Nur wenige Prostituierte sozialversichert: Gesetze ohne Wirkung
Gesetze zum Schutz von Prostituierten vor Gewalt und Ausbeutung zeigen kaum Wirkung. Beratungsstellen kritisieren Stigmatisierung von Sexarbeit.
Bereits im Jahr 2002 verabschiedete die Bundesregierung das sogenannte Prostitutionsgesetz, das Sexarbeiter*innen die Möglichkeit verschaffen sollte, reguläre Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen abzuschließen. Die jetzt veröffentlichten Zahlen offenbaren, wie weit die gesetzlichen Regelungen an der Lebensrealität der Prostituierten vorbeigehen.
„Die Bundesregierung ist schlicht nicht in der Lage, die Entwicklung des Prostitutionsgewerbes einzuschätzen, geschweige denn einen tatsächlichen oder rechtlichen Handlungsbedarf zu bestimmen“, kritisiert die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Gyde Jensen von der FDP. Auch die Länder hätten extremen Nachholbedarf bei der Durchsetzung der Gesetze.
Ulla Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen sagte der taz: „Das Prostitutionsgesetz (ProstG) von Rot-Grün hatte vor allem das Ziel, Prostitution aus der Illegalität – mit all ihren unangenehmen Begleitumständen – herauszuholen.“ Das dies nicht gelungen sei, liege unter anderem an der Stigmatisierung von Prostitution, sodass sich vermutlich viele „unter ähnlichen Berufsbezeichnungen sozialversichert haben“.
Auch ProstSchuG bisher erfolglos
Laut Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linkspartei sind neben der Angst vor Zwangsoutings auch finanzielle Gründe dafür verantwortlich, dass nicht jede*r Prostituierte versichert ist: Die Beiträge der Sozialversicherungen orientieren sich demnach zumeist „nicht am tatsächlichen Einkommen“ der Sexarbeiter*innen und seien „für viele schlicht unerschwinglich“. Es müssten daher dringend „bezahlbare Wege in die Zweige der Sozialversicherungssysteme geschaffen werden“.
Auch das im Juli 2017 in Kraft getretene Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchuG) zeigt bisher kaum Erfolge. Eigentlich müssen sich seitdem alle Prostituierten offiziell bei ihren Kommunen melden und regelmäßig ärztlich beraten lassen. Innerhalb des ersten Halbjahres nach Inkrafttreten registrierten sich laut Bundesregierung jedoch ausschließlich 6.959 Frauen, die Zahlen stiegen seitdem nur gering. Das Gesetzt sollte die Sexarbeiter*innen vor Zwangsprostitution, ungeschütztem oder gewalttätigem Sex schützen.
Laut Bundesregierung biete das Prostituiertenschutzgesetz den Betreffenden „eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit milieufernen Dritten“ und sei für die Sexarbeiter*innen die Möglichkeit, „von der Existenz unterstützender Angebote zu erfahren.“ Kritik an dem Gesetzt gibt es dennoch vielfach vor allem von Interessenverbänden und Beratungsstellen für Prostituierte.
Viele der Sexarbeiter*innen würden durch die Gesetze auch weiterhin nicht erreicht, hieß es von der Beratungsstelle Hydra auf Anfrage der taz. „Sie arbeiten illegal und suchen sich im Falle von gewalttätigen Übergriffen seltener Hilfe durch die Polizei.“ Um dem etwas entgegenzusetzen, müssten die Gesetz dringend überarbeitet werden, so auch Cornelia Möhring: „Prostituierte oder Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter brauchen so starke Rechte, dass ein Zwang unmöglich wird.“
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