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Nobelpreis für Literatur 2022Annie Ernaux ausgezeichnet

Der Literaturnobelpreis 2022 geht an die Französin Annie Ernaux. In ihrem autobiografisch geprägten Werk seziert sie die Erfahrungen von Frauen in Frankreich.

Annie Ernaux, Gewinnerin des Nobelpreises für Literatur 2022 Foto: Cati Cladera/imago

Stockholm dpa/afp/rtr/taz | Die französische Schriftstellerin Annie Ernaux wird in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Das gab die für die renommierte Auszeichnung zuständige Schwedische Akademie am Donnerstag in der Altstadt von Stockholm bekannt. Sie bekomme den Preis „für den Mut und die klinische Schärfe, mit der sie die Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Beschränkungen der persönlichen Erinnerung aufdeckt“, sagte der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm, bei der Preisbekanntgabe. Man habe sie telefonisch noch nicht erreichen können, sagte Malm.

Die 82-Jährige gilt als eine der bedeutendsten französischen Schriftstellerinnen der Gegenwart, ihr Werk ist stark autobiografisch geprägt. Sie hat rund 20 literarische Werke verfasst und war schon seit vielen Jahren als Anwärterin auf den Nobelpreis gehandelt worden.

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Literaturnobelpreis 2022

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Die Bücher der für ihr autobiografisch geprägtes Werk bekannte Schriftstellerin wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, auf Deutsch erschienen unter anderem „Die Jahre“, „Erinnerungen eines Mädchens“ und “Der Platz“. Ihre Bücher schaffen es regelmäßig auf deutsche Bestsellerlisten.

Eines ihrer jüngsten auch in Deutschland erschienenen Werke trägt den Titel „Das Ereignis“. Das fast autobiografische Buch handelt von den fast schon grausamen Versuchen der Autorin abzutreiben, in einer Zeit, in der die Abtreibung noch als unmoralisch und kriminell betrachtet wurde. Verfilmt wurde die Geschichte von Audrey Diwan, die dafür im vergangenen Jahr den Goldenen Löwen des Filmfestivals von Venedig erhielt.

In ihrem Werk seziert Ernaux die Erfahrungen von Mädchen und Frauen in der französischen Gesellschaft seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die über zwanzig Bücher der Schriftstellerin lesen sich wie ein Selbsterkundungsprojekt. Wie sie selbst sagt, versucht sie ihre persönlichen Erinnerungen im kollektiven Gedächtnis zu finden, denn für sie ist ein „Ich“ nicht ohne die anderen und ohne Geschichte denkbar. Und so gehen ihre Geschichten über ihre persönlichen Erlebnisse hinaus; sie betten sich ein in kollektive Erfahrungen, die durch gesellschaftliche Zwänge und Ereignisse die „Ichwerdung“ beschränken.

Ernaux wurde 1940 in Lillebonne in der Normandie geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Ihr Vater verdiente den Lebensunterhalt als einfacher Arbeiter. Ihre Kindheit war geprägt vom frühen Tod ihrer älteren Schwester. Nach dem Studium der Neueren Literatur wurde sie Gymnasiallehrern.

Im Jahr 2018 hatte sie in einem Text für die französische Tageszeitung Liberation und die taz über ihre Erinnerungen an das Protestjahr 1968 geschrieben.

Ernaux galt als Mitfavoritin

Als mögliche Gewinner waren zuvor neben Ernaux wieder einmal die US-Romanautorin Joyce Carol Oates, die Kanadierin Margaret Atwood und der Japaner Haruki Murakami gehandelt worden. Auf der offiziellen Longlist für den Preis hatten in diesem Jahr 233 Kandidaten gestanden – welche Namen darunter waren, wird stets streng geheim gehalten.

Die Schwedische Akademie ist aber bekannt dafür, sich nicht von öffentlichen Spekulationen leiten zu lassen. Vor einem Jahr hatte sie den Literaturnobelpreis überraschend an den – bis dahin – relativ unbekannten tansanischen Schriftsteller Abdulrazak Gurnah vergeben. Er wurde „für sein kompromissloses und mitfühlendes Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Schicksals des Flüchtlings in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten“ geehrt. Erst nach der Preisverleihung war mit „Das verlorene Paradies“ wieder ein Roman von Gurnah auf Deutsch erschienen.

Im Jahr davor war der Preis an die US-Poetin Louise Glück gegangen – auch sie galt vorher nicht als eine der zahlreichen Favoritinnen und Favoriten.

In den vergangenen Tagen waren bereits die diesjährigen Nobelpreisträger in den Kategorien Medizin, Physik und Chemie bekanntgegeben worden. Nach dem literarischen Preis folgt am Freitag die Verkündung des Friedensnobelpreisträgers, die als einzige nicht in Stockholm, sondern in Oslo stattfindet. Die Bekanntgabe in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften rundet den alljährlichen Nobelpreis-Reigen dann am Montag ab.

Dotiert sind alle Nobelpreise in diesem Jahr erneut mit zehn Millionen schwedischen Kronen pro Kategorie. Umgerechnet entspricht das knapp 920.000 Euro. Verliehen werden die prestigeträchtigen Auszeichnungen traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896).

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4 Kommentare

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  • Chapeau - Zu recht.