Nora Illi im Niqab bei Anne Will: Freiheit und Verschleierung
Der Niqab, den Nora Illi bei Anne Will trug, ist nicht das Problem. Die islamistische Ideologie sollte einfach keine solche Plattform bekommen.
Medien und soziale Netzwerke haben ein neues Aufregerthema: Eine Vollverschleierte in einer Talkshow im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Zudem ist die Person auch noch Frauenbeauftragte im „Islamischen Zentralrat der Schweiz“, einem salafistischen Verein.
Nora Illi sollte am Sonntag in der Sendung von Anne Will zur Frage „Mein Leben für Allah – Warum radikalisieren sich immer mehr junge Menschen?“ diskutieren, davor lief ein „Tatort“ zum Thema.
Ebenfalls in der Runde saßen der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der Islamismusexperte Ahmad Mansour, der Imam einer unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehenden Moschee, Mohamed Taha Sabri, und Sascha Mané, der seine Tochter an den IS verloren hat.
Expunkerin Illi konvertierte mit 18 Jahren zum Islam und sorgte für empörte Kommentare im Netz. Und das vor allem wegen ihrer Verschleierung, weniger wegen ihrer IS-freundlichen Aussagen.
Verharmlosung des IS
„Vollverschleierte Frauenbeauftragte. Welch Ironie“, twitterte etwa @AlexFRAOfficial. „Niqab-Trägerin bei #annewill hat theologisch Verständnis für Teenager, die in heiligen Krieg ziehen. Langsam wird es skandalös“, bezog sich etwa der Bild-Journalist Ralf Schuler auch auf Illis Äußerungen.
Anne Will spielt im Laufe der Sendung einen Text von Illi ein, der wie eine Ermutigung zum Aufbruch nach Syrien klingt: Die Konvertitin verstehe es, wenn junge Menschen, die hier islamophoben Anfeindungen ausgesetzt seien, Syrien als „gelobtes Land“ und den Kampf gegen Assad als Ausweg empfänden. Eine solche Überzeugung müsse als Zivilcourage gelobt werden. Vor Ort entpuppe sich die Sache dann jedoch „als bitterharte Langzeitprüfung mit Hochs und Tiefs“.
Alle sind sich einig, dass diese Aussage verharmlost. Wolfgang Bosbach kritisiert, dass ein solches Zitat im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zugelassen wird: „Bittere Langzeitprüfung, das hört sich ja an wie Ironman.“ Illi sagt bewusst Dinge wie: „Im Islam hat die Frau ganz viele Rechte und Möglichkeiten, sich auszuleben.“
Das Problem ist nicht die Verschleierung, sondern die Ideologie. Und die sollte im Fernsehen nicht so eine ungefilterte Plattform bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?