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Nord Stream 2Fertig, aber noch nicht erlaubt

Die Gas-Pipeline Nord Stream 2 ist zwar verlegt, aber bisher fehlt Gazprom die Zertifizierung. Gibt es noch einen Weg, um die Pipeline zu stoppen?

Alles bereit: Startpunkt von Nord-Stream 2 in Russland Foto: Peter Kovalev/TASS/imago

Berlin taz | Die Rohre liegen seit vergangener Woche zwar alle fertig auf dem Boden der Ostsee. Doch es fehlen noch einige juristische Schritte, bis Gas durch Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland strömen kann. Die Geg­ne­r:in­nen des Projekts geben deshalb nicht auf. „Bei der Erteilung der Genehmigungen kann nur von einem schnellen Durchwinken gewarnt werden“, sagt etwa Oliver Krischer, Frak­tionsvize der Grünen im Bundestag. „Das muss mehr als korrekt erfolgen und dafür braucht man auch Zeit, damit die Entscheidungen nicht anschließend von Gerichten oder der EU-Kommission kassiert werden.“

Geopolitisch und aus Klimaschutzgründen ist das fast 10 Milliarden Euro teure Projekt hochumstritten. Die russische und die deutsche Regierung haben die Pipeline dennoch gegen die EU, USA, Polen und die Ukraine durchgedrückt. Der russische Staatskonzern Gazprom hat angekündigt, noch in diesem Jahr Erdgas durch die neue Röhre gen Westen schicken.

Krischer befürchtet, „dass die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium zeitnah Genehmigungen erteilen wollen, damit eine neue Bundesregierung keinen Einfluss mehr nehmen kann“. Dann lasse sich die Pipeline nicht mehr verhindern – „oder nur noch mit großen Schadensersatzforderungen“, so Krischer. Die Grünen versuchen deshalb, die Inbetriebnahme des Projekts hinauszuschieben, bis sie nach der Bundestagswahl am 26. September möglicherweise selbst in der Regierung sitzen.

In der aktuellen Auseinandersetzung geht es unter anderem um den Antrag, den die Nord Stream 2 AG bei der Bundesnetzagentur eingereicht hat. Die von Gazprom gesteuerte Gesellschaft will sich als „unabhängiger Transportnetzbetreiber“ zertifizieren lassen. Das kann man als Versuch interpretieren, die EU-Gasrichtlinie zu umgehen. Laut der Richtlinie dürfen der Betrieb der Röhren und der Verkauf des Gases nicht in einer Hand liegen. Bei Gazprom ist das faktisch jedoch der Fall. Eine erfolgreiche Zertifizierung als „unabhängiger Netzbetreiber“ könnte einen juristischen Ausweg darstellen.

Vielleicht nutzt auch Rosneft Nord Stream 2

Um Betrieb und Lieferung zu trennen, versucht die russische Regierung eventuell einen zusätzlichen Schachzug. Neben Gazprom wolle vielleicht auch das Energieunternehmen Rosneft Gas durch die Röhre nach Deutschland schicken, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax.

Im Zertifizierungsverfahren müssen die Netzagentur und das ihr vorgesetzte Bundeswirtschaftsministerium auch prüfen, ob die Pipeline die Energiesicherheit von Vertragspartnern der EU wie der Ukraine gefährdet. Der Staat erhält möglicherweise weniger Gas und auch weniger Geld als Durchleitungsgebühr von Russland, wenn die Energie direkt nach Deutschland fließt.

Als gewissen Ausgleich sagte die Bundesregierung der Ukrai­ne in Absprache mit den USA finanzielle Hilfen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu. „Die Bundesnetzagentur muss nun die Frage beantworten, ob diese eher längerfristige Transformation die kurzfristige Energiesicherheit der Ukraine wirklich gewährleistet“, sagte Cornelia Ziehm, die als Rechtsanwältin in Kooperation mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Baugenehmigung für die Pipeline beklagt. Dieser Punkt bietet grundsätzlich einen Hebel, um die Zulassung im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens zu versagen.

Die Bundesnetzagentur kann sich jetzt, wenn sie will, vier Monate Zeit lassen, um den Entwurf ihrer Entscheidung zu erarbeiten. „Der Beschlussentwurf ist anschließend der Europäischen Kommission zur Stellungnahme vorzulegen“, schreibt die Agentur. Sie müsse „der Stellungnahme der EU-Kommission so weit wie möglich Rechnung tragen“. Bis zur endgültigen Entscheidung im Zertifizierungsverfahren könne es Mai 2022 werden, vermutet der Schweizer Informationsdienst Energate. Die Ex­per­t:in­nen spekulieren allerdings, ob Gazprom die Leitung nicht vorher in Betrieb nimmt, um Fakten zu schaffen – und die dann fällige Geldbuße einfach zahlt.

Schädliche Emissionen nicht berücksichtigt

Von diesem Verfahren abgesehen, betreibt die DUH zwei Klagen. Einerseits greift die Umwelthilfe die Bau- und Betriebsgenehmigung des Bergamtes Stralsund für Nord Stream 2 an, weil klimaschädliche Methanemissionen bei der Förderung des Erdgases in Russland nicht berücksichtigt worden seien. „Die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald ist für den 16. November angesetzt“, teilte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner mit.

Ein ähnliches Verfahren läuft beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie. Hier will die DUH noch in dieser Woche Widerspruch gegen die Ablehnung ihres Antrages gegen Nod Stream 2 einreichen.

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7 Kommentare

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  • @ROLF B.

    Mein erster Punkt war "weniger Verbrauch" (auf diesem Auge scheinen Sie blind zu sein).

    Der passt nicht sooo gut zu Ihrem "E-SUV".

    Elektromobilität von mir aus, aber eben so viel wie nötig. In den Städten brauchen wir nicht jedes Töfftöff durch ein elektrisches Gegenstück zu ersetzen (was einfach so nebenbei die Lebensqualität in der Stadt verbessert).

    Auf dem Land müssen wir uns auch (längerfristig) mit einem Wandel der Mobilität beschäftigen.

    Wärmepumpen werden wir auch in Mietskasernen brauchen.

    Und so weiter.

    Ihr Gespenst mit der Oberschicht verdrängt schlicht, dass es die Armen sind, die der Klimawandel mit voller Wucht trifft (jetzt schon, aber bald noch mehr).

    Ihr Gespenst ist genau die Rhethorik dieser Oberschicht, die ihr Interesse für die Unterschicht immer nur für solche perfiden Verdrehungen findet (Lindner beim EEG interessiert sich plötzlich für die Stromrechnung der Friseurin. Nein, der lügt. Sie geht ihm sowas von am Allerwertesten vorbei).

  • PILATUS333

    - Weniger Verbrauch wird's richten



    - Der Wind wird's richten



    - Die Sonne wird's richten

    Ungefähr in dieser Reihenfolge. Gas als "Brückentechnologie" wäre in den 70ern vielleicht was gewesen, nicht heute.

    Bedenken Sie, dass Anlagen, die jetzt gebaut werden uns die nächsten 30 Jahren am Schuh kleben (die müssen sich -energetisch- auch amortisieren).

    Lassen Sie sich von den Lobbys nicht das Hirn waschen.

    • @tomás zerolo:

      Ich werd einfach meinen Mietern die Heizung drastisch nach unten regeln, wenn sie zu viel heizen. Ich bin nicht gewollt, den Teil am CO2-Preis dafür zu zahlen, wenn die neue Regierung den halben Preis dem Vermieter aufdrücken möchte.



      Jedem sei es selbst überlassen, wo er wohnen möchte!

    • @tomás zerolo:

      Meinen Sie die Frackinggas Lobby?



      Alle SERIÖSEN Analysen zeigen doch deutlich die Hirngedpinste auf, ohne Gas mittelfristig den Energiebedarf decken zu können. Die Träume der Oberschicht, mit Solar auf dem Dach, Wärmepumpe und E- SUV die Zukunft zu gestalten, sind schlicht Klassenkampf von oben.

  • Ich wäre jetzt gerne Mäuschen im BMWi. Bitte, bitte, ein Leak!

    Für die Umwelt sicher besser als ein Methanleak.

    • @tomás zerolo:

      Aber für die Deutschen wäre es ein Segen. Zumal wir eh schon die höchsten Umlagen weltweit zahlen. Günstiges Gas ist wesentlich besser als Kohle!

      Oder meinen Sie die Sonne wird’s richten?

  • Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Argumente der Gegner dünn sind und mehr durch transatlantischen Lobbyismus geprägt sind.