant werden. Auf unserem Wochenmarkt gibt es schon nur noch 3 Stände. Es lohnt sich einfach nicht mehr. Das wird in strukturstärkeren Regionen wahrscheinlich noch dauern aber die Zeichen stehen klar auf Sturm.

    • @Šarru-kīnu:

      Im gegensatz zu Apple- deren neueste Geräte kann man NUR in Luxustempeln in Innenstädten kaufen. also echt----- Bei Bio "Distinksionsgewinn anmerken finde ich gesellschaftsschädlich, weil es die entschuldet, die IMMER und GANZ besonders darauf setzen