OECD-Empfehlung für Deutschland: Besser „flexible Haushaltsregeln“
Gürtel enger schnallen? Stattdessen muss Deutschland in eine klimaneutrale Wirtschaft investieren, meint der Industrieländer-Club.
Der Club der Industrieländer übergab Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) zwei Berichte über seine Sicht auf Deutschland: einen Wirtschaftsbericht und einen Umweltprüfbericht.
Ein wichtiger Punkt auf dem Weg zur Klimaneutralität ist für die Marktwirtschaftsfans von der OECD: kein Spardiktat! „Der haushaltspolitische Rahmen muss angepasst werden“, schreibt die Organisation. Sie kritisiert die Sondervermögen des Bundes. Das sind Geldtöpfe, die die Bundesregierung neben ihrem eigentlichen Haushalt aufgemacht hat. Da gibt es etwa das Sondervermögen Bundeswehr, den Klima- und Transformationsfonds, den Klärschlamm-Entschädigungsfonds.
Die Ausgaben und teils auch aufgenommenen Schulden tauchen nicht im Bundeshaushalt auf, für den in der Regel die Schuldenbremse gilt. Das war zwar während der Coronapandemie zeitweise ausgesetzt, für das laufende Jahr will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die engen Grenzen zur Aufnahme staatlicher Kredite allerdings wieder einhalten. In den kommenden Wochen will die Bundesregierung zudem den Haushalt für das kommende Jahr beschließen.
Angemessene Investitionen ermöglichen
„Um dem Investitionsstau zu begegnen, wurden mehrere Sondervermögen aufgelegt“, heißt es nun im Wirtschaftsbericht. „Die über sie getätigten Ausgaben gehen jedoch nicht in den Kernhaushalt ein und verringern so die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Schuldenbremse.“ Daraus ergibt sich für die OECD-Expert:innen: „Die Extrahaushalte nach und nach in den Kernhaushalt überführen, gleichzeitig aber die Schuldenbremse flexibler gestalten, um angemessene Investitionen zu ermöglichen.“
Zudem empfiehlt die Organisation, die Staatskasse besser zu füllen, indem klimaschädliche Subventionen abgebaut werden. Außerdem hält sie die Erhöhung mancher Steuern für angebracht, etwa der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Für FDP-Finanzminister Christian Lindner steht das bislang ebenso wenig zur Debatte wie eine Aufweichung der Schuldenbremse. Stattdessen will er Ausgaben drosseln.
Während auch die OECD empfiehlt, alle Ausgaben genau auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, spricht sie sich nicht grundsätzlich zum Sparen aus. „Die Bewältigung des bestehenden Infrastrukturstaus und der Investitionsbedarf für die ökologische und digitale Transformation werden erhebliche öffentliche Mittel erfordern“, heißt es.
Damit Deutschland das selbst gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreicht, müsse das Tempo der Emissionsminderung verdreifacht werden, meint die OECD. Das entspricht Berechnungen des Umweltbundesamts. „Der Energiemix des Landes beruht nach wie vor überwiegend auf fossilen Energieträgern“, moniert die Organisation.
Sie lobt indes, dass Deutschland schnell auf die Energiekrise des vergangenen Jahres reagiert habe und dass Umweltministerin Steffi Lemke ein Gesetz zur Klimaanpassung erarbeitet sowie ein Aktionsprogramm für naturbasierte Klimaschutzlösungen auf den Weg gebracht hat.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!