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Norderstedter EnergiewendeWärme aus dem Rechenzentrum

Abwärme kann die Energiewende voranbringen. Könnte Norderstedt Vorrreiter für die smarte Energienutzung in ganz Deutschland sein?

Jede Anfrage bei einer Suchmaschine kostet Strom: Kabel in einem Serverraum Foto: Yuir Arcurs/Zoonar/imago

Norderstedt taz | Energiefresser Internet: Jede Anfrage bei einer Suchmaschine kostet Strom, jedes gepostete Foto, jede gestreamte Serienepisode. Das Hauptproblem sind nicht die Endgeräte, sondern die Serverparks: Sie müssen ständig gekühlt werden, und die Abwärme wird meist einfach in die Umwelt geblasen. In Norderstedt soll damit bald Schluss sein: Die 83.000-Einwohner*innen-Stadt im Hamburger Speckgürtel will künftig Server-Hitze ins städtische Fernwärmenetz einspeisen und zählt damit zu den bundesweiten Vorreitern. Für das Projekt gab es eine Goldmedaille bei der kommunalen „EnergieOlympiade“.

Es klingt einfach: Der Serverpark der Stadtwerke soll durch kaltes Wasser gekühlt werden, das dann, erwärmt, ins Fernwärmenetz geleitet wird. Wie energiesparend das sein kann, zeigt der „Green IT Cube“ des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt, das einen Forschungs-Teilchenbeschleuniger betreibt: Dort habe die Umstellung von Luft auf Wasser den Energieaufwand für die Kühlung auf unter 7 Prozent der insgesamt benötigten Leistung gesenkt, heißt es.

Ein Fünftel für die Kühlung

Bei herkömmlichen Rechenzentren mit Luftkühlung sind es bis zu 100 Prozent. Im Schnitt entfallen rund 22 Prozent des Stromverbrauchs von Rechenzentren auf die Kühlung, hat der Branchenverband Bitkom ermittelt. Das ist nach dem Server-Betrieb selbst der größte Posten.

Laut einer Bitkom-Umfrage gibt es in Deutschland rund 50.000 größere und kleineren Rechenzentren, deren Kühlung pro Jahr rund 16 Milliarden Kilowattstunden Strom schluckt, ergab eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags: in etwa der Verbrauch der Stadt Berlin. Erwartet wird, dass sich diese Zahlen in den nächsten Jahren noch deutlich steigern.

Ein riesiges Potenzial also. Doch die Abwärme zu nutzen, ist nicht so einfach. Frankfurt am Main, neben London der wichtigste Datenknotenpunkt in Europa, weist die größte inländische Rechnerdichte auf. Dort wird etwa das ehemalige Gebäude der Europäischen Zentralbank durch das darin untergebrachte Rechenzentrum geheizt. Auch das entstehende Neubaugebiet „Westville“ mit 1.300 Wohnungen soll ab 2025 mit Rechner-Wärme versorgt werden; weitere Projekte sind in Planung.

Manche Netze sind zu alt

Aber die Umstellung kostet Zeit und Geld. So verwenden einige Fernwärmenetze noch Dampf – Leitungen für Wasser müssten neu verlegt werden. Zudem scheuen sich die Be­trei­be­r*in­nen mancher Server-Parks, Wasser derart dicht an ihren empfindlichen Elektrogeräten entlangzuführen.

Norderstedt kommt zugute, dass die Stadt nur etwas über 50 Jahre alt ist: 1970 legte die Landesregierung mehrere landwirtschaftlich geprägte Gemeinden zusammen. Der Ort ist bis heute sehr auf das Auto ausgerichtet – das Zentrum ist von einer mehrspurigen Straße geprägt –, hat sich aber eine moderne Infrastruktur gegeben. „Norderstedt verfügt mit einem ausgebauten Fernwärmenetz inklusive 14 Blockheizkraftwerken sowie dem Gasnetz über optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wärmewende“, sagt Nico Schellmann, Werkleiter Energie bei den Stadtwerken, zum Start der Kommunalen Wärmeplanung.

So eine zu haben, ist Pflicht für alle Gemeinden im Land: Die schwarz-grüne Regierung will Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland entwickeln. Das Norderstedter Projekt, das bereits in diesem Winter starten soll, kann einen Beitrag dazu leisten.

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8 Kommentare

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  • Vielleicht kann das einer der Foristen erklären, was es mit der Energieersparnis auf sich hat. Aus den Zahlen aus dem Artikel wird man nicht schlau. Da werden wohl relative mit absoluten Zahlen verglichen.



    Per se ist es ja egal, ob ich Wasserkühlung oder Luftkühlung habe, die abgeführte Wärme ist ja gleich. Also die Leistung, den ich für Pumpen oder Lüfter benötige, sollte doch ähnlich sein.



    Entscheidend wäre doch, ob der Strom aus EE stammt, egal, wie ich kühle. Ein Bonus ist dann natürlich die Verwendung der Abwärme zu Heizzwecken. Bei der Luftkühlung geht dass aber über einen Wärmetauscher theoretisch ja auch oder ich gewinne Strom aus der Wärme.



    An welcher Stelle ist der Effizienzgewinn?

  • @TORBEN2018

    "Im Sommer benötigt man weiterhin Klimaanlagen für die Kühlung."

    Pervers allerdings, dass die Abwärme besagter Klimaanlagen herausgepustet wird wärend für die Bereitstellung von Warmwasser wieder Öl, Gas oder Strom "direkt" (Waschmaschine!) verheizt wird.

    Und... wenn Sie nicht in Texas leben: vielleicht besser gar keine Klimaanlage, wenn möglich?

  • Moin



    Die Rechenzentren produzieren zwar viel Wärme, doch nur halb so viel wie ein Fernwärme System benötigt. Also muss man immer noch auf die gewünschte temporären nachheizte.

    Die Tech-Konzerne arbeiten schon daran, ihre Rechenzentren unter Wasser zu bauen.

    Können wir bitte damit aufhören, jegliches Green Washing als vermeidliche Lösung zu sehen…

    Weniger ist wie so oft mehr

    Gruß



    Roberto

  • Klappt auch im Kleinen: Rechner mit Wasserkuehlung, ausserhalb des Rechners die Luefter ausrichten:



    Je "hektischer" der Shooter, desto waermer die Fuesse ;D

  • Eigentlich gar nicht so neu. Unsere lokale Musikhochschule speist die Abwärme des Rechenzentrums in das Heizungsnetz. Gestern sprach ich mit dem Admin eines Clusters bei einem Forschungsinstitut: ditto.

    Ich denke, ein Niedertemperatur-Fernwärmenetz, das an solchen Punkten Abwärme "abholt" und die Wärmepumpen füttert hat viel Potenzial.

    • @tomás zerolo:

      Vor allem ist es das richtige Denken, nämlich: "wie kann man schädliche Abfälle ressourcen- und umweltschonend weiterverwenden?"

      Denn eine Klimakatastrophe ist nicht mehr durch Ausweitung des Ressourcenverbrauchs und -umsatzes verhinderbar, sondern nur noch durch eine radikale Erhöhung der Effizienz unseres Wirtschaftens (die im Kapitalismus unmöglich ist). Aber auch eine "Kreislaufwirtschaft um der Kreislaufwirtschaft willen" ist schädlich; es braucht also mehr experimentelle Ansätze wie diesen, um nicht am Ende denselben Raubbau nur grün angemalt ("Ökokapitalismus") zu haben:

      Die Klimakrise ist in ihrem theoretischen Ursprung eine thermodynamische Krise, aber in ihrer konkreten Ausprägung eine Krise eines anti-nachhaltigen Wirtschaftssystems. Und jede Gegenmaßnahme muss beide Punkte beachten, um erfolgreich zu sein - die ultimate Ursache so wie die proximate Manifestation.

  • Die Aussage:



    "Das Hauptproblem sind nicht die Endgeräte, sondern die Serverparks" ist so pauschal nicht richtig. Ein Problem sind 4K Fernseher, die immer größer werden, und damit auch immer mehr Energie verbrauchen. Da benötigt das Endgerät dann über 150 W, da fällt die Energieanteil des Servers für diesen Stream (und den Router, die Netzübertragung etc) nicht ins Gewicht.

    Bei KI Nutzung via Smartphone ist der Serveranteil natürlich um ein vielfaches höher.

    Grundsätzlich hilft Fernwärme nur in der Winterzeit, wenn richtig viel Wärme für die Gebäudeheizung abgenommen wird. Im Sommer benötigt man weiterhin Klimaanlagen für die Kühlung.

  • "Zudem scheuen sich die Be­trei­be­r*in­nen mancher Server-Parks, Wasser derart dicht an ihren empfindlichen Elektrogeräten entlangzuführen."Dann sollen sie halt Wärmetauscher (Wärmepumpe getraut man sich schon gar nicht mehr zu ssagen) einbauen.



    Es ist doch das uralte Lied: Wohin mit der Abwärme von Kraftwerken, Gießereien, Stahlwerken usw. usw. Nur nicht dem Bürger andienen, lieber gleichzeitg für die Öl- bzw. Gasheizung werben. Da lassen doch auch noch ein paar Märker verdienen, ist alles in einer Hand.



    Schönen Gruß an Herrn Gabriel, seinerzeit Wirtschaftsminister, als oberster Verhinderer für die dezentrale Energieversorgung.