Nobelpreis-Kandidat aus Vietnam: Opposition kritisiert Abschiebung
Bayern hat einen Regierungskritiker und dessen Frau nach Hanoi abgeschoben. Es schalten sich Flüchtlingsrat, Grüne und FDP ein.
Zwei Fraktionen im Bayerischen Landtag haben den Fall aufgegriffen. FDP-Fraktionschef Martin Hagen sagt der taz: „Bayern schiebt die Falschen ab. Wir werden dazu im Landtag eine Anfrage stellen, um die Hintergründe dieser Abschiebung zu ergründen.“
Die Grünen-Abgeordneten Cemal Bozoğlu und Verena Osgyan sprechen von einem „Totalversagen der bayerischen Asylpolitik“ und fordern eine Wiedereinreise des Ehepaars. „Einen Menschen, der bereits zwanzig Jahre seines Lebens aufgrund von Kritik an der eigenen Regierung im Gefängnis verbringen musste und den die vietnamesische Regierung weiterhin als ‚Volksfeind‘ bezeichnet, als nicht gefährdet einzustufen und ihn dann abzuschieben, ist absolut grausam und unmenschlich.“
Verena Osgyam hat die noch in Nürnberg lebende 19-jährige Tochter der abgeschobenen Familie zu einem Gespräch geladen, um zu beraten, wie sie ihr helfen kann, nicht selbst abgeschoben zu werden und um die Trennung von ihrer Familie zu bewältigen.
Bundespolitik schaltet sich ein
Die aus Bayern stammende grüne Bundestagsabgeordnete Margarete Bause fordert das Auswärtige Amt in Berlin auf, „sich über den Verbleib dieser massiv gefährdeten Personen zu informieren und sich für ihren Schutz starkzumachen“.
Nach Auskunft der Tochter wurden die Abgeschobenen bei der Ankunft in Hanoi 14 Stunden lang von der Polizei verhört und danach freigelassen. Derzeit werde seitens der Behörden auf Verwandte Druck gemacht, die abgeschobenen „Volksfeinde“ nicht länger in ihrem Haus zu beherbergen. Hoi An sagt der taz, ihr Vater, der in Deutschland einen Schlaganfall erlitten hatte, sei sehr krank. Im Falle der Obdachlosigkeit drohe ihm der Tod.
Auch Hong An selbst ist von Abschiebung bedroht. Sie ist nur noch in Deutschland, weil ihr vietnamesischer Reisepass abgelaufen ist. Die 19-Jährige studiert an der Hochschule für Musik in Nürnberg Klavier, sie gilt als musikalisches Ausnahmetalent. Hochschulpräsident Christoph Adt sagt der taz: „Die junge Frau ist bei uns eingeschriebene Studentin und es ist für unsere Hochschule absolut nicht hinnehmbar, dass sie während des Studiums abgeschoben wird. Ich habe mich darum zusammen mit dem evangelischen Regionalbischof für Nürnberg, Stefan Ark Nitsche, an das bayerische Innenministerium mit der dringenden Bitte gewandt, die Abschiebung zu verhindern.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten